Sturmbringerin
sein.«
Gerade wollte ich Orena fragen von wem sie sprach, als sie mir den noch offenen Wasserschlauch an die Lippen hielt. Schnell trank ich das in meinen Mund strömende Wasser, um mich nicht daran zu verschlucken.
Es war eine Wohltat nach der ganzen Schreierei und Orena nahm das Wasser meines Erachtens viel zu schnell wieder weg.
Bevor ich etwas erwidern konnte, band sie mir das Tuch von gestern um. Dieses Mal wehrte ich mich nicht. Ein Knebel war besser als mich schon wieder aus Versehen zu beißen.
Meine Zunge tat nach wie vor weh und schwoll allmählich an.
»Es tut mir leid«, hauchte Orena kaum hörbar.
Zunächst glaubte ich, mich verhört zu haben, doch Orena sah mich traurig an. Demnach hatte ich mir ihre Worte nicht bloß eingebildet.
Sie ging zurück zu Mairis, die die ganze Zeit über schweigend auf ihrem Platz gestanden hatte. Orena stellte sich neben Mairis und begann ihr Werk.
Im Vergleich zu Kemandras Attacken war dieser Angriff nicht ganz so fürchterlich, dennoch traf der Schmerz mit brutaler Wucht in meinem malträtierten Kopf auf und ließ meine Nervenbahnen in Flammen aufgehen.
Schnell gewährte sie mir eine Verschnaufpause. Ich sammelte mich und sah zu ihr herüber, sobald ich wieder Luft bekam. Sie wirkte noch immer traurig und sah mich mitfühlend an.
Mein Blick schwenkte hinüber zu Mairis. Ihr Gesicht war ein Spiegelbild Orenas.
Guter Wärter, böser Wärter oder welches kranke Spiel trieben diese vier mit mir? Zwar wirkte Orena freundlich in ihren Zuwendungen, die sie mir gerade hatte zuteilwerden lassen, aber darauf durfte ich nicht hereinfallen.
Hier gab es nur Feinde, keine Verbündeten, dessen war ich mir sicher und ich würde diese Tatsache in meinen Verstand meißeln falls nötig.
Ich durfte nicht nachgeben und anfangen, jemandem Gutes zu unterstellen, geschweige denn jemand anderem zu vertrauen als mir selbst und meinen gefangenen Gefährten.
Erneut ließ Orena ihre Macht in meinen Kopf eindringen. Ich stemmte mich in die Fesseln und schrie in den Knebel, doch sie hörte noch nicht auf und machte nach ihrem Schema weiter.
Immerhin gewährte sie mir längere Pausen als Kemandra und das auch noch häufiger.
Mittlerweile war es mir egal, ob es sich dabei um ein geschickt geplantes Täuschungsmanöver oder um echtes Mitgefühl handelte. Ich war froh über jede Minute, in der ich diese Qualen nicht ertragen musste.
Die Stunden verrannen und allmählich vergaß ich, über Orenas Worte nachzugrübeln. Ich fragte mich auch nicht länger, von welchem Prinzen sie gesprochen hatte.
Denn eines wurde mir klar. Für den Moment war ich machtlos und nicht in der Lage etwas zu ändern. Ich musste die Dinge nehmen, wie sie kamen und hoffen, dass sich mir eine Gelegenheit bot.
Verabscheut
Die Tür schwang leise auf und ich hob müde den Kopf, um zu sehen, wer nun schon wieder kam. Mir stockte der Atem, als ich hinter Hias‘ inzwischen vertrautem Gesicht Degan entdeckte.
Obwohl ich ihn seit diesem Tag vor nun schon bald einem Jahr im Flur vor Goranias königlichem Sitzungssaal nicht mehr gesehen hatte, so hatte ich sein Gesicht nie vergessen können. Auch damals hatte ich ihn nicht oft gesehen, doch seinen Ausdruck, als er mich nach der Bekanntgabe unserer Verlobung im Flur vergewaltigen wollte, hatte sich auf ewig in meinem Kopf eingebrannt.
Ein selbstgefälliges Lächeln huschte über sein Gesicht, sobald er mich sah und ich zuckte augenblicklich zurück. Dieses Mal hatte ich ihm nichts entgegenzusetzen. War ich gerade noch müde und erschlagen gewesen, so war ich nun hellwach und spürte das Adrenalin durch meine Adern rauschen.
Alles in meinem Körper schrie nach Flucht, aber ich konnte mich nicht rühren. Von der unterdrückten Anstrengung nicht loslaufen zu können, fingen meine Beine an zu zittern. Ich drückte sie mit aller Kraft durch, um den Impuls in Schach zu halten.
Er durfte nicht wissen, wie sehr ich seine Gegenwart in meinem momentanen Zustand fürchtete.
Degan trat mit Hias zu Orena. Nebenbei fiel mir auf, dass ich ihn zum ersten Mal mit offenen Haaren sah. Auf Lasca hatte er sie stets zusammengebunden. Es war für jeden ersichtlich gewesen, dass die turontischen Besucher die Hitze nicht gewohnt waren. Doch hier fielen ihm seine blonden Wellen bis zu den Schultern.
»Wie geht es voran?«, fragte Hias an Orena gerichtet.
»Sie ist stur, aber ich bin mir sicher, wir brauchen nicht länger als gewöhnlich.«
Hias wirkte zufrieden, doch
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