Sturmbote
und lässt darum die anderen beiden sprechen. Die Hohepriester folgen stets den drei mächtigsten aus ihren Reihen und von diesen wird Jopel Bern, der Hohepriester Tods, die Führerschaft übernehmen, denn Voss Aftal wird kaum mit dem Haupt seines eigenen Kultes aneinandergeraten wollen. Der einzige andere Hohepriester, der sich zu Wort melden könnte, ist das Weißauge Roqinn, aus dem Tempel von Belarannar.«
»Gut, und wer sind Eure beiden Verbündeten dort?«
»Der Corlyn und Hochkaplan Mochyd. Zufrieden? Tila, beruhige dich. Ich erinnere mich an alles, was du mir sagtest. Jetzt brauche ich einen Augenblick Ruhe, in Ordnung?«
Tila zögerte, knickste dann aber und trat zurück. Isak lockerte Rücken und Schultern. Die Kluft aus dickem Leinen, die Tila mitgebracht hatte, mochte gut aussehen, aber er fühlte sich darin beengt. Sie kleidete ihn mit Vorliebe in Rot und Gold.
Er legte die Hand auf die Wand. Sie war kalt und für einen Augenblick fühlte es sich an, als entzöge sie ihm die Lebenskraft. Als er die Hand zurückzog, spürte er den Nachhall der Berührung noch als kaltes Kribbeln auf der Haut. Wie viel wird mir dieser Ort abverlangen?
»Gut«, sagte er dann. »Oberst Jachen, geht bitte voraus. Der Herzog von Tirah muss von einem Soldaten angekündigt werden, der mit dem Waffenknauf an die Tür der Kammer klopft
und so Einlass verlangt.« Er lächelte Tila an, die erfreut war, dass er sich an die Sachen erinnerte, die sie ihm eingebläut hatte.
Jachen nickte und trat vor, zog sein Schwert und drehte es um. Dann klopfte er dreimal gegen die Kupferplatte, die auf die schwere Holztür geschraubt war, steckte die Waffe weg, atmete tief durch und legte die Hände auf die beiden Griffe der doppelflügeligen Tür. Er sah zu Isak hinüber, der nickte, und stieß die Tür dann auf, glitt in den Raum und kündigte mit klarer Stimme Isak an – und zwar mit seinem neuen Titel.
Er trat beiseite und Isak ging an ihm vorbei, blickte in die runzligen Gesichter, die sich ihm zuwandten und deren Besitzer an einem großen runden Tisch saßen. Jachen und Tila schlossen hinter ihm die Tür und folgten ihm dann, um sich zu beiden Seiten des Herzogs von Tirah aufzustellen.
»Die Synode heißt Euch Willkommen, Lord Isak, Erwählter Nartis’ und Herzog von Tirah.« Isak folgte der knarrenden Stimme zu ihrer Quelle, dem Obersten Kardinal Echer. Der alte Mann hob seine von Gicht gekrümmten Hände, mit der Handfläche nach oben, im formellen Gruß. »Möge Nartis’ Hand Euch führen.«
Isak erwiderte den Gruß und verneigte sich vor den versammelten Männern und Frauen tief, die in dieser düsteren und verstaubten Kammer saßen und schweigend auf die Zukunft warteten. Nur zwei von ihnen konnte man als jung und einigermaßen gesund bezeichnen. Kardinal Certinse, dessen Aufstieg von den Verbindungen seiner Familie beschleunigt worden war, und Roqinn, das Weißauge, Hohepriester Belarannars. Ebenso wie Lord Bahl, der sogar mehr als doppelt so alt gewesen war, sah man Roqinn seine hundert Sommer nicht an. Er wirkte immer noch wie vierzig. Sogar der unruhige neue Hohepriester Larats, der sich offenbar gut an das gewaltsame Ableben seines Vorgängers erinnerte, als dieser in Isaks Geist hatte blicken
wollen, hatte weiße Haare und ein ausgesprochen faltiges Gesicht.
»Mein Lord«, sagte jemand – es war Kardinal Veck, so vermutete er aufgrund von Tilas Beschreibung. »In Anbetracht der angeschlagenen Gesundheit unseres Obersten Kardinals haben wir uns darauf geeinigt, dass ich für ihn spreche. Erhebt Ihr Einspruch gegen diese Änderung des Ablaufs? Möchtet Ihr jemand anderen an meiner Stelle sehen?«
Die Kardinäle trugen Roben in Weiß und Mitternachtsblau, mit rot verzierten Säumen. Sie erinnerten Isak an die Ritter der Tempel, aber er ermahnte sich, nicht feindselig zu werden – dafür wäre später noch genug Zeit.
Isak nickte zustimmend und blickte sich um. In einer Wand lagen einige schmale Fenster, aber ein Dutzend brennender Fackeln zollte der schwindenden Sehkraft der alten Priester Tribut. An den Wänden hingen Fahnen der Götter, deren Anhänger Teil der Synode waren. Die beiden großen, die goldene Biene Tods auf strahlend weißem Untergrund und die Windungen der schwarzen Schlange Nartis’, vom dunkelblauen Hintergrund mit weißen Nähten abgesetzt, hingen Isak gegenüber.
Diese Bilder, die beiden Banner, die nebeneinander auf Tempeln und Stadttoren überall in Farlan im Wind flatterten, waren in Isaks
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