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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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dass Scree die richtige Wahl war. Diese Stadt besitzt keine große Kultur, zumindest verglichen mit einigen anderen nicht. Man sagte mir, dass Ihr das Theater für den Rest des Jahres gemietet habt. Aber die wenigsten Leute bezahlen, um ein Theaterstück zu sehen. Und wenn es zum Krieg kommt, wird es noch härter für Euch.«
    »Eure Sorge wärmt mein Herz. Ich jedoch bewahre weiter die Hoffnung. Wir haben eine ganze Reihe von Stücken. Unsere Arbeit wird in den kommenden Wochen geprüft und verfeinert werden. Wenn der Sommer vorbei ist, werden wir bereit sein, den Rest des Landes mit unserer Kunst zu beglücken.«

    Rojaks Augen strahlten. Er starrte Mayel direkt an, der diesen Ausdruck mühsam kontrollierter Wildheit kannte. Er hatte sie in den Augen eines der Brüder im Kloster gesehen, der hinter den jüngsten Novizen her war. Aber dies hier erschien ihm noch schlimmer. Dieser Barde war kein geifernder Feigling und es gierte ihn nach dem ganzen Land. Seine Freude würde aus dem Leid ganzer Nationen erwachsen. Beim Anblick vergehender Zivilisationen und eingeschüchterter Völker würde dieses sanfte Lächeln immer breiter werden. Mayel versuchte nicht zu erschaudern.
    »Es ist eine seltsame Zeit, um überhaupt ein Stück aufzuführen«, sagte Shandek. »Es sind dunkle Zeiten, wenn man dem glaubt, was ich auf der Straße höre.«
    »Dann braucht man umso dringender eine Ablenkung von den Sorgen des Lebens.«
    »Das werden sich wohl kaum viele leisten können. Wenn wir wirklich Krieg gegen die Farlan führen, werden die Leute jeden Penny für ihr Essen brauchen und die Hälfte davon wird man ihnen vermutlich noch als Steuer abknöpfen. Ihr könntet als Soldaten oder Leibwache für einen Händler mehr verdienen. Eure Hunde könnten einen Mann ebenso gut bewachen wie ein Theater, und die wären wenigstens bereit, zu zahlen.«
    »Meine Hunde sind unserer Kunst ebenso verschrieben wie ich.« Rojak wies mit dem Kopf zu dem Albino hinüber, der wie ein Geist in den Schatten lauerte. »Die niederen Fehden der Mächtigen scheren uns nicht. Hier ist unser Platz und hier bleiben wir, um unsere Botschaft jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind Screes zu verkünden. Wir werden der Veränderungen harren, die da kommen, Veränderungen, die ich durch das Werfen der Münzen schon vorhergesehen habe und die erfolgen, wenn der Sturm Scree erreicht. Ein Sturm, der von einem Ruf beauftragt wurde, der mächtiger ist als der Weiße Zirkel.«

    Vorsichtig wich Mayel einen Schritt zurück. Die Stimme des Barden war zum ersten Mal lauter als ein Flüstern, und seine Hände, vorher höfisch verschränkt, flogen nun durch die Luft und vollführten energische Gesten. Er glitt über das Geländer.
    Rojaks Worte klangen in Mayels Kopf nach und vibrierten in seinen Knochen wie das Donnern umstürzender Grabsteine. Von der plötzlichen Bewegung des Barden erschrocken, warf er seinem Vetter einen Blick zu. Doch dieser war ebenso überrascht.
    Und dann war es vorbei. Plötzlich wieder unbewegt blickte Rojak mit erneut verschränkten Fingern auf den Boden, als spräche er ein stilles Gebet, blinzelte aber nicht und atmete kaum merklich. Er schien sich ihrer Anwesenheit nicht bewusst zu sein.
    Shandek war so verwirrt wie Mayel. Waren die letzten Augenblicke Teil eines Schauspiels gewesen? Die Laune eines Stückeschreibers? Oder steckte mehr dahinter? Mayel kaute besorgt auf seiner Lippe.
    Zwanzig Herzschläge vergingen. Noch immer bewegte sich Rojak nicht, obwohl sein Kopf und seine Schultern nun in Sonnenlicht gebadet waren, das Mayel blendete.
    Schließlich murmelte er: »Macht ist in diese Stadt gelangt.«
    Mayel wich vor der grausamen und doch fröhlichen Stimme erschrocken zurück.
    »Verstohlen und ängstlich schleicht sie in der Nacht heran. Hier werden Spiele gespielt – Ränke müssen geschmiedet, Blut muss vergossen werden. Es wird eine reinigende Springflut geben und es werden jene geboren, die aus dem Blut anderer hervorgehen.« Rojaks Kopf ruckte hoch und der Blick der schwarzen Pupillen brannte wie Säure auf Mayels Haut.
    Angst rumorte in seinen Gedärmen, und er glaubte, dass sich der ätzende Blick in seinen Bauch gegraben hatte.

    »Pass auf, welche Spiele du spielst, kleiner Spatz. Über den Straßen kreisen Adler und aus den Bäumen beobachten dich Geier. Sie werden dich und deinesgleichen jagen.«
    Mayel taumelte rückwärts, als habe ihn ein Schlag getroffen. Er öffnete den Mund, aber es kam kein Laut heraus. Aus dem

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