Sturmkaempfer
offensichtlich es auch war, diese Aussage hat Lesarl einiges gekostet.«
»Nun, der Mann bekam bereits genug Geld und er verlangte, dass Lesarl ihm dabei helfen sollte, eine Ehe zu arrangieren. Er sabberte förmlich bei dem Gedanken.«
»Das Mädchen ist eine Zofe im Palast, oder? Ich kenne sie. Du würdest wahrscheinlich ebenfalls sabbern.«
»Das Mädchen ist vierzehn Sommer alt! Der Marschall von Quetek ist über sechzig und hat bereits einen erwachsenen Erben. Er braucht kein weiteres Weib.«
»Aber er wird eines bekommen, ob du es willst oder nicht. Und wenn du es schaffst, ihn davon abzuhalten, wird er sich ohne Zweifel seine Mägde ins Bett holen und sie hinauswerfen, wenn er sie leid ist. Wenn er aber heiratet, wird sein Verhalten gezügelt – und das Mädchen wird ohnehin verheiratet werden. Einen alten Marschall zu heiraten bedeutet für sie, recht bald eine vermögende Witwe zu sein. Denke das nächste Mal nach, bevor du den Älteren eine Moralpredigt hältst.«
»Ich hielt keine Moralpredigt. Ich mochte den Mann nur nicht. Warum sollte ich da den Mund halten?«
»Genau das ist es, was du lernen sollst.«
Isak verzog das Gesicht. »Vielleicht sollte ich das, aber ich habe kein Bedürfnis danach. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, mir Dinge zu verkneifen, zu schweigen, wenn ich recht hatte und jede Beleidigung von Männern entgegenzunehmen,
die ich in der Mitte durchbrechen könnte. Die Leute hassen mich vielleicht noch immer, aber jetzt müssen sie wenigstens vorsichtig damit sein.«
Für einen Augenblick wirkte Bahl besorgt, als erinnere er sich an eine sehr unangenehme Unterhaltung, dann murmelte er: »Gut, aber versuch dir keine weiteren Feinde zu machen. Die kommen schnell genug, ohne dass du dazu beiträgst. Jetzt geh und leere deinen Geist, bis der Priester kommt. Je ruhiger du bist, umso leichter wird es euch beiden fallen.«
»Isak, es wird Zeit.«
Isak antwortete nicht, hob nur die Hand, um Tila zu zeigen, dass er sie gehört hatte. Er saß auf einem Kissen im Schrein, hoch oben, unmittelbar unter dem Dach des Palastes. An jeder Wand befanden sich Szenen des jagenden Nartis, und die Decke zeigte einen Nachthimmel. Die zahlreichen Säulen des Raumes waren wie Bäume bemalt, deren Äste sich über die Decke spreizten und auf den Himmel trafen.
Das Zimmer war eine Oase der Einsamkeit, weit entfernt von der Unruhe des Palastes, wie nur die Reichen sie sich leisten konnten. Sogar in Isaks formellen Räumlichkeiten, großen, offenen Räumen im zweiten Stock, gab es immer Geräusche. Die Schritte der Bediensteten und Palastbewohner schallten in den Gängen, von draußen klangen das Klappern von Hufen und gerufene Befehle vom Übungsplatz herein.
Hier oben, wohin nur wenige kommen durften, konnte Isak in seiner seltenen Freizeit mit sich selbst allein sein. Wenn er nicht übte oder Lesarl zu zahlreichen Treffen hinterherlief, arbeitete er sich durch eine ganze Bibliothek voller staubiger Schriften, und lernte, wie er zugleich Politiker und eine religiöse Figur sein konnte. Er wankte unter dem Gewicht von beidem.
Dann wandte er seine Gedanken dem Mann zu, der unten auf
ihn warten würde. Lesarl hatte ihm beigebracht, zu keinem Treffen zu eilen, es sei denn, es fände mit einem alten Freund statt. Sogar bei Lord Bahl würde Lesarl in aller Ruhe einen geeigneten Zeitpunkt abwarten, seine Arbeit zu unterbrechen und dorthin gehen, wo man ihn erwartete. Und bei all dem wahrte er stets die Haltung. Wenn es eilig wäre, besäße Bahl nicht die Geduld, einen Boten zu schicken.
Auch wenn er ihn erst vor zwei Wochen erhalten hatte, wusste Isak diesen Rat doch schon zu schätzen. Er konnte nicht behaupten, dass er Lesarl mochte, aber sein Respekt für den Haushofmeister wuchs täglich. Der Mann konnte einen mit einem Lächeln und einem sanften Handschlag wütend machen. Isak hatte lernen müssen, dass es seinen Preis hatte, sich erzürnen zu lassen und für Einflussnahme zu öffnen. Lesarl besaß nun ein kostbares Anwesen in Anvee, das laut Lord Bahl ein Zeichen für die Lektion war, die Isak hatte erlernen müssen, als er seine Zustimmung in Wut erteilt hatte.
Lesarl schritt mit einer Aura fühlbarer Selbstsicherheit einher, durch die ihm die Männer beinahe die gleiche Ehrerbietung angedeihen ließen wie Lord Bahl. Diese starke Ausstrahlung war ebenfalls etwas, das Isak sich dringend angewöhnen sollte.
»Tila, hat man dir als Kind die Geschichte über Amavoqs Becher
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