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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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einen Herzschlag zu lange gedauert. Sie kostete ihn das Leben. Seine Züge verzerrten sich zu einer Grimasse, als er die Nagelkeule seines Gefährten auf sich zurasen sah. Tarik hieb sie ihm mitten ins Gesicht, riss ihn damit von den Füßen und ließ sie stecken, wo sie war.
    Er wartete nicht, bis weitere Männer aus dem Gasseneinschnitt in den Feuerschein treten konnten. Hastig zog er den Teppich zurecht, bis er flach ausgebreitet war, warf einen Blick nach oben, wo jeden Moment die nächsten Teppichreiter auftauchen mussten, und schob die Hand ins Muster.
    »Warte!« Das Mädchen lief auf ihn zu. »Nimm mich mit!«
    »Nein.«
    »Da sind noch mehr von denen zwischen den Häusern.«
    »Nicht mein Problem.«
    Sie drängte sich hinter ihm auf den Teppich, aber er stieß sie mit der flachen Hand von sich. Mit einem Stöhnen landete sie im Staub.
    Ihr Kleid war nicht zerrissen, das sah er jetzt; es war so freizügig geschnitten, dass sie ebenso gut überhaupt nichts hätte tragen können. Ihre Brüste hoben und senkten sich in einem empörten Auf und Ab, Schweißperlen glänzten dazwischen. Ihre Haut war auffallend hell, als hätte sie nicht oft die Sonne gesehen.
    »Sie werden mich auspeitschen«, zischte sie, als der Teppich sich langsam vom Boden hob.
    »Ihnen wird weit Schlimmeres einfallen, wenn sie dich in die Finger kriegen. An deiner Stelle würde ich schnell dorthin gehen, wo du hergekommen bist.«
    »Nicht die«, entgegnete sie verächtlich und zeigte auf die Sterbenden. »Die Soldaten des Emirs.«
    Tarik hob erstaunt eine Augenbraue. »Du erzählst mir, dass du auf der Flucht vor der Palastgarde bist – und glaubst allen Ernstes, das sei ein Grund, dich mitzunehmen?« Er konzentrierte sich wieder auf das Muster. »Wenn das ein Appell an meinen Anstand sein soll, mach dich auf eine Enttäuschung gefasst.«
    Sie rappelte sich hoch, warf einen nervösen Blick zur Mauer hinauf, dann trat sie erneut an den Teppich heran. Tarik schwebte nun auf Höhe ihrer Hüften und wäre längst wieder unterwegs gewesen, hätte da nicht das fremde Blut an seinen Händen geklebt; das Muster reagierte abwehrend darauf, sträubte sich gegen seinen Zugriff und gehorchte nur widerwillig. Tarik fluchte leise.
    Diesmal versuchte sie nicht, gegen seinen Willen auf den Teppich zu springen. Er machte sich darauf gefasst, dass sie ihn am Arm zurückhalten würde, und war bereit, sie erneut zurückzustoßen, diesmal heftiger. Doch sie tat nichts dergleichen. Stand nur da, stemmte die Hände in die Taille und starrte ihn aus ihren weißgrauen Augen an, die schön und geisterhaft zugleich waren. Ihr schwarzes Haar musste zu Beginn ihrer Flucht hochgesteckt gewesen sein; auf ihrer Schulter klammerte sich eine einzelne Bronzespange in die aufgelösten Strähnen wie ein schimmernder Käfer.
    »Bitte«, sagte sie nur.
    Tarik achtete nicht auf sie und sortierte das Geflecht des Musters zwischen seinen Fingern. Immer noch ertönten Schreie jenseits des Rauchs, zwischendurch ein Poltern. Weitere Teppichreiter hatten jetzt die Palastmauer erreicht und machten Bekanntschaft mit den Pfeilen und Lanzen der Wächter. Es war nur eine Frage von Sekunden, ehe einem oder zwei der Durchbruch gelingen würde. Die Soldaten konnten unmöglich alle erwischen.
    Das Muster gab allmählich seinen Widerstand auf und fügte sich seinen Befehlen.
    »Bitte«, sagte das Mädchen noch einmal. »Bring mich irgendwohin. Es muss nicht weit sein.«
    »Keine Zeit.«
    »Ich habe Gold. Ich kann dich bezahlen.«
    Sein Blick flackerte über ihren makellosen Körper unter den feinen Stoffschleiern. »Wo?«
    »Nicht hier. Aber ich kann welches besorgen.«
    Er schnaubte leise. »Ja, natürlich.«
    »Ich kann auch auf andere Weise bezahlen.«
    »Du blutest.«
    »Was? «
    »Deine Nase. Sie blutet.«
    Fahrig fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Oberlippe. Es war nur ein einzelner Blutstropfen, der sich dort gelöst hatte, aber er zog einen dunkelroten Streifen über ihre Hand.
    Der Teppich ruckte, bäumte sich auf und hätte Tarik beinahe abgeworfen. »Bei allen – « Wütend stieß er die Hand tiefer ins Muster, zog mit den Fingerspitzen einzelne Stränge zusammen, verknüpfte sie. Der Teppich stabilisierte sich wieder, schwebte abermals auf der Stelle.
    Oben auf den Felsen, unmittelbar vor dem Spalt in der Palastmauer, aus dem das Mädchen geschlüpft war, bewegte sich etwas. Feuerschein funkelte auf Eisen.
    Sie entdeckte die Soldaten im selben Augenblick. »Wenn sie mich

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