Sturmbringerin
Ayasha nicht entdecken konnte. Genau in diesem Moment stieß sich Ayasha von der Wand ab und schwang ihren Arm mit der Scherbe in hohem Bogen herum.
Der Stoß saß perfekt. Tief hatte Ayasha die provisorische Klinge in den Hals ihres Gegners gerammt. Sie steckte bis zu ihren Fingern im weichen Fleisch des Turonters.
Im selben Augenblick stürzte Lou sich kreischend von der Türzarge auf den zweiten Mann. Wild schlug er mit den Flügeln und kratzte und pickte nach den Augen des Soldaten.
Dieser versuchte den Falken aus seinem Gesicht zu wischen, doch Lou war geschickter und ließ sich nicht vertreiben.
Ayasha riss die Scherbe zurück, wobei sie die Wunde noch weiter aufriss. Dabei verletzte sie die Halsschlagader des Mannes und sein Blut spritzte ihr in weitem Schwall entgegen. Die ohnehin schwachen Abwehrversuche ihres Gegners erstarben ganz und der Turonter sank kraftlos zu Boden. Anstatt zu schreien, kamen nur gurgelnde unartikulierte Laute über seine Lippen, Blut quoll aus seinem Mund.
Die Magd begann panisch zu kreischen. Ayasha hatte Recht behalten, stumm war sie nicht. Sie mussten sich beeilen, sonst wäre gewiss gleich die Verstärkung da.
Ayasha umfasste die vom Blut glitschige Klinge fester, damit sie sie nicht verlor. Der zweite Soldat bekam gar nicht mit, was geschah. Lou hatte tiefe Risse in seinem Gesicht hinterlassen und traktierte ihn noch immer.
Ungeschützt stand der Turonter vor ihr. Die Hände hoch erhoben. Ayasha überlegte kein zweites Mal und stieß dem Mann in schneller Folge die Scherbe in den Bauch.
Immer und immer wieder, bis auch er sterbend zu ihren Füßen lag. Das Mädchen machte zu viel Krach. Ayasha ergriff eine der Lanzen, die sie aus den Händen des toten Turonters wand.
Schnell drehte sie sich herum und schlug mit dem langen Holzstiel zu. Wie beabsichtigt traf sie die Schläfe der Magd. Durch die Wucht des Aufpralls riss es ihren zierlichen Körper zur Seite und sie landete ungebremst in den Trümmern des Mobiliars.
Stille legte sich über das Zimmer. Der Schlag hatte ihr offensichtlich das Bewusstsein geraubt.
Ayasha verschwendete keinen weiteren Blick, drehte sich um und stürmte aus ihrer Zelle. Lou flog dicht neben ihrem Kopf. Die Scherbe hatte sie zurückgelassen. Stattdessen umfasste sie die Lanze mit beiden Händen.
Die Gänge, in die sie kamen, waren verwinkelt und verwirrend angelegt. Ayasha verringerte ihr Tempo, um nicht die Orientierung zu verlieren.
Schließlich schlich sie um jede Ecke, immer auf der Suche nach Feinden. Sie begegnete keinen weiteren Soldaten und gelangte endlich auf einen breiteren Flur.
Einerseits erleichtert, andererseits beunruhigt sah Ayasha sich um. Hier bekäme sie viel schneller jemand zu sehen und es gab keine Deckung mehr.
Lou hatte sich zwischenzeitlich auf ihrer Schulter niedergelassen und sah sich zu allen Seiten aufgeregt um. Ayasha entdeckte die gigantische Treppe, die man sie bei ihrer Ankunft in Daleppa heraufgeschleppt hatte. Irgendwo dort unten hatte Kaj gekämpft, um sie nicht verlassen zu müssen.
Wie sollte sie ihn nur finden?
Die Verzweiflung kämpfte sich in Ayasha empor und sie musste sich zwingen, sie mit aller Macht aus ihren Gedanken zu verbannen.
Sie durfte jetzt nicht den Kopf verlieren.
Geduckt lief sie zu dem Geländer vor ihr und riskierte einen Blick in die Halle. Nur wenige Menschen waren unterwegs.
Außer der Treppe in der Mitte schien es keine andere Möglichkeit zu geben, um nach dort unten zu kommen. Zumindest keine, die Ayasha entdecken konnte.
»Was jetzt? Wenn ich die Treppe nehme, sitze ich auf dem Präsentierteller, Lou.« Ayashas Murmeln war kaum zu vernehmen. Für Lous feines Gehör war es kein Problem, sie zu verstehen.
»Ich kann für ein wenig Aufruhr in der Halle sorgen. Das könnte als Ablenkung-« Lou unterbrach sich mitten im Satz. »Ich höre Schritte in der Nähe.«
Für einen winzigen Moment erstarrte Ayasha voller Panik. Sie zwang sich, ruhig zu atmen. Immerhin war sie eine Kriegerin. Sie würde kämpfen und nicht mit ihrem Schicksal hadern und so ihren Feinden den Sieg gestatten.
»Aus welcher Richtung kommen die Schritte?«
»Von den Gängen vor uns. Ich glaube, es ist nur einer.«
Ayasha ging ein paar Schritte rückwärts. Vielleicht sah man sie nicht. Die Chancen standen gut, dass die Person einfach die Treppe herunterging, ohne in ihre Richtung zu sehen.
Das Blut gefror in Ayashas Adern, sobald der Mann in ihr Sichtfeld trat. Hias war in Gedanken versunken und
Weitere Kostenlose Bücher