Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
Keuchen stießen sie zusammen.
»Du!«, rief sie aus, als sie ihn erkannte.
Er sagte nichts.
Ifranji lächelte.
Die Gefangene
Tariks Hand schoss vor, packte Ifranji an der Kehle und presste sie rückwärts gegen eine Ziegelwand. Ihre Füße verloren den Kontakt zum Boden, strampelten, traten nach ihm.
»Wenn du nach dem Messer greifst«, sagte er leise, »breche ich dir das Genick.«
Seine linke Hand schlug ihre Finger beiseite, ergriff die Waffe und zog sie aus der Scheide am Oberschenkel. Ein Händler mit einem Bauchladen voller Brotfladen blieb stehen und starrte sie an, den muskulösen Mann und das dünne Mädchen an der Mauer, aber Tarik warf einen so finsteren Blick in seine Richtung, dass der andere rasch weiterging. Weitere Passanten schoben sich achtlos an ihnen vorüber. Nichts, das sie sahen, war ein ungewöhnlicher Anblick hier im Viertel der Diebe und Dirnen.
Tarik richtete die Messerspitze auf Ifranjis Herz. Ihr Strampeln ließ nach, aber ihre Augen starrten ihn weiterhin hasserfüllt an. Als sie die Lippen kräuselte, glaubte er, sie wollte etwas sagen. Stattdessen spuckte sie ihm ins Gesicht.
Das war schwerlich Grund genug, sie zu töten, und er hatte auch nicht vor, sie zu schlagen. Aber das musste er ihr nicht auf die Nase binden, darum ließ er das Messer, wo es war, und setzte sie langsam am Boden ab. Er lockerte den Griff um ihren Hals, ohne sie loszulassen.
»Kein Geschrei«, drohte er, »oder du stirbst. Irgendwelches Gezappel, und du stirbst. Und wenn ich’s mir recht überlege: Spuck mich noch mal an, und du stirbst.«
»Ich habe dich gesucht, Tarik al-Jamal.«
Er war ein wenig erstaunt, dass sie sich an seinen Namen erinnerte. Der Stumme Kaufmann hatte ihn genannt, bei seiner ersten Begegnung mit der jungen Diebin.
»Mädchen wie du sind wie die Krankheiten, die man sich bei ihnen einfängt – man wird euch einfach nicht mehr los.«
»So was lässt sich leicht sagen, mit einem Messer in der Hand.« Ihre Hand zuckte vor. Er packte wieder fester zu, aber sie wollte ihn gar nicht angreifen. Stattdessen fingerte sie wütend an den Schnüren ihres Wamses und riss es auf einer Seite auf. Ihre kleine dunkle Brust schimmerte im Schein eines nahen Feuerbeckens.
»Sieh her«, fauchte sie ihn an. »Glaubst du, das hier ist das erste Mal, dass mich ein Kerl wie du bedroht?«
Einigermaßen verdutzt sah er auf die entblößte linke Brust und fühlte sich auf idiotische Weise schäbig dabei. Dann sah er die Narben. Nicht nur eine, mindestens ein halbes Dutzend. Irgendwer hatte ihr übel mit einer Klinge zugesetzt; es sah aus, als wäre sie geradewegs in ihr Herz gestoßen worden.
»Du bist zäh«, sagte er anerkennend.
»Ich habe andere als dich überlebt, Tarik. Ich habe keine Angst vor dir.«
»Du hast mich angegriffen. Ich hatte nicht vor, deinem Bruder ein Haar zu krümmen.«
»Ich weiß«, gab sie zurück. »Du bist auf der Suche nach den Sturmkönigen. Wegen Junis.«
Er ließ das Messer sinken. Gab es nicht aus der Hand, aber richtete die Spitze zu Boden. Leise pfiff er durch die Zähne. »Nicht schlecht«, sagte er. »Woher hast du seinen Namen?«
»Gedankenlesen?« Sie lachte ihn aus und zerrte seine Hand von ihrem Hals. Tarik ließ es geschehen. »Was bekäme ich da wohl zu sehen? Den Weg zum nächsten Hurenhaus? Die Erinnerung an irgendeinen fetten Wirt und seinen schlechten Wein?« Aus ihrem Lachen wurde ein verächtliches Schnauben. »Ich kenne Männer wie dich. Ich muss nicht in deinen Gedanken lesen, um zu wissen, was in einem Dreckskerl wie dir vorgeht.«
Ihre Beleidigungen kümmerten ihn nicht. »Was weißt du über Junis?«
»Hoffnungen, Hoffnungen«, sang sie zur Melodie irgendeines süßlichen Kinderliedes. »Hab ich dich aus der Fassung gebracht, Tarik al-Jamal? Ich weiß noch viel mehr über dich.«
Er überlegte, ob er mit seinem Vorsatz brechen sollte, sie nicht zu verprügeln. Vielleicht war sie jung genug, dass er es vor seinem Gewissen als Maßregelung eines ungezogenen Kindes rechtfertigen konnte. »Was hast du mit Junis zu schaffen?«
»Ich kenne ihn gar nicht. Aber ich kenne jemand anderen, der von Interesse für dich sein könnte.«
Seine Hand verkrampfte sich zornig um den Messergriff. »Von wem redest du?«
»Du wirst mir versprechen müssen, dass du nicht verrückt spielst und irgendwelchen Unsinn mit meinem Messer anstellst.« Sie kräuselte die Stirn. »Ist vielleicht besser, du gibst es mir gleich zurück.«
Seine Stimme wurde
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