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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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unglaubliche Getöse hätte messen können, weil es nur noch Getöse gab.
    Tarik hörte Sabatea nicht mehr, auch sich selbst nicht, als er fluchte und schrie und den Teppich auf die Öffnung in der Felswand zujagte. Seine Ohren waren wie versiegelt vom Donnern der fallenden Neststadt. Die irrwitzige Geschwindigkeit des Teppichs rückte an den Rand seiner Wahrnehmung, genauso wie Sabateas Klammergriff um seinen Oberkörper. Es war ein Gerinnen der Welt um ihn herum, ein absurdes Verharren in Tempo, Lärm, Bewegung. Als könnte es nie wieder etwas anderes geben, nur diesen einen endlosen Ansturm von maßlosen Eindrücken, die sich gegenseitig übertrafen und aufhoben.
    Von oben raste die abstürzende Stadt auf sie zu.
    Vor ihnen kam das Tunnelloch näher.
    Die Ruine des Rochnestes schob eine Welle aus verdrängter Luft vor sich her, ein unsichtbarer Rammbock, der den Teppich und seine beiden Reiter nach unten drückte, für den Bruchteil eines Augenblicks aus ihrer Flugbahn warf und gefährlich nah an die Kuppeln der äußeren Pferche trieb.
    Arme streckten sich nach ihnen aus, Dutzende abgezehrte Hände. Verzerrte Fratzen zwischen den Gittern. Menschen, die sich an die Wölbung der Kuppel klammerten, kopfüber oder mit dem Rücken nach unten wie Affen, angetrieben von nichts als purem Überlebenswillen.
    Tarik brachte den Teppich zurück auf Kurs, raste wieder auf das Loch im Gestein zu.
    Über ihnen prallte die Hängende Stadt in ihrem Sturz gegen die Felswand, explodierte zu Millionen Splittern und Fragmenten, fiel weiter, kam näher -
    - war da!
    Der Teppich schoss in den Tunnel, ein, zwei Herzschläge, bevor hinter ihnen Tausende Tonnen Trümmer herabprasselten und die Pferche und Feuer unter sich begruben. Der Lärm des Aufschlags, der unzähligen Aufschläge, folgte ihnen in die Finsternis. Auf den rollenden Donner folgte eine Wand aus Staub, die hinter ihnen durch den Felstunnel raste.
    Sabatea hielt noch immer die brennende Keule. Die Geschwindigkeit ließ das Feuer auf die Größe von Kerzenflammen schrumpfen, die jeden Augenblick zu erlöschen drohten. Tarik konnte nichts sehen, lenkte den Teppich blind in die Dunkelheit und erwartete jeden Augenblick den Aufprall. Wenn der Tunnel plötzlich die Richtung änderte, würden sie am Fels zerschellen. Wie die Insekten, die bei den Rennen durch Samarkand auf seinem Körper zerplatzt waren.
    Das Muster zwischen seinen Fingern pulsierte, tastete womöglich selbst hinaus in die Finsternis, um Hindernissen auszuweichen oder die Flugbahn dem Verlauf des Tunnels anzugleichen. Hinter ihnen rollte die Woge aus Staub heran, ebenso schnell wie sie selbst, begleitet vom Widerhall der Zerstörung, dem Todesschrei der Hängenden Stadt.
    Es kam ihm vor, als rasten sie seit Stunden durch die Dunkelheit, obwohl es nur Sekunden sein konnten. Dann endlich blieb der Lärm zurück, das verzerrte Echo verhallte, und auch der Staub verfolgte sie nicht länger: Das Atmen fiel wieder leichter, die Flamme am Ende der Dschinnfackel loderte höher, flackernder Schein fiel auf die Wände des Tunnels.
    Tarik ließ den Teppich langsamer werden, brachte ihn in der Luft zum Stehen.
    Sie schwiegen. Atmeten. Lebten noch. Sein Herz hämmerte wie eine Faust gegen seinen Brustkorb. Seine Hand steckte noch immer im Muster. Sie fühlte sich an, als hätte er sie mit heißem Wasser übergossen. Die Stränge schienen zwischen seinen Fingern zu glühen. Ihre Geschwindigkeit hatte die letzten Reste von Feuchtigkeit getrocknet. Nur der Schweiß ließ seine Kleidung noch immer am Körper kleben.
    Geräusche außerhalb des Fackelscheins.
    Ein Knirschen. Ein Scharren.
    »War das vor uns?« Sabatea klang, als hätte sie zu viel Staub eingeatmet.
    Auch seine eigene Stimme jagte ihm einen Schrecken ein. »Könnte ein Echo gewesen sein.«
    »Ein Echo wovon?«
    Die Finsternis stand wie ein Wall vor ihnen. Der Fackelschein zuckte über die glatt geschliffenen Felsen, aber er endete so abrupt, als wäre da tatsächlich eine Wand, keine zwanzig Schritt von ihnen entfernt.
    Das Scharren ertönte abermals. Dann Rasseln und Schleifen.
    Gleich darauf etwas, das wie ein Schnauben klang.
    Tarik senkte seine Stimme. »Hast du gesehen, was sie in den Feuern verbrannt haben? Die großen Kadaver?«
    »Ja.« Ihr Blick verriet, dass sie seine Befürchtung teilte.
    »Wenn wir umkehren, ersticken wir womöglich im Staub.«
    »Wenn wir hier bleiben, hält uns das da vorn vielleicht für Dschinne. Für dieselben, die seine

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