Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
immerhin war von der uncharmanten Botschaft nichts mehr zu erkennen.
»Wow!«, entfuhr es Suna, als sie das Innere des Hynsteblom betrachtete. »So toll hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
Tatsächlich war das Geschäft ziemlich klein, aber elegant und geschmackvoll eingerichtet. Obwohl Suna in den Ermittlungsakten schon Bilder davon gesehen hatte, war sie beeindruckt. Auf Regalen aus dunklem Holz und mattiertem Edelstahl waren Bilder und Skulpturen aus verschiedenen Materialien ausgestellt, die alle die Insel Sylt und das Wattenmeer zum Thema hatten. In einer Vitrine, deren Beleuchtung noch nicht eingeschaltet war, erkannte sie modernen Schmuck. Zusätzlich gab es ein paar Regale mit Büchern und einige ausgesuchte Kleidungsstücke. Mit einem geübten Blick auf einen Schal aus Rohseide stellte Suna fest, dass die Sachen ihre Preisklasse bei Weitem überstiegen.
»Wirklich, sehr schön«, meinte sie, nachdem sie alles begutachtet hatte.
»Danke.« Fenja schien zu spüren, dass die Ermittlerin es ehrlich meinte. Sie lächelte, und es war das erste Mal, dass ihr Lächeln weder gequält noch verlegen wirkte.
»Gibt es hier irgendwo eine Stelle, wo ich mich ein bisschen breitmachen kann?« Suna klopfte auf ihre Umhängetasche, die ihren Laptop enthielt, auf dem sie alle für den Fall relevanten Informationen abgelegt hatte.
Fenja wies auf eine schmale Tür, die sich direkt neben der Treppe nach oben befand. Die Stufen führten vermutlich zu Fenjas Wohnung im ersten Stock. »Da ist ein kleiner Abstellraum. Eigentlich war er mal als Büro gedacht, aber ich habe meinen Schreibtisch oben in meiner Wohnung. Momentan stehen nur ein paar Kisten darin. Wenn Sie wollen, kann ich die wegräumen. Dann hätten Sie genug Platz.«
Suna nickte. »Das wäre klasse. Dann könnte ich auch immer mithören, was im Laden gesprochen wird, ohne dass die Kunden mich sehen. Vielleicht fällt mir ja etwas auf, was hilfreich sein könnte. Manchmal hören Fremde mehr als die Betroffenen selbst.«
Während Fenja mit Carolins Hilfe den kleinen Raum leerräumte, brachte Suna ihre Sachen in die Wohnung im Haus gegenüber, die Fenjas Freundin gehörte. Wie erwartet war sie größer und wesentlich luxuriöser als Sunas Dachwohnung in Lübeck, allerdings genauso unordentlich. Wie Suna selbst schien Fenjas Freundin das organisierte Chaos zu schätzen – oder sie schaffte es einfach nicht, penibel Ordnung zu halten. Suna grinste. In beiden Fällen empfand sie solidarische Sympathie für die unbekannte Frau. In dieser Wohnung konnte sie sich auf jeden Fall wohlfühlen.
Nachdem sie alles verstaut hatte, lief sie wieder über die Straße zum Hynsteblom zurück, in dessen Hinterzimmer sie sich einen provisorischen Arbeitsplatz einrichtete.
Ein paar Minuten vor zehn, noch bevor Fenja ihren Laden aufschließen konnte, klopfte jemand an die Tür. Ein großer, dunkelhaariger Mann von etwa dreißig Jahren stand davor und bückte sich etwas, um durch den Glaseinsatz ins Innere des Hynsteblom spähen zu können. Fenjas Miene hellte sich sofort auf, als sie ihn erkannte. Sofort eilte sie zum Eingang und schloss auf.
»Alles Gute zum Neuanfang wünsche ich!« Der Mann begrüßte Fenja mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und überreichte ihr mit einem schelmischen Grinsen einen Blumenstrauß. Danach wandte er sich Carolin zu, die ebenfalls einen Begrüßungskuss bekam.
»Danke, das ist echt lieb von dir. Ich hatte gehofft, dass du vorbeikommst.« Fenja strahlte und deutete mit einer Handbewegung auf Suna. »Das ist übrigens Suna Lürssen, eine Privatdetektivin aus Lübeck. Ich habe sie beauftragt, ein bisschen über die Hintergründe zu recherchieren. Naja, du weißt schon ...«
Sie lächelte traurig, dann wandte sie sich an Suna. »Das ist Kristian Petersen. Er ist Fotograf und sozusagen mein Nachbar. Ihm gehört der Laden direkt neben dem Hynsteblom.«
»Freut mich.« Suna musterte den Mann prüfend, als sie ihm die Hand schüttelte. Er bemühte sich sichtlich um eine freundliche Miene, aber Suna war sein kurzes Zusammenzucken nicht entgangen, als ihre Auftraggeberin sie vorgestellt hatte. Genau wie Carolin schien er von ihrer Anwesenheit wenig begeistert zu sein.
Sunas Eindruck bestätigte sich sofort.
»Ach, Fenja«, meinte Kristian mit besorgtem Gesichtsausdruck, »ich verstehe dich ja, aber meinst du nicht, es wäre besser, das Ganze einfach auf sich beruhen zu lassen? Es ist jetzt so lange her, und so langsam solltest du wirklich wieder
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