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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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sehr Dummes zu tun. Ohne sein Zutun hätte sie längst die Grenze zur Kriminalität überschritten, daran zweifelte Aaron nicht im Geringsten. Und er zweifelte ebenso wenig an der Tatsache, dass er die Grenzen seiner Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. Länger konnte er Ruth nicht in Zaum halten. Ebenso gut konnte er sein Glück darin versuchen, sich einer Stampede wild gewordener Galloways in den Weg zu stellen.
    „Wenn er uns heute keinen Beweis liefert, gehen wir morgen ins Haus.“ Ruth drückte ihm das Nachtsichtgerät vor die Brust. Das konnte nur bedeuten, dass sich vor ihnen dieselbe Szene wie seit zwei Stunden abspielte. Feiernde, lachende Jugendliche, gedrängt um ein Lagerfeuer.
    „Das werden wir nicht.“ Aaron spürte wieder den Würgegriff seines schlechten Gewissens. Zwei Wesenheiten, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, fochten in ihm einen Kampf aus. Auf gewisser Ebene teilte er Ruths Eifer und Faszination, auf der anderen wusste er, dass es falsch war, was sie taten. Er war ein Mensch, der Wert auf sein Karma legte. Seine Eltern hatten ihm die Liebe für alles Lebendige in die Wiege gelegt, und die Unerträglichkeit des Gedankens, ihr Erbe mit Füßen zu treten, trug diesmal den Sieg davon.
    „Erwischen die uns, ist alles aus“, drang er weiter auf Ruth ein. „Sieh ihn dir doch an. Das ist kein Seehundmensch, zum Teufel. Das ist einfach nur ein Junge, der dich mit Hilfe eines Grafikprogramms fürchterlich verarscht hat.“
    „Oh bitte“, ätzte sie. „Das glaubst du doch selbst nicht.“
    Stimmt , antwortete er in Gedanken. Und du würdest mich mit bloßen Händen von innen nach außen krempeln, wenn du wüsstest, dass ich dich trotzdem von deinem Plan abbringen will.
    Aaron holte tief Luft und kramte einen Tonfall hervor, der respektvollen Spott ausdrückte. „Hast du in den letzten Wochen irgendetwas an ihm bemerkt, dass darauf hindeutet, dass er ein übernatürliches Wesen ist?“
    „Nein“, gab Ruth zerknirscht zu. „Aber ich weiß, dass es nur Tarnung ist. Ich weiß es hundertzehnprozentig, und du weißt es auch, also tu nicht so scheinheilig. Wir müssen etwas wagen, um zu gewinnen.“
    „Wer hat hier vorhin das Wörtchen Geduld erwähnt?“
    Verzweifelt suchte er nach einer Position, die bequemer war. Doch der harte Fels, hinter dem sie sich versteckten, machte dieses Unterfangen zu einer aussichtslosen Farce. Jeder Knochen tat weh. Ihm war kalt, das monotone Rauschen der Wellen schläferte ihn ein und Ruths Nähe gab ihm den Rest.
    Sensation hin oder her, er wollte nach Hause.
    Keine Nacht tat er ein Auge zu, entweder, weil sie durch die Gegend spionierten oder weil er neben Ruth im Bett lag und dank ihrer Anwesenheit unter einer solchen Erregung litt, dass sich eine gewisse Stelle inzwischen so anfühlte, als hätte ein Rudel Hunde darauf herumgekaut. Sie konnte natürlich wunderbar schlafen. Ein Widerspruch zu ihrer wilden Entschlossenheit.
    Kaum legte sie sich hin, befand sie sich schon im Tiefschlaf, während er an die Decke starrte und der Tatsache ins Auge sehen musste, dass er auf niedrigster Ebene ein Mann mit primitiven Trieben war, der sich einen Dreck dafür interessierte, ob die Frau neben ihm seine Moralvorstellungen mit Füßen trat.
    Frustriert blickte er durch das Nachtsichtgerät. Ihm wurde heiß und kalt vor Überraschung. Der Junge war aufgestanden, schulterte seine Tasche und rannte zusammen mit der Kleinen in Richtung Felsen, als sei der Teufel hinter ihm her. Wollte er einen sicheren Ort suchen, um sich zu verwandeln?
    Was tust du denn da?, fluchte er in Gedanken. Gib ihr bloß keinen Beweis. Geh zurück und spiel weiter Mensch.
    „Was ist los? Tut sich was? Gib her!“
    Ruths Instinkte funktionierten tadellos. Was auch immer seinen inneren Aufruhr verraten hatte, sie zog die richtigen Schlüsse daraus, riss ihm das Fernglas aus den Händen, sah hindurch und stieß ein Schnaufen der Erregung aus. Ihre Lippen hoben sich zu einem wölfischen Lächeln.
    „Diesmal entwischst du uns nicht. Diesmal kriegen wir, was wir wollen.“
    Sie rannte los, geduckt und lautlos. Selbst ohne Nachtsichtgerät sah Aaron, dass die beiden auf einen geschützten Abschnitt zuhielten, der dank aufragender Felsen nur von oben einsehbar war. Lag es am Gewicht oder am Alter, dass seine Schritte weit weniger leise klangen als die ihren? Außerdem schleppte er dieses verdammte Gewehr mit sich herum, das sperriger nicht hätte sein können.
    Steine klackerten unter seinen

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