Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Dunkeln verschwinden, um sich einen Ring aus Flammenschein, der in der Ferne kleiner und kleiner wurde.
    Sabatea hatte es ebenfalls gesehen. »Willst du es versuchen?«, brüllte sie gegen den infernalischen Lärm von allen Seiten an.
    Tarik zog den Teppich herum. Das war ihr Glück, denn schon folgte ihnen ein Pfeil des dritten Bogenschützen und verfehlte sie nur um Haaresbreite.
    »Nicht ohne Junis«, knurrte er, nicht sicher, ob sie es hören konnte.
    Der Dschinn machte sich fieberhaft daran, einen neuen Pfeil an die Sehne zu legen. Tarik war schneller. Unmittelbar vor der Kreatur riss er den Teppich nach oben, rammte mit der Vorderkante die Stirn des langgezogenen Dschinnschädels und sah mit einem Blick über die Schulter, wie der Krieger leblos abstürzte. Im Hintergrund schraubte sich der Wirbelsturm mit seiner Menschenfracht empor – zwei, drei Dutzend Gefangene, die der Sturmreiter jetzt ungehindert davontrug.
    »Da drüben!« Sabateas Stimme überschlug sich. »Da ist er!«
    Alarmiert folgte er ihrem Blick, sah aber nur Feuer, geborstene Pferche und einen Tumult aus zusammensinkenden und aufsteigenden Wirbelstürmen.
    »Ich hab ihn gesehen!«, rief sie. »Da vorn war er!«
    Tarik lenkte den Teppich in die Richtung, in die sie zeigte. Von der Nässe war kaum noch etwas zu spüren, und auch das Muster schien wieder an Kraft zu gewinnen. Die Hitze der Feuer und die Ausläufer der tosenden Stürme trockneten sie schneller, als das die Wüstenluft im Freien vermocht hätte.
    Tarik sah einen Pulk aus zerlumpten Gestalten, die sich rund um einen der Sturmreiter drängten.
    »Siehst du ihn?«, fragte Sabatea.
    »Nein.«
    »Er ist dabei gewesen, ich schwor’s dir… Da!«, entfuhr es ihr aufgeregt.
    Er kniff die Augen zusammen, um die einzelnen Gesichter in der Menge besser erkennen zu können. Alle Gefangenen hatten dunkles Haar, viele schulterlang. Von hinten sah er jemanden mit goldenen Ohrringen – war das Junis? Er war nicht sicher. Nicht absolut sicher.
    »Er ist es!«, rief Sabatea hartnäckig. »Ich hab ihn von vorn gesehen!«
    Der Mann mochte schwarze Kleidung tragen, aber inmitten der tobenden Menge war nicht einmal das genau auszumachen. Ein dunkles Hemd. Aber schwarz? Vielleicht nur ein Schatten.
    Tarik wollte näher heran, doch da schraubte sich schon die Windspirale um den Pulk empor und verschleierte die Sicht. Mit dem Teppich dort einzudringen war ausgeschlossen.
    »Junis!«, schrie er.
    Der Mann mit den Ohrringen drehte sich nicht um.
    Sabatea krallte die Hand um seinen Oberarm. »Verdammt, Tarik, das ist er! Sie bringen ihn in Sicherheit!«
    Die schreiende Menge wurde angehoben und von der Windhose davongetragen, über den finsteren Ring der äußeren Pferche hinweg, dann die steile Felswand hinauf. Junis – oder der junge Mann, der aussah wie er – war längst inmitten des Tumults verschwunden.
    Tarik ließ den Teppich steil ansteigen.
    Sabatea brüllte ihn an. »Du kannst ihm nicht da hinauf folgen!«
    »Ich muss wissen, ob er es ist!«
    »Aber ich hab ihn erkannt! Warum glaubst du mir nicht?«
    Er wusste, dass er ungerecht war. Aber er konnte nicht von hier fliehen – falls sie überhaupt einen Weg fanden –, ohne Gewissheit zu haben, dass Junis gerettet war. Er hatte Maryam damals zurückgelassen, weil er geglaubt hatte, dass sie verloren war. Und nun lebte sie noch, wahrscheinlich überzeugt davon, dass er sie im Stich gelassen hatte. Junis würde er nicht auf die gleiche Weise verlieren.
    Ist denn alles, was du tust, nur Wiedergutmachung für damals?, flüsterte seine innere Stimme in ätzendem Spott. Dann gib lieber Acht, dass du heute nichts tust, das sich nicht mehr gutmachen lässt.
    »Tarik, bei allen Göttern!«, schrie Sabatea. »Sieh doch nach oben! Wir haben dort keine Chance!«
    Er schaute hinauf zur Höhlendecke, zum ersten Mal seit Minuten. Es hätte kaum schlimmer sein können. Er sah gerade noch, wie der Wirbelsturm, dem sie folgten, in ein Chaos aus Dschinnschwärmen und rasenden Windhosen tauchte und sogleich darin verschwand. Die Qualmwolke, die zu Beginn der Schlacht vom Schlammsee ins Innere der Grotte getrieben war, versperrte die Sicht auf die Hängenden Städte und alles, was zwischen oder über ihnen geschah. Die großen Wirbelstürme, die die Gefangenen davontrugen, mochten vielleicht einen Weg zum Ausgang finden. Aber ein einzelner fliegender Teppich würde das ganz sicher nicht schaffen.
    Dennoch kehrte er nicht um.
    »Du hast ja den Verstand verloren!«,

Weitere Kostenlose Bücher