Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
und diese Monstrosität ihrem Ehemann überlassen – wenn er zu Hause war.
Für den Moment jedoch war dies der einzige Schreibtisch, in dem sich Papier und Tinte fanden. Sie zog die oberste Schublade auf.
Als sie hineingreifen wollte, erstarrte sie. Ihr Verstand brauchte einen kurzen Moment, ehe er begriff, was sie sah.
Gefaltete Blätter lagen oben auf einem Stapel sauberen Briefpapiers. Und sie kannte die Blätter. Mit zitternden Fingern nahm sie sie heraus.
Die Handschrift war dieselbe, die Namen waren dieselben. Die Faltknicke waren brüchig, so dass es beinahe aussah, als wäre der Name Mr. Howard Langdon durchgestrichen.
Aber sie hatte doch gesehen, wie Austin sich ein kleines Päckchen eingesteckt hatte, bevor er zu dem Mann aufgebrochen war, dem er die Dokumente übergeben wollte.
Austin Blackwell würde nie ein solcher Fehler unterlaufen. Niemals ließe er die Papiere hier, unverschlossen in der Schublade seiner Bibliothek, wo Evangeline, Mr. Seward oder Lord Rudolph sie finden könnten. Dass sie hier waren, hatte einen Grund.
»Was ist?«
Lord Rudolph stand hinter ihr und wollte schon nach den Papieren greifen, die Evangeline sich hastig an die Brust presste, bevor sie sich umdrehte.
»Evangeline, was ist los?«, fragte er.
Während sie zu ihm aufsah, überschlugen sich ihre Gedanken. Hinter Lord Rudolph stand Mr. Seward, der sie besorgt anschaute.
Sie holte tief Luft. »Austin hat die Papiere hiergelassen.«
»Nein, er hat sie eingesteckt. Das habe ich gesehen.«
»Hat er nicht. Sie sind hier.«
Ruhig nahm Lord Rudolph sie ihr ab, auch wenn Evangeline sie nur widerwillig aus der Hand gab.
Dann trat er ein paar Schritte auf Abstand und überflog die Liste. »Teufel nochmal! Mein Cousin George ist auf der Liste.«
Seward ging zu ihm und wollte ihm die Papiere entreißen, doch Lord Rudolph wich ihm aus. »Wenn mein Cousin bei der Geschichte mitmacht, kann man sicher sein, dass es ein verflucht dämlicher Plan ist. Der gute George ist ein Idiot. Kein Wunder, dass Blackwell alles aufhalten will!« Er sah auf. »Was hat er gesagt, wo er hinwollte?«
Evangeline rang unglücklich die Hände. »Ich weiß es nicht. Er erwähnte seinen Mentor, aber nicht den Namen.«
»Captain Gainesborough«, murmelte Seward.
Die anderen beiden wandten sich zu ihm um.
»Wer ist das?«, fragte Lord Rudolph.
»Haben Sie nicht von ihm gehört? Er war ein Kriegsheld, Captain Blackwells kommandierender Offizier. Der Captain spricht oft von ihm. Sie stehen sich sehr nahe.«
Lord Rudolph klopfte sich mit den gefalteten Blättern in die Handfläche. »Entweder wollte er nicht, dass sein Captain in gefährliche Unternehmungen verwickelt wird, oder er hatte andere Gründe, ihm die Papiere nicht zu geben.«
Evangeline presste die Hände zusammen. »Austin ist in Gefahr, nicht wahr?«, fragte sie leise.
»Er ist ein vernünftiger Mann.«
»Und ein dickköpfiger obendrein. Sie wissen, dass er uns hierließ, weil er nicht wollte, dass uns etwas zustößt.« Sie überlegte. »Vielleicht hat er die Liste extra so hingelegt, dass wir sie finden, falls er nicht zurückkommt, und …« Ihr Herz war wie zugeschnürt vor Angst. »Damit wir sie den richtigen Leuten geben.«
»Er ist ein verdammter Narr!«
Seward ballte die Fäuste. »Er hätte mich mitnehmen sollen!«
»Ja, das hätte er. Wissen Sie, wo sein Mentor wohnt?«
»Der Captain?« Seward dachte nach. »Mein Vater kannte ihn, verflixt, wo war das nochmal? … Ja, ich hab’s! Charles Street. Jetzt erinnere ich mich. Vor Jahren war ich mit meinem Vater dort.«
Lord Rudolph steckte die Papiere ein. »Ich hoffe, Sie erinnern sich noch, welches Haus es war, denn Ihr Captain wird es gewiss nicht kampflos verlassen können.«
Evangeline bekam Herzklopfen. Er meinte, dass Austin in der Falle sitzen könnte, gefangen gehalten wurde, vielleicht nicht einmal mehr am Leben war.
Seward baute sich zu seiner vollen Größe auf, und sein Jungengesicht leuchtete vor Aufregung. »Ich führe Sie hin. Keine Angst, Miss Clemens! Wir bringen ihn wieder zurück.«
Lord Rudolph grinste. »Rechtzeitig vor der Trauung. Seward, haben Sie noch die Pistole?«
»Ja, habe ich.«
»Dann laden Sie sie!«
Evangeline stellte sich vor ihm hin und stemmte die Hände in die Hüften. »Sie lassen mich nicht hier!«
»Das ist Männerarbeit, Evangeline. Warten Sie bei Mrs. Milhouse! Wir bringen ihn nach Hause, versprochen!«
»Auf keinen Fall werde ich hier sitzen und die Hände in den
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