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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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einmal neben den Leichnam. Mit zitternden Fingern öffnete sie jedes einzelne Medaillon und die leuchtenden Gliedmaßen der Geisterwesen schwebten aus Blut und Silber ins Freie.

Die Eindringlinge
    M ercurin wollte ihr alles beibringen. Die Lehre der Elementarmagie, den Umgang mit ihrem Totenlicht und das Sprechen mit dem Lebendigen Land.
    »Es ist nicht so wichtig, was du dem Lebendigen Land sagen willst. Wichtiger ist, dass du das Lebendige Land hörst. Dann wirst du merken, dass sein Wille und deiner derselbe sind.« Er stellte sich hinter sie und nahm ihre Hände, um sie anzuheben. Vor ihnen lag das flache Steinbecken des Wasseraltars, hoch oben auf einer der Felsenterrassen von Hellesdîm. Hel spürte seinen Atem im Nacken, als er leise sprach. »Du bist nur ein Funken, getrennt vom ewigen Lebensfeuer des Tiefen Lichts. Kehre zu ihm zurück … fühle deine Lebendigkeit, vergiss dein Ich. Dann wird sich der Geist des Regens mit dir vereinen. Du wirst ihn hören. Dein Ich ist nur noch ein Gedanke: Regen! Und dann wird es regnen.«
    Hel versuchte sich zu konzentrieren. Wolkendecken räkelten sich über Hellesdîm, doch der Regen fiel nur jenseits des ringförmigen Abgrunds, der die Heiligen Hallen umschloss. Sie dachte an das Wasser, das Mercurin einst aus dem trockenen Wüstenboden hervorgezaubert hatte. An seine Haarsträhnen, die ihr auf der Schulter kitzelten.
    »Trenne dich von deinem Ich, Hel … vergiss das Körperliche. Fühl das Licht.« Seine Hände glitten aus ihren. Mit dem Verlust seiner Berührung schien auch sie selbst fortzugleiten. Sie atmete flach aus. Plötzlich fielen drei, vier, ein Dutzend dicker Tropfen aus dem Himmel. Erschrocken blickte sie auf.
    »Denk an das dunkle Herz!«, beschwor sie Mercurin. »In dir schlägt die Macht der alten Druiden. Konzentriere dich. Der Regen soll das Steinbecken füllen!«
    Hel starrte auf den Altar und wiederholte den Befehl in sich. Doch der Regen verschwand abrupt, nur ein Tropfen rollte ihr noch über die Nasenspitze. Sie ließ die Hände sinken. Mercurin fing sie gleich wieder ein.
    »Gib nicht so schnell auf. Du kannst es!«
    Sie drehte sich halb zu ihm um. »Ja, vielleicht. Aber …«
    Irgendetwas veränderte sich in seinem Gesicht. Eine stille Enttäuschung härtete seinen Blick. »Aber du willst es nicht.« Immer wieder bemerkte sie solche Blicke an ihm und sie hatte Angst davor.
    »Doch«, beteuerte sie eilig. »Ich will alles wissen und alles können, was du kannst.«
    Er schlug die Augen nieder und nickte. »Es ist viel, was ich dir beibringen muss. Aber du hast ein Totenlicht. Du wirst alles schnell erlernen. Wenn du es wirklich möchtest.« Er klang niedergeschlagen. »Versuch es noch einmal«, bat er. »Den Regen zu rufen, ist der erste Schritt. Danach kannst du mit den Seen und Flüssen, mit dem Meer sprechen.«
    Kurz darauf liefen Hel und Mercurin nass bis auf die Knochen in den Schutz der Steinhallen. Draußen stürzte ein Platzregen auf Hellesdîm nieder, sogar Hagelkörner sprangen über die Felsen. Lachend taumelte Hel gegen die Wand und Mercurin drängte sich an sie.
    »Du bist gefährlich«, murmelte er. Aber langsam wich die Strenge aus seinem Blick und ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Mit einem Ruck warf er seinen tropfnassen Umhang ins prasselnde Grau vor dem Halleneingang. Er schüttelte sich. Wassertropfen sprangen aus seinen Haaren. Er zog das durchnässte Wams aus und wrang es aus.
    »Mir ist kalt.«
    Hel beobachtete ihn, fuhr mit dem Blick die Kontur seiner Schulterblätter nach, die Form seiner Arme. Er war so schön. Sie ging auf ihn zu und legte die Hände auf ihn. Ihn berühren zu können, schien wie ein Wunder. Er war ein Wunder. Sie legte den Kopf an seine Halsbeuge.
    Der Regen trommelte, als gäbe es keine Zeit. Mercurin zog sie an sich heran. Er musste sich hinabbeugen, um ihr Gesicht zu küssen. Obwohl er viel größer war, fühlte Hel sich in seiner Nähe nicht eingeschüchtert. Sie waren beide gleich verletzlich, einander gleichermaßen ausgeliefert.
    Er strich ihr über die Wange, musste verwundert lächeln, als könne auch er nicht glauben, dass sie sich halten durften. Wahrscheinlich durften sie es nicht. Sie taten es trotzdem. Er schien etwas sagen zu wollen, aber dann legte er nur die Stirn an ihre und schwieg. So standen sie da, nass und zitternd zwischen ihrem warmen Atem und der kalten Luft, unfähig, den Moment verstreichen zu lassen.
    Er erzählte ihr alles über den Kult der Druiden. Die Gebete.

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