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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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ruhten auf uns, verfolgten jede unserer Gesten. Alice seufzte, als Louan mein Gesicht umfing und mich spontan küsste.
    Sein Geschmack war schärfer geworden. Brennend und leidenschaftlich.
    Wie beim letzten Vollmond, als wir uns drei Nächte lang um den Verstand geliebt hatten. Er berauschte mich in einer Weise, dass ich fast vergaß, wo wir uns befanden. Seine Hände wanderten unter mein Hemd, sein Atem war so heiß, als hätte er starkes Fieber. Blicke durchbohrten mich wie imaginäre Nadeln.
    „Was ist los?“, wisperte ich an seinen Lippen. „Ist es das, was ich denke?“
    Er stieß ein dunkles Knurren aus und schauderte am ganzen Körper. „Ja. Nur viel schlimmer.“
    Mein Gott, seine Stimme klang unendlich verführerisch. Sie vibrierte vor Lust, kroch über meinen Körper und sickerte hinunter zu einer Stelle, die sich plötzlich anfühlte, als verwandele sie sich in Lava.
    Ich warf einen Blick in die Runde. Stephen und Paul gafften mürrisch, die Mädchen schmachteten uns an. Jede einzelne schien sich an meine Stelle zu wünschen. Ich hätte mich geschmeichelt fühlen sollen, stattdessen wuchsen die eisigen Klümpchen in meinen Eingeweiden. Louan strahlte eine unglaubliche Hitze ab. Er wand sich, bebte und schauderte, konnte keine Sekunde die Finger von mir lassen und gab leise, gurrende Geräusche von sich, die mich entzückten und zugleich erschreckten.
    Grundgütiger, wie gerne wäre ich jetzt allein mit ihm.
    Doch irgendetwas stimmte nicht. Er war anders als beim letzten Vollmond. Unkontrollierter. Unberechenbarer.
    „Wie ist es so in Brighton?“, fragte Suzie, eine blonde Naturschönheit, die bisher jeden Jungen um ihre manikürten Finger gewickelt hatte. „Willst du wirklich Meeresbiologie studieren? Ist das nicht kompliziert?”
    „Nicht wirklich.“ Louan rutschte weg von mir, als hätte ich ihn verbrannt, und nahm eine Handvoll von den kandierten Erdnüssen, die Alice mitgebracht und in eine Holzschale geschüttet hatte. Sein Blick huschte gehetzt hin und her. „Und Brighton ist wie jede andere Stadt.“
    Louans Hände zitterten, als er ein weiteres Mal in die Nussschale griff. Sein Gesicht glühte wie ein Hochofen. Oder war es nur der Widerschein der Flammen? Als er mich ansah, verschwand alles um mich herum in einem surrealen Nebel. Ich driftete in die Tiefe seiner Augen. Ich sah weiche Lippen, deren Berührungen ich auf meinem Körper bereits zu spüren glaubte. Ich fühlte silbergestreiftes Haar durch meine Finger gleiten wie nasse Seide. Nur von fern erreichte mich der Text des gerade laufenden Liedes.
    Waiting for the end to come.
    Wishing I had strength to stand.
    This is not what I had planned.
    It’s out of my control.
    Wieder blickte Louan zum Mond hinauf. Sein Zittern nahm zu, ließ den gesamten Körper beben. Von Minute zu Minute wurde er unruhiger. Der Drang, seiner Natur zu folgen, wurde augenscheinlich unerträglich. Das Tier in ihm wollte dem Ruf der See und der Paarung folgen. Es wollte frei sein.
    Wild und ungehemmt.
    War er bei mir, weil er mich liebte? Oder weil er wusste, dass er in der Nähe der Menschen sicherer war als dort draußen? Ich musste der Tatsache ins Auge sehen. Das hier war nicht seine Welt, auch wenn ein Teil von ihm einst hierhergehört hatte.
    Ich war nicht besser als jemand, der versuchte, einem wilden Tier Kleidung anzulegen und es zu vermenschlichen.
    „Du willst weg.“ Ich flüsterte es in sein Ohr, so leise, dass das Knistern des Feuers und das Rauschen der Wellen meine Stimme fast verschluckten. „Du willst nach dort draußen, nicht wahr?“
    Louan sah mich an. Ein unbändiges Verlangen brannte in seinen Augen. Nach mir? Nach der Tiefe des Meeres?
    „Ich will nirgendwo anders sein als bei dir. Es ist nur der Mond. Er ist stärker dieses Mal.“ Seine Muskeln verkrampften sich, als das Gestirn zwischen den dahinziehenden Wolken auftauchte und sein silbernes Licht auf uns ausgoss. „Viel stärker. Ich kann es kaum noch kontrollieren.“ Verlegen zog er den Kopf zwischen die Schultern. „Tut mir leid, dass ich nicht stärker bin. Normalerweise ist es nicht so schlimm.“
    „Ich verstehe schon. Aber denke daran. Ruth und Aaron sind noch immer hier. Sie beobachten uns wahrscheinlich auch heute Abend.“
    Mein Blick schweifte umher. Es war ein Leichtes, sich zwischen den Felsen oder oben auf den Klippen zu verstecken. „Wenn du gehen musst, sei vorsichtig.“
    „Nur mit dir zusammen.“ Louans Stimme bebte.
    Die Nacht war frisch und klar,

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