Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
gehen können!«
»Aber wäre das nicht wundervoll? Die milde Luft und all die Waren, die sie dort anbieten und von denen ich die meisten noch nie zuvor gesehen habe? Eine versäumte Gelegenheit ist das Traurigste, pflegte Miss Pyne zu sagen.«
Er schien restlos verwirrt. »Miss Pyne?«
»Von der Akademie für junge Damen. Dank ihrer Ausbildung bin ich befähigt, als Gouvernante zu arbeiten.«
»Heiliger, Evangeline! Sie werden nie Gouvernante.«
»Aber ich muss …«
Er winkte ungeduldig ab. »Sie haben sich in Ihrem Hemdchen und einer Seemannsjacke auf offener See herumgetrieben, ohne Begleitung auf einer englischen Fregatte gelebt, ein Gefängnis erstürmt und einen halbnackten Engländer befreit …«
»Und Ihnen meine Brust gezeigt.«
»Das auch noch, ja.«
»Und Sie haben mich geküsst.«
»An Deck, vor den Augen meiner Mannschaft.«
Sie wurde rot. »Oh, mein Gott!«
»Ich bin geneigt, dem keinen großen Stellenwert beizumessen. Doch all das zusammengenommen dürfte das Ende Ihrer Zukunft als Gouvernante bedeuten.«
»Bevor sie überhaupt angefangen hat. Ich vermute, Sie werden mich nun einem Amtsrichter übergeben. Und ich werde Gelegenheit haben, meiner eigenen Exekution beizuwohnen.« Sie schluckte. »Nur werde ich niemandem davon erzählen können.«
Wieder bewegte sich das Schiff, indem es zuerst sehr weit in die Höhe gehoben wurde und dann sehr abrupt wieder herunterklatschte. Die Hängelaterne quietschte schwankend, und ihr Licht zauberte rote Strähnen in das dunkle Haar des Captains.
»Ich habe beschlossen, Sie nicht an einen Amtsrichter zu übergeben. Ich bringe Sie nach Hause zurück, nach England.«
»Ich will nicht zurück nach England.«
»Wollen Sie lieber vor einen Amtsrichter?«
»Selbstverständlich nicht!«
»Dann bringe ich Sie nach Hause.«
In Schande. Ihre Mutter und ihr Stiefvater würden sie nicht willkommen heißen. Eventuell nahmen sie Evangeline nicht einmal in ihr Haus auf. Für einen kurzen Moment fragte sie sich, ob ein rascher Tod am Galgen nicht besser wäre als ein langsames Dahinvegetieren als ungewollte Jungfer, einsam und voller Sehnsucht nach dem, wovon sie bloß eine winzige Ahnung bekommen hatte. Eine Träne kullerte ihr über die Wange, dann noch eine. Sie versuchte, sie fortzublinzeln.
»Ach Gott!«
»Evangeline, Sie sind zwischen drei Schiffen hindurchgerudert, die sich gegenseitig beschossen, stürmten ein Gefängnis, retteten einen Mann und erkämpften sich den Rückweg, ohne dass Ihnen ein Haar gekrümmt wurde. Aber bei dem Gedanken, nach Hause zu kommen, müssen Sie weinen?«
Sie wischte die Tränen ab, deren Salz auf ihrer Haut brannte. »Jeder sagte, was für eine nutzlose Last ich für meinen Stiefvater sei. Er und meine Mutter waren froh, mich los zu sein. Folglich mag ich mir gar nicht ausmalen, was sie sagen, wenn ich zurückkehre …«
Eine Welle brach sich am Rumpf, und das Sprühwasser klatschte wie ein plötzlicher Regenguss gegen die Fenster. Sie spürte, wie er festen, leisen Schrittes näher kam. Sein Atem strich sanft über ihre Wange. »Weinen Sie nicht, mein Spatz!«
»Ich … ich kann nicht anders.«
»Schhh«, sagte er leise und legte einen Arm um sie.
Evangeline schmiegte sich an seine warme starke Brust. Seine Kleidung roch nach Wind, Salz und Rauch von den Feuern am Ufer sowie nach seinem eigenen maskulinen Duft. Er war so groß und stark! Er könnte alles tun, mächtig, wagemutig und klug, wie er war. Ein bisschen reizbar mochte er bisweilen sein, aber schließlich trug er auch eine große Verantwortung.
Sie ließ ihre Hände über seinen Rücken hinauf zu seinen Schultern wandern, auf denen die ganze Last des Kommandos ruhte. Seine Muskeln regten sich unter ihren Fingern. Das Schiff wiegte sich, doch Austin Blackwell stand wie ein Fels in der Brandung und hielt sie fest. Sie hörte sein Herzklopfen, ruhig und gleichmäßig.
»Werden Sie mich küssen?«, flüsterte sie.
Er hob ihr Kinn, so dass sie ihn ansah, und sie nahm nichts mehr wahr außer seinen dunklen Augen. »Ich werde. Ich kann Ihrem Ruf nicht widerstehen, meine Sirene.«
Kapitel 10
I hr Duft füllte ihn vollständig aus, und ihr süßer Atem wehte ihm über den Mund, als er sich zu ihren Lippen hinabbeugte.
Er begehrte sie, so viel stand fest, und er konnte rein gar nichts gegen dieses Verlangen tun. Es rieb ihn auf, brachte ihn dazu, die nächtlichen Wachen zu übernehmen und sich über das kalte Sprühwasser zu freuen, das seine brennende Haut
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