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Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker

Titel: Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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schlechte Prophezeiung machen, wobei sie ihr ebenfalls den genauen Wortlaut von Lichtsangs Aussage mitteilten. Zumindest brachte die Übersendung des Gemäldes an den Gott dem Gläubigen ein gerütteltes Maß an Glück.
    Angeblich.
    Lichtsang entfernte sich von dem Bild. Ein untergeordneter Priester eilte herbei und nahm es ab. Vermutlich hatte der Gläubige es nicht selbst gemalt, sondern in Auftrag gegeben. Je besser das Gemälde war, desto positiver war die Reaktion, die man von den Göttern erhielt. Anscheinend hing die eigene Zukunft davon ab, wie viel man einem Künstler für ein Bild bezahlen konnte.
    Ich sollte nicht so zynisch sein, dachte Lichtsang. Ohne dieses System wäre ich vor fünf Jahren gestorben.
    Vor fünf Jahren war er gestorben, auch wenn er noch immer nicht wusste, was ihn damals umgebracht hatte. Hatte er wirklich einen heldenhaften Tod erlitten? Vielleicht war es verboten, über sein früheres Leben zu reden, damit niemand erfuhr, dass Lichtsang der Kühne in Wirklichkeit an einem Magenkrampf gestorben war.
    Der untergeordnete Priester lief mit dem Dschungelbild an ihm vorbei und verschwand. Es würde verbrannt werden. Solche Opfergaben wurden nur für einen bestimmten Gott geschaffen, und nur er– nebst einigen seiner Priester– durfte sie sehen. Lichtsang begab sich zum nächsten Werk an der Wand. Es war ein Gedicht, geschrieben in der farbenfrohen Schrift eines Kalligraphen. Die Farbtupfer darauf wurden stärker, als Lichtsang sich ihnen näherte. Die Kunstschrift der Hallandrener war ein spezielles System, das nicht auf Form, sondern auf Farbe beruhte. Jeder Farbpunkt stellte einen bestimmten Laut in der hallandrischen Sprache dar. Im Zusammenspiel mit einigen verschiedenfarbigen Doppelpunkten war so ein Alphabet geschaffen worden, das einen Alptraum für Farbenblinde darstellte.
    Nur wenige Menschen in Hallandren würden offen zugeben, dass sie diese besondere Beeinträchtigung besaßen. Zumindest hatte Lichtsang so etwas gehört. Er fragte sich, ob die Priester auch wussten, was sich ihre Götter so alles über die Außenwelt erzählten.
    Das Gedicht war nicht besonders gut; offenbar stammte es von einem Landbewohner, der jemanden bezahlt hatte, damit er es in Kunstschrift übertrug. Die einfachen Punkte waren ein Anzeichen dafür. Wahre Dichter benutzten verschlungenere Symbole, durchgehende Linien, welche die Farbe wechselten, oder farbenfrohe Glyphen, die Bilder formten. Man konnte eine Menge mit Symbolen anstellen, die ihre Umrisse änderten, ohne ihre Bedeutung zu verlieren.
    Die richtigen Farben einzusetzen, war eine hohe Kunst, die zu ihrer Perfektion mindestens der Dritten Erhebung bedurfte. Das war der Grad des Hauchs, auf dem jemand die Fähigkeit erlangte, die vollkommenen Farbtöne zu erspüren, so wie die Zweite Erhebung zum vollkommenen Gehör führte. Die Zurückgekehrten befanden sich auf der Fünften Erhebung. Lichtsang wusste nicht, wie es sein mochte, ohne die Fähigkeit zu leben, sofort die genauen Abstufungen von Farbe und Ton zu erkennen. Er war in der Lage, ein vollkommenes Rot von einem Rot zu unterscheiden, in das nur ein einziger Tropfen weißer Farbe gemischt war.
    Er behandelte das Gedicht des Bauern so wohlwollend wie möglich, obwohl er im Allgemeinen den Drang verspürte, ehrlich zu sein, wenn er die Opfergaben betrachtete. Er hielt es offenbar für seine Pflicht, und aus irgendeinem Grund war dies eines der wenigen Dinge, die er ernst nahm.
    Sie schritten die Reihe weiter ab, und Lichtsang machte seine Bemerkungen zu den verschiedenen Bildern und Gedichten. Heute war die Wand bemerkenswert voll. Stand ein Fest bevor, von dem er nichts gehört hatte? Als sie sich dem Ende der Reihe näherten, hatte Lichtsang keine Lust mehr, weitere Kunstwerke zu betrachten, obwohl er sich, durch den Hauch des Kindes befeuert, körperlich noch immer stark und beschwingt fühlte.
    Er blieb vor dem letzten Gemälde stehen. Es war ein abstraktes Werk. Dieser Stil wurde in der letzten Zeit immer beliebter, besonders bei Gemälden, die an ihn geschickt wurden, da er in der Vergangenheit solche Werke bisweilen mit positiven Worten bedacht hatte. Fast hätte er dem Bild vor ihm genau aus diesem Grund eine schlechte Note gegeben. Es war gut, die Priester im Ungewissen darüber zu lassen, was ihm gefiel. Zumindest waren einige Götter dieser Meinung. Lichtsang spürte, dass viele von ihnen sehr berechnend waren, wenn sie ihre Urteile abgaben, und absichtlich rätselhafte

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