Sturmbringerin
Jedoch kam ich zu dem Schluss, dass ich lieber nicht wusste, was sich tat. Ich hätte bloß meine Peiniger im Blick und das ertrug ich heute schlichtweg nicht mehr. Des Weiteren wäre es mühsam, meine zusammengekauerte Haltung aufzugeben und mich ohne Hilfe meiner Hände herumzuwälzen. Das war es einfach nicht wert.
Schritte näherten sich mir. Das entnervte Stöhnen unterdrückend, fragte ich mich, was sie denn jetzt noch von mir wollten.
Stuhlbeine schabten über den Boden und jemand stellte etwas auf den Tisch. Vielleicht verschwanden sie, wenn ich so tat als schliefe ich.
Der Versuch gleichmäßig zu atmen missglückte gehörig. Das ein oder andere Hicksen schlich sich dazwischen und machte mich wenig glaubhaft.
»Dreh dich bitte um.« Orenas Stimme war belegt.
Ich schüttelte trotzig den Kopf. »Lasst mich doch endlich in Ruhe.«
»Wir wollen dir nichts tun. Es wird dir gefallen«, versuchte nun auch Mairis, mich zu überzeugen.
Ihre Gegenwart war für mich nicht länger zu ertragen. »Du hörst nie damit auf, mir etwas anzutun.«
Sie sollten endlich verschwinden und mich meiner Trauer überlassen.
Orena seufzte. »Wie schade, jetzt wird das Wasser kalt. Dabei war ich mir so sicher, du würdest seine Berührungen von dir waschen wollen.«
Diese Worte ließen mich aufhorchen. Konnte das wirklich sein? Konzentriert schnupperte ich, es lag tatsächlich ein Hauch Seife in der Luft.
Na schön, damit hatten sie mich am Haken.
Argwöhnisch lockerte ich meine starre Haltung und drehte mich bedächtig zu den beiden um. Ich traute dem Frieden nicht recht und wusste beim besten Willen nicht, was ich von ihrem Benehmen halten sollte.
Eingehend musterte ich die Gesichter, der beiden Frauen, die vorm Bett platzgenommen hatten. Wenn mich nicht alles täuschte, sah ich fast ausschließlich Mitgefühl in ihren Zügen. Doch dort war ein Funkeln in ihren Augen, das ich mir nicht erklären konnte.
Fast erschienen sie mir hoffnungsvoll.
Ich hatte heute eindeutig zu viele Schläge auf den Kopf bekommen, wenn ich schon so etwas glaubte.
Beschwerlich richtete ich mich auf und gab mir alle Mühe, dabei nicht auch den letzten Funken Würde zu verlieren. Ich schielte zu dem Wassereimer auf dem Tisch. Ein Waschlappen hing überm Rand und Dampf stieg aus dem mit Seifenschaum bedecktem Wasser auf.
Mairis hielt ein großes zusammengefaltetes Tuch im Schoß. Allem Anschein nach wollten sie wirklich, dass ich mich etwas besser fühlte.
»Reich mir deine Hände«, forderte Orena sanft.
Langsam streckte ich sie ihr entgegen und sie machte sich daran, das Seil aufzuknoten.
Bevor sie den letzten Knoten löste, sah sie mir ernst in die Augen. »Lass mich das hier nicht bereuen.«
Ich setzte zu einem Kopfschütteln an, hörte aber zusammenzuckend wieder auf, als der Schmerz aufs Neue explodierte.
»Nein«, presste ich stattdessen hervor.
Orena nickte und befreite meine Hände.
Vorsichtig zog ich mir das zerrissene und mit meinem Blut und Erbrochenem besudelte Hemd über den Kopf. Es war schon vorher kühl im Zimmer gewesen, doch jetzt überlief ein Schauer meinen nackten Körper.
Ich sah über die beiden hinweg und stellte fest, dass die Soldaten uns nicht aus den Augen ließen. Mairis rückte auf zu Orena und schloss damit die Lücke, durch die man mich hatte sehen können.
Jetzt saßen sie dicht an dicht und schirmten mich vor den neugierigen Blicken ab. Ich war dankbar für diesen Umstand.
Es verlangte mich nach dem Wasser. Außer Van hätte ich in diesem Moment nichts sehnlicher haben wollen.
Meine Beine zitterten durch die Kälte wieder stärker. Ich schämte mich, ihnen diese Schwäche offenbaren zu müssen, aber es half nichts. Sie schmerzten und zitterten wie verrückt als hätte ich andauernde Krampfanfälle. Sie würden mich nicht tragen, sollte ich mich hinstellen.
Außerdem könnten mich so die Männer am anderen Ende des Zimmers besser sehen. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.
»Könnte ich bitte das Tuch bekommen?«, fragte ich Mairis mit kratziger Stimme.
Überrascht blinzelte sie mich an, reichte mir aber wortlos das Tuch. Darunter entdeckte ich ein frisches Hemd. Demnach musste ich morgen nicht halb entblößt an diesem Pfahl stehen.
Ich breitete das Tuch unter mir aus. So konnte ich im Bett sitzenbleiben und konnte später trotzdem trocken schlafen.
Orena stellte den schweren Eimer neben mir auf die mit Stroh gefütterte Matratze. Der Eimer versank ein wenig und kurz befürchtete ich,
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