Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
gefesselt.
»Hel –«
»Vorsicht, Junge.« Palairon schwenkte den Stab erneut. Nova, der Hel zu Hilfe kommen wollte, flog mehrere Meter über das Deck. Sein Aufprall schmerzte Hel fast noch mehr als die Silberdrähte. Bebend vor Entsetzen, fuhr sie zu Olowain herum. Er ignorierte sie standhaft und starrte in den Himmel, als würde er an seine Bibliotheksbücher oder das bevorstehende Abendessen denken. Erst als bei den Magiern hinter ihnen Tumult ausbrach, drehte er sich steif um.
Eine junge Magierin rang mit einem Mann, bis er sie endlich losließ. Atemringend machte sie einen Schritt vor. Es war Aricaa. Ihr Umhang war verrutscht und das Haar zerzaust, und doch stand sie so aufrecht inmitten der Magier, dass niemand sie mehr für ein Kind halten konnte – sie war eine erwachsene Frau geworden.
»Das könnt Ihr nicht tun, Euer Hoheit.« Sie wies mit ihrem kurzen Stab auf Nova und sah dabei Palairon an. »Ich kenne diese beiden Sturmjäger. Sie haben nichts getan. Sie würden nie etwas tun, das nicht im Dienste der Magierschaft stünde.«
Palairon wartete, bis ihre selbstsichere Hülle unter seinem Blick Risse bekam. »Das wird sich herausstellen«, sagte er. Dann streckte er den Stab nach Hel aus und drückte ihr damit gegen den Arm, um sie zum Losgehen zu bewegen.
Der Mann, mit dem Aricaa gerungen hatte, zog sie am Arm zu sich und lief entschlossen mit ihr davon. Aricaa versuchte erfolglos, sich zur Wehr zu setzen; Hel erkannte im Vorbeischreiten, dass es ihr Vater war, Argamon, der Magier von Har’punaptra. Ob er sich an ihre letzte Begegnung erinnerte, damals, als er Aricaa an Bord der Taube von Har’punaptra nach Aradon geschickt hatte? Wenn ja, dann ließ er es sich jetzt nicht anmerken.
»Hel«, stöhnte Nova und richtete sich schwerfällig auf.
»Alles in Ordnung!« Hel drehte sich zu ihm um, während sie mit Palairons Stab im Rücken unter Deck ging. »Mach dir keine Sorgen.« Woher nahm sie ihre Ruhe? Innerlich fror sie vor Panik.
Das Unterdeck war geräumig für ein Schwebeschiff. Edle Holzvertäfelungen schimmerten im Schein verschwenderisch vieler Leuchtkugeln. Palairon führte sie zwei Treppen hinab in einen Raum mit zwei Bullaugenfenstern an der Rückwand. Die Tür fiel zu und verschloss sich automatisch. Ein massiver Schreibtisch mit einem Sessel dominierte den Raum, davor stand ein schlichter Holzstuhl.
»Setz dich«, befahl Palairon.
Kaum hatte Hel Platz genommen, lösten sich die silbernen Fesseln und schnürten ihre Arme so fest auf die Stuhllehnen, dass ihre Haut zwischen den Drähten vorquoll.
»Warum fesselt ihr mich?« Ihre Stimme zitterte. Sie musste ganz sachlich bleiben. Den Magiern bloß keinen Grund geben, Gewalt anzuwenden.
Palairon trat an die Anrichte und schenkte sich Wein ein. Olowain blieb bei der Tür stehen, noch immer zu feige, Hels Blick zu erwidern. Der Puls hämmerte in ihren Schläfen. Fliehen. Alles in ihr wollte fliehen. Aber das war unmöglich, ausgeschlossen, wohin auch? Was sollten die Fesseln?
»Ich beobachte dich schon sehr lange«, sagte Palairon, den Rücken zu ihr gewandt. Sein Stab schwebte neben ihm, während er die Weinkaraffe schloss und zurückstellte. »Olowain, wiederholt, was ihr mir über das Mädchen berichtet habt.«
Olowain fuhr sich über die Lippen. »Wie gesagt habe ich in den Schriften, die ich studierte, kein Indiz dafür gefunden, dass besagte Fähigkeiten in der Vergangenheit schon einmal bemerkt und untersucht worden wären. Dass jemand magische Angriffe ohne ersichtlichen Schutz überlebt, dass jemand das Leben im Land sehen kann oder über eine geistige Verbindung zu fremden Wesen trotz räumlichen Distanzen verfügt, wird in keinem Buch erläutert, das ich je gelesen habe, und ich möchte behaupten, dass ich alle relevanten Bücher zu dieser Thematik kenne. So bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir es mit einem ganz und gar einzigartigen, nie dagewesenen Fall in der Geschichte der Magie zu tun haben.«
»Ein Fall? Ich bin ein Fall?« Hel starrte ihn an. »Meister Olowain, Ihr redet von mir! Ihr kennt mich doch! Sagt mir, was los ist!«
»Schweig.« Palairon warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Danke, Olowain. Die außergewöhnliche Sehfähigkeit des Mädchens war uns bereits bekannt. Aber jetzt sieht sie angeblich auch noch die Träger der Totenlichter. Angeblich .«
»Welchen Grund hätte ich, zu lügen?«, entgegnete Hel leise. Ihr Mund war trocken, die Worte klangen brüchig.
»Da gäbe es einige. Wir wollen
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