Sturmbringerin
fragte Van die Wand links von ihm und wartete auf eine Reaktion.
»Was ist denn?«, fragte dieser zurück.
Durch die Wand konnte Van Kaj‘ Stimme nur gedämpft hören. Jedoch bestanden die Türen aller Zellen nur aus einem schweren Eisengitter, das auf den gemeinsamen Flur mündete. Dadurch war es möglich, sich zu unterhalten.
Van musste sich räuspern, bevor er antworten konnte. Die Turonter bedachten ihre Gefangenen eindeutig mit zu wenig Wasser. »Weißt du noch, wie lange wir hier schon drin sind?«
Kaj antwortete nicht sofort, wahrscheinlich zählte er selbst.
»Neunundzwanzig Tage« Die Worte wehten leise den Gang entlang. Nicht Kaj hatte geantwortet, es war Jase, der gesprochen hatte.
»So lange schon?«, fragte Van mehr sich selbst als die Anderen.
Erneut stürzte die Flut der Zweifel und des Vorwurfs auf ihn herab. Er war es gewesen, der Gianna überzeugt hatte, sich der Sache des Widerstands anzuschließen. Hätten sie das nicht getan, wären sie nicht blindlings in die Falle der Turonter gelaufen.
Dabei hätte Van es doch ahnen müssen. Sie waren zu wenige, um gegen eine solche Übermacht auf Dauer bestehen zu können und dennoch war ihnen das Glück hold gewesen. Der Fall hatte kommen müssen, wenn man logisch darüber nachdachte.
Sie hätten weiterhin versuchen können, sich zu verstecken und sich dem Einfluss des turontischen Imperiums zu entziehen. Stattdessen hatten Gianna und er diesen Konflikt weiter angeheizt.
Doch hätte die turontische Falle genauso gut anderorts zuschnappen können, wären sie allein gewesen. Alandoa hatte Van gelehrt, dass es kein Entrinnen auf dem Festland geben konnte. Was sein Hauptbeweggrund für den Widerstand gewesen war.
Gern hätte er sich noch weiter mit den Brüdern unterhalten, aber ihm war nicht wohl bei der Sache, wenn ihr Aufpasser jedes Wort mit anhören konnte. Es war eine stille Übereinkunft unter ihnen nur das Nötigste und über Unverfängliches zu sprechen.
Diablit saß am Ende des Flurs und sorgte mit seiner Gabe dafür, dass keiner der begabten Gefangenen seine Magie nutzen konnte. Er wechselte sich mit einer Frau ab, dessen Namen Van noch nicht mitbekommen hatte. Van war über die Vielfältigkeit der Gaben, die es hier gab, erstaunt gewesen.
Jetzt hoffte er jedoch, dass ihnen weitere böse Überraschungen dieser Art erspart blieben. Das hieß, wenn er und seine Kameraden überhaupt noch eine Zukunft haben sollten.
Van redete sich zwar gut zu und befahl sich, die Hoffnung nicht aufzugeben, aber seine Widerstandskraft schwand mit jedem weiteren Tag.
Ächzend wollte er sich umsetzen, kam mit dem kleinen Radius, den seine Wärter ihm ließen, aber nicht besonders weit und stellte seine Versuche ein. Es gab kaum eine Position, die den mittlerweile permanenten Schmerz in seinem linken Handgelenk noch lindern konnte.
Es hatte nur wenige Tage gedauert bis der breite Eisenring angefangen hatte, seine Haut wund zu scheuern. Inzwischen war sein Gelenk komplett aufgeschürft, blutete und starrte vor Dreck. So empfindlich wie seine Hand nun war, vermutete Van, dass die Wunde sich entzündete.
Seine Finger begannen schon wieder zu kribbeln und taub zu werden. Van zwang sich, seine Hand ein paar Mal zur Faust zu ballen und anschließend seine Finger zu kreisen. Auch wenn der Schmerz sich dadurch verschlimmerte, wollte er den Verlust seiner Hand nicht riskieren.
Als er fertig war, legte er seinen Arm ruhig auf den Oberschenkel und vermied es, ihn zu bewegen. Erschöpft ließ er sich gegen den kalten Stein in seinem Rücken sinken und seufzte schwer. Seine Wärter hatten seine Fessel noch nicht ein einziges Mal aufgeschlossen, was jegliche Gedanken an Flucht im Keim erstickte.
Die Tatsache hilflos ausgeliefert zu sein und nur darauf warten zu können, was als nächstes geschah, setzte ihm zu. Wenn er doch wenigstens wüsste, wie es Gianna erging und wo sie war.
Einige Zeit blieb Van auf seiner schmalen Pritsche sitzen und war drauf und dran wieder das Zeitgefühl zu verlieren. Er glaubte viele Stunden so zugebracht zu haben. Vielleicht waren es doch wieder nur Minuten.
Doch so oft wie seine Fingerspitzen zu kribbeln begonnen hatten, mussten es Stunden gewesen sein. Die Sonne, die durch den schmalen Schlitz der oberen Mauer fiel, war ein Stück gewandert. Es mussten demnach Stunden gewesen sein, nicht Minuten.
Van horchte auf, als er nun das Klappern eines Schlüssels hörte. Die Angeln quietschten leise, sobald die Tür zu ihrem Gefängnistrakt
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