Sturmkaempfer
bemerkt hatte, war der Ruf der Geschenke Isaks noch lauter geworden. Bahl war sicher, dass auch Isak es gefühlt hatte. Mehr als einmal hatte er am Fuß des Turms herumgelungert, statt in der großen Halle zu frühstücken.
Isak zog in der klammen Luft sein Hemd enger um sich, wodurch die Drachenbrosche in einen seltsamen Winkel gedreht wurde, mit dem Kopf nach unten, als wühle er sich durch den Boden. Es erinnerte Bahl daran, dass er schon seit sechs Monaten nicht mehr mit der Kreatur gesprochen hatte. Er hatte also keine Ahnung, wie sie auf Isaks Anwesenheit reagieren würde.
Der Zyklus eines Drachens bestand aus langen Zeiträumen der Ruhe und des Schlafens und dann – während der Paarungsrituale – aus etwa einem halben Jahrhundert der Zerstörung und des Schreckens. Im Austausch für einen sicheren Unterschlupf hatte Bahl das Versprechen bekommen, im Kampf Unterstützung zu erhalten, und dass die Zerstörung weit jenseits aller Farlan-Gebiete stattfand. Es war ein seltsamer Handel, aber die Kosten, einen Drachen zu ernähren, waren deutlich geringer als die, eine stehende Truppe zu unterhalten, die ihm gewachsen war.
Sie stiegen weiter nach unten, tief in den Schoß der Erde hinein, weit entfernt von neugierigen Augen. Da Isak nun an die Magie des Turms gewöhnt war, schätzte er die Entfernung auf die halbe Turmhöhe – ein langer Weg für eine Schatzkammer. Als er dies laut aussprach, erntete er nur ein freudloses Schnauben als Antwort.
Es war jetzt stockduster und Isak konnte gar nichts sehen, nicht einmal die Hand vor Augen, bis Bahl einige Worte murmelte. Isak nahm den schmutzig-sauren Geruch von Magie wahr und dann erschien ein Feuerball in Bahls Hand. Obwohl die Worte zu leise gesprochen worden waren, als dass Isak sie überhaupt hätte verstehen können, stiegen sie nun aus seinem Gedächtnis auf. Es war einer der vielen Zauber, die sich Isak in den letzten Wochen eingeprägt hatte, die ihm aber einfach nicht gelangen.
Sie befanden sich in einer Höhle, einem ausgehöhlten Bereich
etwa drei Meter hoch und breit. Die unfertigen Wände wiesen auf die Werkzeuge hin, die man zum Ausheben benutzt hatte. Die Flamme spendete gerade genug Licht um zu sehen, dass nicht einmal ein Fackelhalter an der Wand hing. Bahl führte ihn durch ein Loch in der Wand in einen sich windenden Tunnel, in dem sie hintereinander gehen mussten. Isak folgte Bahl und fragte sich, wo man ihn hinbringen würde.
Er versuchte erneut eine Unterhaltung über etwas anzustoßen, das ihm schon lange im Kopf herumging. »Mein Lord?«
»Hmm?«
»Was werde ich tun, wenn wir aus Lomin zurückkehren?«
»Du bist der Krann, tu was du willst.«
»Das meine ich nicht. Wenn ich mich im Kampf bewiesen habe, wenn ich Gaben wie die Euren besitze, was soll ich dann mit meinem Leben anfangen?«
Isak wusste, dass dies eine seltsame Frage war, aber in einer Nation voller festgelegter Rollen konnte er einfach keine finden, die er zu erfüllen vermochte. Zumindest nicht bis er der Lord der Farlan wurde, und das dauerte noch lange.
Bahl blieb stehen, aber seine Miene verbarg sich unter der Maske. »Was sollst du mit deinem Leben anfangen? Eine gute Frage, schätze ich.« Er ging gleich wieder los. »Du bist ein Lordprotektor. Du hast Ländereien und Besitztümer zu verwalten. Allein diese in Ordnung zu bringen kann Jahre dauern. Lesarl wird dir Listen aushändigen, die zum Besitz des Lordprotektors in Anvee gehören. Ich vermute, dass du eine ganze Reihe von Vertreibungen, Mietforderungen und Absprachen durchzuführen haben wirst. Das Getreide, das auf deinem Land wächst, gehört nun dir, wer es auch immer angepflanzt haben mag, deine Adeligen werden die Grenzen neu gezogen haben, dein Herrschaftssitz wird verfallen sein, deine Leibeigenen müssen gezählt werden …«
»Oh, mit Papierschnipseln herumspielen, Land vermessen, Geld zählen.« Isak konnte die Langeweile nicht verbergen.
»Jagen, Beizjagd betreiben, deine Magie üben, Pferde züchten, alte Aristokraten herumschubsen und ihre unschuldigen Töchter verführen. Ich vermute, du wirst es genießen. Man kann einen Büttel für die Verwaltungsarbeit einstellen. Hast du mehr erwartet?«
»Ich glaube …« Isak klang nun etwas schüchtern. »Nun, ich habe mich gefragt, ob Ihr mich auf diplomatische Missionen schicken würdet.«
»Du? Ein Diplomat? Was für ein interessanter Gedanke.« Isak lächelte bei Bahls Tonfall und war für jede Ungezwungenheit zwischen ihnen
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