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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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an.
    »Du also«, kam es über seine geplatzten Lippen.
    Mit eisiger Beherrschung trat Tarik vor und setzte einen Fuß auf den Rücken des verstümmelten Körpers. Beinahe hätte er ihn angewidert zurückgerissen, als seine Ferse auf keinen Widerstand stieß: Was von der Wirbelsäule des Dschinnfürsten übrig war, hatten die tonnenschweren Trümmer zu Brei zermalmt.
    Amaryllis drehte den verbliebenen Arm in der Gelenkpfanne nach hinten, bis er trotz seiner Bauchlage nach Tariks Bein greifen konnte. Seine Finger krallten sich in den weiten Stoff der Hose.
    Das eine Auge sah an Tarik vorbei in die höheren Regionen des Grottendoms, schien aber nichts mehr erkennen zu können.
    »Wie steht die Schlacht?«, fragte er brüchig.
    »Nicht gut für deine Krieger.«
    »Du solltest mich also nur… ablenken«, keuchte Amaryllis.
    Ablenken? Tarik schüttelte den Kopf. »Du hast zu viele Fehler gemacht. Der erste war der, dich einem menschlichen Körper anzuvertrauen. Hast du solche Angst gehabt, dass deine Visionen wahr werden könnten?«
    Amaryllis stieß ein Lachen aus, das noch grotesker wirkte, weil seine Mundwinkel sich nicht mehr bewegten. Sie waren erschlafft, das scheußliche Grinsen zu einer vernarbten Grimasse verwelkt. »Die Zukunft ist festgeschrieben. Der Blick meines einen Auges… die Welt ohne Dschinne, die ich gesehen habe… vielleicht ist es nicht aufzuhalten. Ich fing an, nach einem Weg zu suchen, nicht die Welt, sondern mich zu verändern. Bereit zu sein für diese neue Ära, mich anzupassen…« Amaryllis’ Hand schnappte auf und zu; jetzt umfasste sie Tariks Wade. »Du hältst für Wahnsinn, was du nicht verstehen kannst. Aber frag sie! Frag Maryam! Sie hat es begriffen. Mich zu verachten ist einfach, aber es wird dir nicht helfen. Sie dagegen ist viel weitergegangen. Und gerade das macht sie so gefährlich.«
    Er lachte erneut. »Du verstehst nichts, Menschensohn. Du siehst nur deinen Feind zu deinen Füßen und schaust zu, wie ich bei lebendigem Leib in Stücke zerfalle. Sag mir, fühlst du jetzt Triumph? Erleichterung? Du kommst nur her und erntest schale Genugtuung. So seid ihr Menschen schon immer gewesen. Erst der Magie habt ihr eure Welt zu verdanken, und doch fürchtet ihr sie. Selbst eure Magier habt ihr aus euren Reihen verbannt und sie uns in die Arme getrieben. Der Zauber, der uns erschaffen hat, ist derselbe, aus dem ihr geboren seid. Ihr glaubt, die Magie sei wild und unbeherrscht, aber das ist sie nicht. Sie tut nur endlich wieder das, was ihr all die Jahre unterdrückt habt: Sie schafft neues Leben, schafft Veränderungen, schafft eine Weiterentwicklung, wo zuletzt nur Stillstand war. Es geht nicht um uns und nicht um euch. Wir räumen nur hinter euch auf, und andere werden das nach uns tun. Vielleicht sogar eine neue, eine veränderte Menschheit. Das war es, was ich miterleben wollte. Du glaubst, es ging mir um die Unsterblichkeit?« Ein raspelndes Kichern. »Darauf seid allein ihr Menschen so versessen. Keine andere Kreatur lebt in solcher Furcht vor ihrer eigenen Vergänglichkeit.«
    »Tarik!« Sabatea kniete noch immer auf dem Teppich, nur wenige Schritte entfernt. Ihre Hand steckte im Muster, jederzeit bereit, den Befehl zum Aufsteigen zu geben. »Dschinne… weiter oben. Sie sind auf dem Weg hierher.«
    Er nickte, ohne ihrem Blick zu folgen. Zeit, dem hier ein Ende zu bereiten. »Du wolltest ein Mensch sein, Amaryllis. Um den Untergang der Dschinne zu überleben.«
    »Nein! Du begreifst noch immer nicht. Mir ging es nur um Wissen. Darum zu erfahren, was danach kommt. Was die Magie als Nächstes erschafft, wie sie die Welt verwandeln wird und das Leben darauf.« Er stieß ein verkrampftes Husten aus. »Wir tun nur, was unabwendbar ist. Wir Dschinne sind der neue Zyklus, wir sind die Gegenwart. Ihr seid Vergangenheit. Und womöglich auch die Zukunft. Dabei seid ihr diejenigen, die den Lauf der Welt aufhalten wollen, damit ihr ewig dieselben bleibt, erstarrt in eurer Ignoranz und eurer Furcht vor Wandlung. Verstehst du nicht? Das ist es, was wir beseitigen. Wir bereiten den Weg für die Nächsten – selbst wenn wieder nur ihr die Nächsten sein solltet.«
    Sabateas Stimme wurde eindringlicher. »Sie werden bald hier sein! Wir müssen verschwinden.«
    »Du sollst es auch sehen«, röchelte Amaryllis. »Du… auch.«
    Und damit packte seine Hand um Tariks Bein noch fester zu -
    - und etwas geschah. Ein Lodern. Ein brennender Schmerz, der durch vernetzte Bahnen aus der Klaue des

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