Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
der aus irgendeinem Grund aus der Reihe tanzt. Verstanden?«
Seward räusperte sich. »Ja, Sir.«
»Einschließlich des Engländers. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Sewards Blick wanderte zu Lord Rudolph, dessen Hände Evangelines Schultern fester umfassten. »Ja, Sir.«
Nun wandte Austin sich nach links, worauf dort alle verängstigt dreinblickten. »Und jetzt geht wieder an die Arbeit! Auch wenn das hier mehr und mehr zu einer Karikatur von einem Schiff gerät, will ich, dass alles blitzblank geputzt wird. Wir werden mit wehenden Flaggen und poliertem Messing in den Bostoner Hafen einlaufen. Ich will nichts am falschen Platz vorfinden, keine Pflicht unerledigt. Und falls irgendjemand von euch sich unerlaubt auch nur in die Nähe meiner Kajüte wagt, baumelt er bei der Ankunft in Boston an der Rah. Ist das klar?«
Sämtliche Männer waren kreidebleich und blinzelten ängstlich im Regen.
»Ich sagte, ist das klar?«
Schlagartig standen alle Matrosen und Offiziere stramm und riefen: »Ja, Sir!«
Austin machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zum Heck. Die Männer traten ihm eilig aus dem Weg.
Danach war Seward der Erste, der das allgemeine Schweigen brach. Er rief nach dem Steward. »Bring ihm heißen Kaffee und Decken, und schick jemanden runter, der aufpasst, dass er auch richtig trocken wird! Der Mann darf auf keinen Fall eine Lungenentzündung bekommen, denn ich will gewiss nicht das Kommando über dieses verflixte Schiff!«
Die Männer stoben erleichtert auseinander, um ihren Pflichten nachzugehen. Zwei von ihnen liefen mit Cyril mit.
Evangeline war halb krank vor Sorge. Ganz sicher würde er sich nicht richtig um sich kümmern, der Narr! Er war über Bord gesprungen und fast gestorben, und jetzt würde er krank werden und dahinsiechen, um ihr das Herz zu brechen. Dabei hatte er sie keines Blickes gewürdigt, hatte ihr nicht einmal gesagt, dass alles gut war.
Sie schüttelte Lord Rudolphs Hände ab und rannte zum Heck. Ihre Gedanken überschlugen sich, während ihr Tränen übers Gesicht liefen.
»Evangeline, warten Sie!«
Sie hörte Lord Rudolph, ignorierte ihn aber. Stattdessen hetzte sie über das regennasse Deck und stolperte die Treppe hinunter. Die Tür zu Austins Kabine war offen, und seine vom Salzwasser aufgerauhte Stimme sowie die anderer Männer, die ihm helfen wollten, drangen heraus. Unbeirrt stürmte Evangeline hinein.
Er stand mitten im Raum, nackt bis zur Hüfte, und seine Haut glänzte feucht. Seine Stiefel lagen neben ihm, und Pfützen bildeten sich um seine bloßen Füße. Der Steward kam mit einer Decke auf ihn zu.
Evangeline eilte auf ihn zu und schlang die Arme fest um seinen Oberkörper.
Überrascht und unsicher auf den Beinen, trat er einen Schritt zurück. Doch Evangeline ging mit ihm. Sie hörte das Vibrieren in seinem Brustkorb, konnte aber nicht verstehen, was er sagte.
Die Wolldecke, die ihm jemand über die Schultern geworfen hatte, fühlte sich kratzig an.
»Ihr Kaffee, Sir«, sagte Seward hinter ihr. »Der Koch hat Brandy hineingetan. Trinken Sie!«
»Stellen Sie ihn dorthin. Sind wir wieder auf Kurs?«
»Ja, Sir. Und der Sturm legt sich. Ist alles … ähm … in Ordnung?«
»Ja.« Seine großen Hände lagen auf Evangelines Rücken. »Es wird schon wieder.« Er zögerte. »Das haben Sie gut gemacht, Seward.«
»D-danke, Sir«, stammelte Seward. »Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Ja, sehr gut. Dann gehen Sie wieder hinauf. Sie werden gebraucht.«
»Ja, Sir. Cyril, komm mit!«
Evangeline hörte, wie Cyril leichtfüßig aus der Kabine lief, gefolgt von Seward. Dann wurde die Tür geschlossen.
Da sie ihr Gesicht an Austins Brust gepresst hatte, konnte Evangeline nicht sagen, ob sie allein waren oder nicht. Und es war ihr auch gleich. Sie umklammerte Austin, als wollte sie ihn nie wieder loslassen. Seine feuchten Brusthaare kitzelten ihre Wange, und sie konnte sein Herzklopfen hören, langsam und regelmäßig.
Seine Finger tauchten in ihr Haar, und er zog ihren Kopf zurück. »Es ist alles gut, Evangeline.«
Sein schönes Gesicht mit den dunklen Augen verschwamm vor ihr. »Ich dachte, Sie wären für immer fort!«
Er lehnte das Kinn auf ihr Haar. »Nein, ich bin hier, gesund und munter.«
»Und so kalt.« Er fühlte sich eiskalt und immer noch feucht an. »Sie müssen sich aufwärmen.«
Sie zurrte die Decke fest über seine nackte Brust und griff nach dem Kaffee. Mit dem Dampf stieg das bittere Aroma auf und erhitzte die Tränen auf ihren
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