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Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker

Titel: Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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verbergen.
    Der Mann saß auf einem Kistenstapel hinter ihr und ließ die Beine herunterhängen. Er war klein, dunkelhaarig und trug die typische Armenkleidung– eine Mischung von Kleidungsstücken in verschiedenen Stadien der Zerschlissenheit.
    » Ihr habt einen ziemlichen Aufruhr verursacht«, sagte der Mann.
    Sie stand reglos da.
    » Eine Frau mit dunklen Augen und weißem und zerzaustem Haar, die in einem wunderschönen weißen Kleid durch die Armenviertel läuft. Wenn nicht alle so durcheinander wegen des gestrigen Angriffs wären, hätte man sich schon vor Stunden um Euch gekümmert.«
    Der Mann wirkte irgendwie vertraut auf sie. » Du bist ein Idrier«, flüsterte sie. » Du warst dabei, als ich die Bandenführer besucht habe.«
    Er zuckte die Achseln.
    » Das heißt, du weißt, wer ich bin«, sagte sie.
    » Ich weiß gar nichts«, erwiderte er. » Vor allem nichts, was mich in Schwierigkeiten bringen könnte.«
    » Bitte«, sagte sie. » Du musst mir helfen.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
    Er sprang von den Kisten herunter, und plötzlich blitzte in seiner Hand ein Messer auf. » Euch helfen?«, fragte er. » Ich habe den Blick in Euren Augen bei diesem Treffen gesehen. Ihr schaut auf uns herunter. Genau wie die Hallandrener.«
    Sie wich vor ihm zurück.
    » Viele Leute haben Euch wie einen Geist herumwandern sehen«, sagte er. » Aber niemand scheint zu wissen, wo genau man Euch finden kann. In einigen Vierteln sucht man ziemlich emsig nach Euch.«
    Denth, dachte sie. Es ist ein Wunder, dass ich schon so lange in Freiheit bin. Ich muss etwas unternehmen. Ein Versteck finden.
    » Irgendwann wird man Euch finden«, sagte der Mann. » Also werde ich als Erster handeln.«
    » Bitte«, flüsterte sie.
    Er hob das Messer. » Ich werde Euch nicht ausliefern. Das zumindest habt Ihr verdient. Außerdem will ich keine Aufmerksamkeit auf mich lenken. Aber Euer Kleid wird viel Geld bringen, selbst in diesem schäbigen Zustand. Meine Familie könnte ich wochenlang damit ernähren.«
    Sie zögerte.
    » Wenn Ihr schreit, schneide ich Euch die Kehle durch«, sagte er gelassen. » Das ist keine Drohung. Es ist einfach nur unausweichlich. Das Kleid, Prinzessin. Ohne es seid Ihr besser dran. Jedermann erkennt Euch deswegen.«
    Sie dachte daran, ihren Hauch zu benutzen. Aber was war, wenn er nicht wirkte? Sie konnte sich nicht konzentrieren und hatte das Gefühl, dass sie die Kommandos nicht richtig einsetzen würde. Sie war unschlüssig, aber das vor ihr aufragende Messer überzeugte sie schließlich. Also richtete sie den Blick starr geradeaus und fühlte sich, als wäre sie jemand anderes. Sie hob die Hände und löste die Knöpfe.
    » Werft es nicht zu Boden«, sagte der Mann. » Es ist schon schmutzig genug.« Sie zog es aus und zitterte, denn nun stand sie nur in Unterhose und Hemdchen da. Er ergriff das Kleid und durchsuchte die Taschen. Als er das Seil fand, runzelte er die Stirn und warf es weg. » Kein Geld?«
    Benommen schüttelte sie den Kopf.
    » Die Unterhose ist aus Seide, nicht wahr?«
    Ihr Hemdchen reichte bis fast zu den Knien. Sie bückte sich, zog die Hose aus und gab sie ihm. Er nahm sie entgegen, und sie sah das Glitzern der Gier– oder vielleicht auch etwas anderes– in seinen Augen.
    » Das Hemd«, sagte er und wedelte mit seinem Messer vor ihr herum.
    Irgendetwas zerbrach in ihr.
    » Nein!«, schrie sie. » Nein, nein, NEIN! Nimm dein Kleid und hau endlich ab! Lass mich in Frieden!« Weinend fiel sie auf die Knie, packte eine Handvoll Schlamm und Abfall und beschmierte ihr Hemd damit. » Da!«, rief sie. » Du willst es haben? Dann nimm es. Verkauf es so, wie es ist!«
    Entgegen seiner Drohung zögerte der Mann. Er sah sich um, dann drückte er das wertvolle Kleid gegen seine Brust und schoss davon.
    Vivenna kniete weiterhin auf dem Boden. Woher waren die Tränen gekommen? Sie hatte geglaubt, keine mehr zu haben. Sie rollte sich zusammen, schenkte dem Abfall und Schmutz keine Beachtung und weinte weiter.
    Während sie zusammengekauert im Dreck lag, setzte der Regen ein. Es war einer der sanften, schwachen hallandrischen Schauer. Die Tropfen küssten ihre Wangen, und kleine Bäche rannen an den Mauern der Gasse herunter.
    Sie war hungrig und erschöpft. Aber mit dem Regen kam ein Stück Klarheit zurück.
    Sie musste weitergehen. Der Dieb hatte Recht gehabt; das Kleid war ihr hinderlich gewesen. In dem Hemdchen fühlte sie sich nackt, vor allem, da es jetzt nass war, aber sie hatte in den

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