Sturmbringerin
töten für das, was er dir angetan hat«, flüsterte sie nach einer Weile kaum hörbar.
Durch ihre Worte hin und her gerissen, war Van sich seiner Entscheidung nicht mehr so sicher. Auf keinen Fall wollte er, dass sie sich seinetwegen in Gefahr brachte oder die Rachsucht sie unvorsichtig machte.
Doch wäre es andersherum gewesen und Gianna hätte an seiner Stelle diese Qualen durchlitten, hätte er diesen Zorn ebenso wie sie jetzt verspürt.
»Wahrscheinlich ist es ratsam, sich Kaj und seinen Leuten anzuschließen«, sagte Gianna nun.
»Zu dem Schluss bin ich auch gekommen. Aber lass uns zuvor noch ein wenig über sie in Erfahrung bringen, um sicherzugehen, dass wir die richtige Entscheidung treffen.«
Gianna nickte zustimmend.
»Was glaubst du, was Zersia und ihr Bruder machen werden?«, fragte sie nun.
»In ihr Haus werden sie wohl nicht zurückkehren. Das wäre dumm und diesen Eindruck hatte ich von ihr bisher nicht.«
»Vielleicht haben die beiden noch irgendwo Familie zu der sie könnten«, überlegte Gianna.
Van schüttelte traurig den Kopf. »Ich glaube nicht. Oder meinst du, dass sie dann nicht dort wären, anstatt ganz allein und abgeschieden zu leben?«
»Vermutlich nicht«, stimmte sie zu. »Agnetha sagte auch, dass es kaum noch Heiler gebe.«
»Es wird ihnen wohl so wie uns gehen und kaum einen anderen Ort geben, an dem sie im Moment bleiben könnten«, spekulierte Van, auch wenn er sich für die beiden wünschte, dass es nicht so wäre und sie eine sichere Zuflucht hätten.
»Ich mag Zersia. Es wäre schön, wenn sie auch hier bliebe«, sagte Gianna leise.
Schweigend hingen beide eine Weile ihren eigenen Gedanken nach und Ruhe breitete sich in Van aus. Es wäre richtig, sich den Turontern zu widersetzen. Ihre Weltanschauung passte Van nicht im Geringsten. Es war erschreckend für ihn gewesen, Agnethas Worten zu lauschen und von dem zu hören, was mit ihr geschehen war. Er wollte nicht, dass man Gianna aufgrund von Vorurteilen etwas Ähnliches antat. Van wünschte sich für Gianna und ihn eine sichere Zukunft und für die lohnte es sich zu kämpfen.
Sie konnten gegen diese Übermacht bestehen, dessen war Van sicher. Solange er gut auf seine Geliebte aufpasste, konnte ihr nichts zustoßen, während sie beide in einen Krieg zogen.
»Eigentlich möchte ich noch nicht aufstehen, aber ich fürchte, dass der Mittag uns näher als der Morgen ist«, setzte Gianna an und fuhr erst nach einer nachdenklichen Pause fort: »Wir sollten Kaj aufsuchen und mit ihm reden, meinst du nicht?«, fragte sie weiter und sah zu Van auf.
Es war lange her, dass Gianna ihn nicht betrübt angesehen hatte. Ihr zufriedener Ausdruck wärmte Van das Herz und bestätigte ihm, dass er ihr Glück um jeden Preis bewahren musste.
»Wir wollen schließlich nicht, dass Jase das Angebot zurückzieht, weil er uns für träge Langschläfer hält«, antwortete Van schmunzelnd.
Gianna erschuf etwas Wasser, sodass Van und sie sich wenigstens notdürftig den Schweiß vom Leib waschen konnten, bevor sie jemand zu Gesicht bekam.
Frisch herausgeputzt verließ Van das Zelt, wobei er für Gianna die Plane beiseite hielt, während er sich im Lager umsah. Wirkte es nachts verlassen, wurde im Angesicht des Tages nur zu deutlich wie viele Menschen hier auf sehr engem Raum lebten.
Von allen Seiten wehten Gesprächsfetzen zu ihnen heran. Aus Richtung der Koppeln hörte er das Wiehern der Pferde und das Blöken der Rinder. Alles zusammen vermengte sich zu einem beständigen Rauschen im Hintergrund.
Außer dem Geruch von geröstetem Fleisch, das ganz in der Nähe über offenem Feuer braten musste, nahm Van kaum etwas Anderes wahr. Das war immerhin etwas, denn bei dieser Anzahl an Menschen hätte es hier wesentlich schlechter riechen können. Ein Umstand, der ihn in der vergangenen Nacht schon positiv überrascht hatte.
Gianna trat nun ebenfalls aus ihrem Zelt und sah sich neugierig um. In ihrer unmittelbaren Nähe war niemand zu sehen. Vermutlich waren die Bewohner der nächstgelegenen Zelte längst auf den Beinen, um ihrem Tagewerk nachzugehen.
»Lass uns wieder in die Mitte gehen. Dort sollten wir irgendwo auf Kaj treffen. Bestimmt ist sein Zelt in der Nähe von dem seines Bruders.« Van ergriff Giannas Hand und sie machten sich gemächlich auf den Weg. Die entgegenkommenden Menschen betrachteten sie beide entweder mit kaum verhohlener Neugier oder teilweise sogar ungläubigem Respekt.
Also hatte sich Kaj‘ Befreiung bereits
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