Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
Schoß legen! Wenn nötig, warte ich draußen, aber verlangen Sie nicht von mir, zurückzubleiben!«
Lord Rudolph stöhnte. »Ich kann Blackwell nicht übelnehmen, dass er Sie in den Keller sperren wollte. Anscheinend ist es ein Steckenpferd von Ihnen, sich in Gefahr zu begeben.«
»Und wenn schon! Ich muss wissen, ob es ihm gutgeht. Und falls nicht … ich will in der Nähe sein.«
Lord Rudolph sah sie schweigend an. Ihr Puls raste, ihre Handflächen begannen zu schwitzen, und ihre Knie zitterten. Sie versuchte, sich nicht vorzustellen, dass Austin sonstwo lag – kalt, tot, allein. Sie wollte bei ihm sein, ihn im Arm halten, ihn trösten – und ihm sagen, dass sie ihn liebte.
»Sie lieben ihn, nicht wahr?«, fragte Lord Rudolph leise.
Evangeline schluckte und bejahte stumm.
Die Hoffnung, die in seinem Blick gelegen hatte, seit er sie gebeten hatte, mit ihm nach England zurückzukommen, erlosch endgültig. »Was für ein Glückspilz! Nun, ich vermute, ich muss mich meinen Dämonen allein stellen.« Ohne diese seltsame Bemerkung näher zu erklären, fuhr er fort: »Also gut, Evangeline. Sie dürfen uns begleiten.«
Seward explodierte. »Was? Nein, sie muss hierbleiben! Nirgends sonst ist sie sicher.«
»Nehmen wir sie nicht mit, wird sie uns heimlich folgen. Außerdem habe ich eine Idee, bei der sie uns nützlich sein kann.«
Wieder sah er Evangeline an. Trotz ihrer Erleichterung verspürte sie doch einen Anflug von Unbehagen.
Ein schmerzliches Pochen dröhnte in Austins Schläfen und unter seiner Schädeldecke. Vorsichtig öffnete er die Augen, sah schwarze und weiße Sterne und schloss sie stöhnend wieder.
Er erinnerte sich weder daran, wo er war, noch daran, wie er zu diesen furchtbaren Kopfschmerzen kam. Auf einem Schiff war er nicht, denn das vertraute Schaukeln fehlte. Er war an Land, in einem Haus, und seine Wange lag auf etwas Kratzigem, das nach Wolle roch und dennoch hart war. Ein Teppich eher als eine Decke.
Wessen Teppich? Wieder versuchte er, etwas zu erkennen. Ihm schwirrte der Kopf, so dass er nicht richtig sehen konnte. Allerdings war ihm nicht kühl, also musste das Haus bewohnt und beheizt sein. Ja, da war der Geruch von brennendem Kaminholz.
Über das Dröhnen in seinen Ohren hinweg nahm er eine Stimme wahr. Die Stimme kannte er, und er vertraute ihr. Hoffnung regte sich in ihm. Vielleicht war er auf der Straße überfallen worden, und diese Person, dieser Freund, hatte ihn in sein Haus gebracht.
Aber wieso lag er dann auf dem Teppich?
»Er kommt zu sich«, sagte eine Stimme, die Austin eindeutig nicht mochte.
Die vertrautere entgegnete: »Dem Himmel sei Dank! Sie haben sehr fest zugeschlagen. Sie hätten ihn umbringen können!«
»Sie haben gesagt, er dürfe nicht weglaufen.«
»Schon, doch ich muss ihn befragen können.«
Allmählich sah Austin klar genug, um ein blaurotes Muster auf dem Teppich auszumachen, und der Schmerz konzentrierte sich auf eine Stelle in seinem Nacken.
Ein Knie in Samthosen beugte sich auf den Teppich neben ihm, und zitternde kalte Hände hoben seinen Kopf. »Austin?«
Austin blickte in das Gesicht eines dünnen grauhaarigen Mannes auf. Captain Gainesborough.
Sogleich fiel ihm alles wieder ein. Austin hatte versucht, Gainesborough zuvorzukommen, ihn davon abzuhalten, seine Pistole aus dem Schreibtisch zu holen. Dann hörte er plötzlich ein Geräusch hinter sich. Bevor er sich umdrehen konnte, traf ihn die gewaltige Faust von Gainesboroughs eins fünfundneunzig großem Diener auf den Hinterkopf, und Austin stürzte zu Boden.
Unmittelbar vorher hatte er sich noch damit beruhigt, dass Gainesborough schließlich nur ein älterer Mann war. Dass er sehr kräftige Diener haben könnte, die ihm ergeben genug waren, um auf seinen Befehl hin jeden anzugreifen, hatte er nicht bedacht. Außerdem fragte er sich jetzt, was wohl aus seinem eigenen Diener geworden war.
»Ich entschuldige mich, Austin«, sagte Gainesborough. »Sie müssen mir versprechen, sich ganz ruhig zu verhalten, sonst wird Jeremy Ihnen wieder weh tun.«
Jeremys riesige Stiefel erschienen. Wahrscheinlich war es klug, wenn Austin sich schwerer verletzt gab, als er war, bis er hinreichend neue Kraft geschöpft hatte, um es mit diesem Bären von einem Mann aufzunehmen.
»Fahren Sie zur Hölle!«, raunte er.
Gainesborough betrachtete ihn traurig. »Es tut mir unendlich leid, dass es so weit kommen musste, mein Freund! Ich hätte Ihnen niemals auftragen dürfen, die Papiere herzubringen.
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