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Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker

Titel: Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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doch offenbar endet seine Herrschaft irgendwann, denn wozu brauchte er sonst einen Erben?
    Sie zitterte und wünschte, es wäre schon vorbei, doch gleichzeitig war sie für alles dankbar, was ihre Begegnung mit dem Gottkönig hinauszögerte, selbst wenn es sich dabei um etwas so Erniedrigendes wie das Herumtasten des Doktors an ihrem Körper handelte. Doch es war schnell vorbei. Siri zog wieder ihre Robe an und erhob sich.
    » Sie ist ziemlich gesund«, sagte der Heiler zu Blaufinger. » Und höchstwahrscheinlich noch Jungfrau. Außerdem hat sie einen ziemlich starken Hauch.«
    Siri erstarrte. Woher wusste er…
    Und dann sah sie es. Sie musste sehr genau hinschauen, doch der gelbe Boden um den Arzt herum wirkte ein wenig zu hell. Sie fühlte sich blass, und ihre Nervosität hatte bereits ihre Haare gebleicht.
    Der Doktor ist ein Erwecker, dachte sie. In diesem Raum befindet sich ein Erwecker, und er hat mich berührt!
    Sie schauderte, und ihre Haut zuckte. Es war falsch, einem anderen Menschen den Hauch zu nehmen. Es war die höchste Anmaßung und der idrischen Philosophie vollkommen entgegengesetzt. Viele Menschen in Hallandren trugen helle Farben nur, weil sie Aufmerksamkeit auf sich lenken wollten, aber die Erwecker… Sie stahlen den Menschen das Leben und hoben sich auf diese Weise hervor.
    Der Missbrauch des Hauchs war einer der Hauptgründe dafür, dass die königliche Familie ins Hochland gezogen war. Das moderne Hallandren lebte hauptsächlich davon, seinen Untertanen den Hauch zu entziehen. Nun fühlte sich Siri noch nackter als zuvor in ausgekleidetem Zustand. Was konnte dieser Erwecker aufgrund seines unnatürlichen Lebensgespürs alles über sie sagen? War er versucht, Siris Biochroma zu stehlen? Sie versuchte so flach wie möglich zu atmen– nur für alle Fälle.
    Endlich verließen Blaufinger und der schreckliche Arzt den Raum. Die Frauen näherten sich ihr, brachten Unterwäsche herbei und entkleideten sie abermals.
    Er wird noch schlimmer sein, begriff sie. Er ist nicht nur ein Erwecker, er ist auch noch ein Zurückgekehrter. Um zu überleben, muss er den Hauch anderer Menschen einsaugen.
    Würde er ihren Hauch nehmen?
    Nein, das wird nicht geschehen, sagte sie sich voller Überzeugung. Er braucht mich, damit ich ihm einen Erben aus der Blutlinie schenke. Er wird die Sicherheit seines Kindes nicht gefährden. Er wird mir meinen Hauch lassen, wenn auch vielleicht nur bis zur Geburt.
    Aber… was würde aus ihr werden, wenn sie nicht mehr gebraucht wurde?
    Ihre Gedanken wurden abgelenkt, als einige Dienerinnen mit einem großen Stoffbündel auf sie zukamen. Es war ein Kleid. Nein, eine Robe. Eine prächtige Robe in Blau und Silber. Es war besser, die Gedanken auf dieses Kleidungsstück zu richten, als auf die Frage, was der Gottkönig mit ihr machen würde, sobald sie ihm einen Sohn geboren hatte.
    Siri wartete still, als die Frauen ihr die Robe umlegten. Der Stoff fühlte sich verblüffend weich auf ihrer Haut an; der Samt war so zart wie die Blütenblätter einer Hochlandblume. Als die Frauen den Sitz der Robe prüften, bemerkte Siri, dass sie seltsamerweise nicht am Rücken, sondern an der Seite geschnürt wurde. Sie hatte außerordentlich lange Ärmel, und wenn Siri die Arme hängen ließ, reichte der Saum einen guten Fuß über ihre Fingerspitzen hinaus. Es dauerte einige Minuten, bis die Frauen die Schnüre korrekt gebunden hatten und die Schleppe gleichmäßig hinter ihr lag. Das alles dient dazu, dass es ganz schnell wieder ausgezogen werden kann, dachte Siri mit kalter Ironie, während sich ihr eine Frau mit einem Spiegel näherte.
    Siri erstarrte.
    Woher kam all diese Farbe? Die zartroten Wangen, die rätselhaft dunklen Augen, das Blau auf ihren Wimpern? Die tiefroten Lippen, die beinahe leuchtende Haut? Das Silber des Mantels schimmerte über dessen Blau; er war bauschig, aber wunderschön mit seinen zahlreichen samtenen Falten.
    So etwas hatte sie in Idris noch nie gesehen. Er war sogar noch erstaunlicher als die Farben, die sie an den Menschen in der Stadt bemerkt hatte. Sie starrte sich im Spiegel an und hätte ihre Sorgen beinahe vergessen. » Danke«, flüsterte sie.
    Das war offenbar die richtige Reaktion gewesen, denn die Dienerinnen lächelten und sahen einander an. Zwei ergriffen Siris Hände und waren nun nicht mehr so respektlos wie vorhin, als sie Siri aus der Kutsche gezerrt hatten. Siri ging mit ihnen; die Schleppe raschelte hinter ihr, und die anderen Frauen blieben zurück.

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