Sturmkönige 01 - Dschinnland
Wunde schoss und der Verletzte schreiend zur Seite stürzte.
Der andere Kerl stellte sich geschickter an. Breitbeinig blieb er auf dem Teppich stehen und zerrte einen Krummdolch unter dem Strick hervor, der seine schmutzige Lumpenkluft zusammenhielt.
Das Mädchen schrie erneut, dann einer der anderen Männer. Sie wehrte sich. Gut. Das würde das Pack hoffentlich lange genug beschäftigen, bis Tarik den Teppich und sich selbst in Sicherheit gebracht hatte.
Der Mann vor ihm konnte nicht wissen, wer ihm gegenüberstand. Sonst hätten ihn die Gerüchte über Tariks Reisen durchs Dschinnland zögern lassen. Sicher hätte ihn die Tatsache beunruhigt, dass der wütende Teppichreiter, der mit einer blutigen Lanze auf ihn zukam, bereits gegen gefährlichere Wesen gekämpft hatte als verlauste, heruntergekommene Diebe aus den Kloaken Samarkands.
Ehe der Mann wusste, wie ihm geschah, rammte Tarik ihm die Lanzenspitze in den Leib. In derselben Bewegung stieß er den Sterbenden beiseite, damit er nicht auf den Teppich blutete. Fieberhaft packte er eine Ecke des Gewebes und riss es an sich.
Einen Atemzug lang wog Tarik seine Chancen ab. Noch hatte keiner der anderen Reiter aufgeholt. Wenn er jetzt ins Muster griff und aufbrach, konnte er noch immer gewinnen.
Das Mädchen stieß erneut einen Schrei aus, diesmal gefolgt von einem heftigen Schlaggeräusch, das sie auf der Stelle verstummen ließ.
Widerwillig fuhr Tarik herum. Sie hatte ihn schon genug Zeit gekostet.
Dann fiel sein Blick auf ihr Gesicht, und für den Bruchteil einer Sekunde schoben sich vertraute Züge über das Antlitz der Fremden – schmale Konturen, dunkles Haar. Maryam.
Ein Schmerz durchzuckte ihn, traf ihn heftiger als jeder Angriff dieses Gesindels. Zornig schüttelte er den Kopf, versuchte, die Erinnerungen abzuschütteln. Vergeblich.
Er fluchte zwischen zusammengebissenen Zähnen, fasste den geborstenen Lanzenschaft fester und eilte dem Mädchen zu Hilfe.
Sabatea
Sie lag am Boden, nicht bewusstlos, aber benommen, die feinen Stoffbahnen ihres Kleides zu winzigen Knäueln verdreht, ein entblößtes Bein angewinkelt, das andere lang ausgestreckt. Ihr rabenschwarzes Haar war weit auseinandergefächert, Strähnen lagen über ihrem Gesicht.
Helle, fast weiße Augen blitzten dazwischen hervor. Tarik konnte nicht erkennen, wohin sie blickten, aber er hatte das verwirrende Gefühl, dass sie auf ihn gerichtet waren.
Einer ihrer Peiniger hatte sich aufgerichtet und stürmte Tarik entgegen, bewaffnet mit einem Knüppel, in dessen Spitze breite Dreikantnägel eingelassen waren. Ein zweiter folgte ihm und ließ das Mädchen unter der Aufsicht des dritten zurück. Waren da noch andere zwischen den Häusern? Tarik blieb keine Zeit, sich zu vergewissern. Seine linke Hand zerrte noch immer den Teppich hinter sich her. Mit der rechten aber warf er die zerbrochene Lanze in die Luft, fing sie umgedreht wieder auf – und schleuderte sie mit aller Kraft dem Mann mit der Keule entgegen. Der erkannte einen Sekundenbruchteil zu spät, was da durch den Rauch auf ihn zuraste. Die Spitze bohrte sich in seinen Bauch und riss ihn von den Füßen.
Der zweite Angreifer zögerte kurz, ehe er begriff, dass Tarik nun unbewaffnet war. Gerade wollte er sich auf ihn stürzen, als in seinem Rücken ein schriller Schrei ertönte. Abermals verharrte er und sah nach hinten. Auch Tarik konnte nicht anders und blickte zu dem Mädchen und dem dritten Mann hinüber.
Sie hatte ihre Chance genutzt. Irgendwoher hatte sie einen schmalen Dolch gezogen, gerade einmal so breit wie ein Finger und so lang wie zwei; sie musste ihn am Oberschenkel getragen haben, befestigt mit den beiden dünnen Riemen, die sie darum geschlungen hatte. Ihre Hand lag noch immer um den Griff der Waffe. Die Klinge aber steckte im Nacken des Mannes, der jetzt mit dem Rücken zu ihr in die Knie ging, noch immer brüllte wie am Spieß, aber offenbar keine Kontrolle mehr über seinen Körper hatte. Der Dolchstoß schien seine Arme und Beine gelähmt zu haben, und Tarik fragte sich, ob das ein Zufall war. Hatte sie gewusst, wohin sie die Klinge stoßen musste, um solch eine Wirkung zu erzielen? Der Dieb hockte jetzt am Boden, sein Oberkörper sank langsam vornüber. Die Wunde blutete kaum, und doch hatte Tarik keinen Zweifel mehr, dass der Mann gerade starb. Seine Augen verdrehten sich, dann fiel er mit dem Gesicht in den Staub.
Der letzte Angreifer ruckte wieder zu Tarik herum, aber seine Unschlüssigkeit hatte
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