Sturmkaempfer
durften, wie sie wollten. Tila hatte vier antike Stücke von ihrer Großmutter geerbt und liebte sie innig.
»Lord Isak«, rief eine Wache am Fuß der Treppe. »Ihr werdet erwartet. Dort entlang.« Er wies nach links zur großen Halle, wo die letzte Tür vor dem Zugang zum Saal offen stand. Schwertmeister Kerin stand im Durchgang und wirkte in seiner formellen Uniform, einer Gardeausgabe der Wappenröcke der Palastwache in Schwarz und Weiß, befangen. Der Schwertmeister verbeugte sich, als Isak näher kam, was Isak ein verwundertes Stirnrunzeln entlockte. Noch heute Morgen hatte ihn Kerin auf dem Übungsplatz mit Flüchen bedeckt.
»Da drin«, murmelte er. »Entspann dich und tu, was man dir sagt, auch wenn du es nicht willst. Der Mann wird dir in den Geist sehen. Das ist gefährlich, also wehre dich nicht und ›versuche‹ auch nicht selbst etwas, verstanden?«
Isak nickte und Kerin ging rückwärts durch die Tür, um den Krann in den herzoglichen Audienzsaal zu lassen, einen fünfzehn Meter langen Raum, in dem nur der Zeremonienthron des Lords der Farlan stand. Man nutzte den Raum heutzutage selten, da die meisten Anfragen und Klagen über Lesarl liefen. Der Haushofmeister unterhielt Arbeitszimmer im Tirah-Palast und in den Kalten Hallen, dem einstigen Palast und nun Sitz der Stadtverwaltung an der Nordseite des Irienn-Platzes. Er war dafür bekannt, dass er auch bei schlechtem Wetter Leute draußen Schlange stehen ließ, nur um sicherzugehen, dass ihre Angelegenheit wichtig genug war. Von seinem persönlichen Arbeitszimmer
aus hatte man einen hervorragenden Blick auf den Platz.
Im Innern verstummte eine Gruppe von Männern und wandte sich ihm zu. Lord Bahl saß, in formeller Kleidung und mit einem silbernen Band um seinen maskenbedeckten Kopf, auf dem herzoglichen Thron. Neben ihm, auf einem behelfsmäßigeren Stuhl, hatte sich der Hohepriester niedergelassen. Die roten und gelben Blitze auf seiner dunkelblauen Robe wiesen ihn als Anhänger Larats aus. Ein weiterer Priester in einer ebensolchen Robe stand neben dem Stuhl des Hohepriesters.
Entgegen Isaks Befürchtungen sah der Mann – Afger Wetlen, hatte ihm Tila verraten – keineswegs wie ein hinterhältiger Anhänger Larats aus. Der Hohepriester war ein knochiger alter Mann mit einer kränklichen Hautfarbe und wässrigen Augen. Er schien genug Schwierigkeiten damit zu haben, aufrecht zu sitzen, als dass er sich der Ränke eines heuchlerischen Gottes annehmen könnte. Der scharfäugige Priester, der den Ellbogen seines Meisters stützte, war hingegen eine ganz andere Sorte Mann, aber Isak erinnerte sich daran, dass die meisten Leute ein Weißauge so ansahen und es keinen Grund gab, da etwas hineinzudeuten.
Vier Novizen drängten sich in ihrer Begleitung in eine entfernte Ecke, wohl weil sie Angst vor Lord Bahl hatten. Man hatte sie vermutlich auch mitgebracht, weil sie Veranlagungen für Magie zeigten – diese traten meist während der Pubertät zutage. Wenn sie Magie auch nur im geringsten Maße spüren konnten, mussten sie Lord Bahls Gegenwart als besonders einschüchternd empfinden. Isak grinste sie breit an, worauf sie sich noch kleiner machten, und ging zu den sitzenden Männern hinüber.
Lord Bahl stellte Isak formell vor: »Hohepriester Wetlen, darf ich Euch meinen Krann vorstellen, den Erwählten des Nartis, Lord Isak.«
»Mein Lord.« Der alte Mann richtete sich mühsam, von dem
jungen Priester am Ellenbogen gestützt, auf. »Ich nehme an, Lord Bahl hat Euch von dem berichtet, was ich zu tun gedenke?«
»Nicht umfassend, zumindest keine Einzelheiten«, gab Isak zu und versuchte die Angst zu verdrängen.
»Es lässt sich nur schwer erklären, darum wollte er es sicher mir überlassen. Ich werde es tun, während wir uns vorbereiten.« Der alte Mann wies auf eine Tür in der Wand der Hauptkammer, die Isak nicht aufgefallen war. »Lord Bahl war so freundlich, mir die Nutzung einer Nebenkammer zu erlauben, da wir für diesen Zweck allein sein müssen.«
»Euer Eminenz?« Der junge Priester neben ihm wirkte sehr beunruhigt, aber Hohepriester Wetlen winkte ihn nur zur Seite.
»Es wird schon gehen. Deine Anwesenheit machte die Angelegenheit nur unnötig kompliziert«, sagte er fest. »Ich bin noch nicht so alt, dass ich ohne deine Hilfe nicht sitzen könnte.« Er holte aus, um seinem Assistenten einen Klaps zu geben, aber dann ließ er mit einem schmerzerfüllten Zischen davon ab. »Nun gut, hilf mir dort hinein, und dann lass uns
Weitere Kostenlose Bücher