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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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schleuderte sie wie eine Lumpenpuppe von den Felsen, hinunter auf die Straße. Tarik hörte einen Aufschrei – eine Frau, ein junges Mädchen, vielleicht –, dann geriet der Teppich auch schon haltlos ins Trudeln, vom Aufprall aus seiner Bahn geworfen. Tarik verlor die Kontrolle, ehe er die Katastrophe wirklich erfassen konnte, klammerte sich mit einer Hand ins Muster, mit der anderen an den Teppichrand – und spürte zugleich, wie das Gewebe an Stabilität verlor, sich wellte, aufbäumte und einen Herzschlag später in einer engen Kurve abstürzte.
    Es gab nichts, was er tun konnte, selbst wenn ihm die Zeit dazu geblieben wäre. Ein tosendes Rauschen erfüllte seine Ohren, der Strom seines eigenen Blutes. Durchbrochen von stampfendem Herzschlag, schnell und immer schneller. Ein Anflug von Panik, schließlich Resignation.
    Dann für einen Augenblick gar nichts mehr.
    Das musste der Aufschlag gewesen sein, dachte er wie betäubt. Nichts gemerkt. Vielleicht war er tot.
    Aber er hatte sich getäuscht. Jetzt kam der Aufschlag. Und er brachte allen Schmerz mit sich, den er gerade noch vermisst hatte.
    Die jagende Geschwindigkeit, zu der er den Teppich getrieben hatte, wandte sich nun gegen ihn, schlug mit tausend Fäusten gleichzeitig auf ihn ein, hieb etwas vor seine Stirn, das sich wie ein Schmiedehammer anfühlte.
    Er spürte, dass er zum Liegen kam, auf Staub und Stein und noch etwas anderem, das mit Glück, wirklich verteufelt großem Glück, der verdrehte Teppich sein mochte.
    Dann begriff er, dass es ein Körper war, derselbe, den er oben auf dem Fels gerammt und in die Tiefe geschleudert hatte, zwei, drei Meter tief.
    Er versuchte sich aufzurappeln, erstaunt, dass ihm noch alle Glieder gehorchten. Nichts gebrochen. Noch bevor er nachsah, auf wen er gestürzt war, schaute er sich nach dem Teppich um. Er lag fünf Schritt entfernt, als wäre er nach dem Ausklopfen von der Leine gefallen. Nur ein gewelltes Stück Gewebe, dem nicht anzusehen war, dass es seinen Reiter gerade eben noch schneller als jedes Pferd durch die Nacht getragen hatte.
    Nicht weit entfernt vom Teppich klaffte ein Einschnitt zwischen den Häusern. Menschen bewegten sich in der Dunkelheit. Mindestens zwei oder drei. Geduckte Gestalten in zerlumpter Kleidung, Abschaum, der auf einen Moment wie diesen gewartet hatte.
    Tarik erwachte nur langsam aus dem Chaos aus Schock und Schmerz. Seine Wahrnehmung war noch immer getrübt. Er sah nach oben zu den Zinnen. Der Rauch lag wie eine Glocke über der Straße und schützte ihn vor den Augen der Soldaten.
    Nicht weit entfernt entdeckte er eine Lanze mit zerbrochenem Schaft. Hastig machte er einen Satz darauf zu – nach einem Sturz wie diesem war das nicht der beste Einfall. Aus dem Sprung wurde ein Taumeln, immerhin noch gezielt genug, um die Waffe mit wenigen Schritten zu erreichen. Er packte sie unterhalb der Spitze wie ein Kurzschwert, scharfer Stahl so lang wie sein Unterarm. Wirbelte herum. Und sah dreierlei.
    Zum einen die Gestalten in der Schneise zwischen den Lehmwänden. Zum anderen zwei Männer, die sich aus dem Schatten wagten und auf den Teppich zuhuschten. Und erst zuallerletzt das Mädchen, das sich benommen aufrichtete, genau dort, wo er es beim Absturz unter sich begraben hatte.
    Sie sah nicht aus wie jemand, der sich bei Nacht in den Straßen Samarkands herumtreiben sollte. Nicht in diesem Hauch von einem Kleid, das zerrissen oder verrutscht war und für einen Moment den Eindruck erweckte, dass sie splitternackt auf dem Boden kauerte, eine zierliche Gestalt, die im Feuerschein glühte wie aus Lava gegossen.
    Auch seine Gegner stutzten, unfähig sich zu entscheiden – zwischen dem halbnackten Mädchen und dem Teppich aus chinesischem Drachenhaar, der seinem Verkäufer ein kleines Vermögen einbringen mochte.
    Für einen endlosen Augenblick hielten sich beide Begierden die Waage. Dann stürzten sich die zwei Männer auf den Teppich, während die anderen drei Gestalten – ebenfalls Männer – aus dem Dunkel auf das Mädchen zuschnellten.
    Tarik stürmte an ihr vorbei und warf sich mit der zerbrochenen Lanze auf die beiden Kerle, die sich an seinem Teppich zu schaffen machten.
    Hinter ihm schrie das Mädchen auf, als der erste Mann sie erreichte. Tarik schaute sich nicht um. Er holte mit der halben Lanze aus und schlug sie ins Gesicht eines Mannes, der nicht schnell genug auswich. Der scharfe Stahl zerfetzte seine Wange, ließ blanke Zähne im Feuerschein schimmern, ehe Blut aus der

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