Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
sie einfach nur mit der nächtlichen Schauspielerei aufgehört. Treledees’ Reaktion bewies aber zum Glück, dass ihre Komödie die Priester erfolgreich an der Nase herumgeführt hatte. Dafür war sie sehr dankbar. Vermutlich wussten sie noch nicht, dass Siri sich mit Susebron unterhalten konnte. Sie flüsterte nachts nur und hatte sich inzwischen sogar ebenfalls angewöhnt, auf die Tafel zu schreiben, damit die Täuschung nicht auffiel.
» Ihr müsst einen Erben gebären«, sagte Treledees.
» Und was ist, wenn ich das nicht tue? Warum bist du so erpicht darauf, Treledees?«
» Das geht Euch nichts an«, sagte er. » Es genügt zu sagen, dass ich Verpflichtungen habe, die Ihr nicht verstehen könnt. Ich bin den Göttern unterworfen und führe nicht Euren, sondern ausschließlich ihren Willen aus.«
» Wenn du deinen Erben haben willst, musst du das wohl ein bisschen anders sehen«, sagte Siri.
Treledees gefiel offensichtlich nicht, welche Richtung das Gespräch nun nahm. Er betrachtete eingehend ihre Haare. Irgendwie gelang es ihr, nicht einmal die kleinsten Anzeichen von Unsicherheit zu offenbaren. Er sah ihr wieder in die Augen.
» Du kannst mich nicht töten, Treledees«, meinte sie. » Nicht wenn du einen königlichen Erben haben willst. Du kannst mich nicht einschüchtern oder zwingen. Das ist nur dem Gottkönig möglich. Und wir beide wissen, wie er ist.«
» Ich weiß nicht, was Ihr damit meint«, sagte Treledees offen heraus.
» Ich bitte dich«, sagte Siri. » Hast du wirklich erwartet, ich schlafe mit einem Mann und bemerke dabei nicht, dass er keine Zunge hat? Dass er praktisch noch ein Kind ist? Ich bezweifle sogar, dass er ohne die Hilfe seiner Diener auf die Toilette gehen kann.«
Treledees wurde rot vor Zorn.
Das ist ihm nicht gleichgültig, bemerkte Siri beiläufig. Zumindest fühlt er sich persönlich beleidigt, wenn sein Gott beleidigt wird. Er ist Susebron doch mehr ergeben, als ich erwartet hatte.
Dann ging es wahrscheinlich nicht um Geld. Sie konnte sich nicht sicher sein, aber sie vermutete, dass er nicht die Sorte von Mann war, die die eigene Religion verschacherte. Was immer die Gründe für die Vorgänge im Inneren des Palastes waren, sie hatten vermutlich etwas mit wahrer Überzeugung zu tun.
Die Enthüllung dessen, was sie über Susebron wusste, war ein Risiko. Aber sie vermutete, dass Treledees kaum etwas anderes erwartet hatte. Da war es besser, dass sie ihm gegenüber so tat, als ob sie glaubte, Susebron habe den Geist eines Kindes. Sie gab ihm eine richtige Information und führte ihn mit der nächsten in die Irre. Wenn die Priester zu dem Schluss kamen, dass sie Susebron für einen Schwachkopf hielt, dann würden sie keine Verschwörung zwischen ihr und ihrem Gemahl vermuten.
Siri wusste nicht, ob sie das Richtige tat. Aber sie musste Informationen erhalten, sonst würde Susebron sterben. Und die einzige Möglichkeit, diese Informationen zu bekommen, bestand darin, selbst tätig zu werden. Sie hatte nicht viel, aber eines konnte sie anbieten, was die Priester unbedingt haben wollten: ihren Bauch.
Anscheinend besaß sie damit ein gutes Druckmittel, denn Treledees unterdrückte seinen Ärger und gab sich den Anschein der Gelassenheit. Er wandte den Blick von ihr ab und schaute am Palast hoch. » Wisst Ihr viel über die Geschichte dieses Königreiches, über die Zeit, nachdem Eure Familie… weggezogen ist?«
Siri runzelte die Stirn; diese Frage überraschte sie. Mehr als du ahnst, dachte sie. » Nicht wirklich«, sagte sie hingegen.
» Friedensstifter hat uns eine Herausforderung hinterlassen«, sagte Treledees. » Er hat uns den Schatz vermacht, der jetzt im Besitz unseres Gottkönigs ist– einen Reichtum an biochromatischem Hauch, wie ihn nie zuvor jemand gesehen hat. Es sind über fünfzigtausend Hauche. Er hat uns aufgetragen, sie zu beschützen.« Treledees drehte sich wieder zu Siri hin. » Und er hat uns befohlen, ihn nicht zu benutzen.«
Siri verspürte ein leises Frösteln.
» Ich erwarte nicht, dass Ihr versteht, was wir getan haben«, sagte Treledees. » Aber es war notwendig.«
» War es notwendig, einem Mann dafür Fesseln anzulegen?«, fragte Siri. » War es notwendig, ihm die Sprache zu nehmen und aus einem erwachsenen Mann für immer ein Kind zu machen? Er wusste nicht einmal, was er mit einer Frau anstellen sollte!«
» Es war notwendig«, bekräftigte Treledees und reckte das Kinn vor. » Ihr Idrier versucht nicht einmal, es zu verstehen. Ich
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