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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Vielfaches.
    Es konnte nur er sein, von dem Junis gesprochen hatte. Der Quell der Sturmkraft, das Herz der Rebellion.
    »Jibril«, flüsterte sein Spiegelbild, und diesmal war er nicht sicher, ob es der Narbennarr war, der sprach, oder er selbst.
    Erneut wurde sein Blick herumgerissen, zurück ins Zentrum der Kuppelruine, zu jenem Ort, den zweifellos auch der einsame Tornadoreiter in seinem wirbelnden Sturmtrichter erreichen wollte.
    »Das ist die Gelegenheit!«, frohlockte der Narbennarr. »Sie sind abgelenkt. Wir können es schaffen.«
    Aber aus dem Augenwinkel sah Tarik noch etwas anderes.
    Einen einzelnen fliegenden Teppich, der sich von Süden her näherte.
    Und zwei Gestalten, eine mit langem schwarzem Haar, die ebenfalls ihre Chance ergriffen und auf der anderen Seite des Splittergrabens geduckt auf die Glasbrücke huschten.
    Zugleich aber fühlte er sich willenlos in die entgegengesetzte Richtung stolpern. Durch den Trümmerkranz, unter Schwärmen ganzer Dschinnschwadronen hindurch, hinaus auf den Platz im Kuppelkranz.
    Hinüber zum Knochenthron des Dritten Wunsches.

 
Aufstand
     
     
    Auf der Spitze der Zikkurat, hoch über dem Heerlager vor Bagdads Toren, sah Junis den Dschinnfürst an und erkannte, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen war.
    Ein unterarmlanges Insekt, halb Libelle, halb Schlange, war aus dem Abgrund aufgestiegen und surrte um den Schädel des Fürsten. Womöglich ein entfernter Verwandter der Schwarmschrecken. Erst nach einem Augenblick begriff Junis, dass der Fürst auf die Laute lauschte, die das Wesen mit seinen vibrierenden Flügeln erzeugte.
    »Eine Nachricht«, flüsterte das Mädchen ehrfürchtig und deutete mit einem Nicken auf das Tier. »Diese Wesen… sie denken alle dasselbe. Als hätten sie nur einen Kopf, der über sie alle bestimmt. Was eines von ihnen weiß, das wissen alle. Die Dschinne benutzen sie als Boten.«
    Bislang hatte der Dschinnfürst halb zusammengesunken auf seinem Knochenthron gesessen, eine Haltung, die keinen Hehl aus seiner Erschöpfung machte. Nun aber spannte er seinen Oberkörper und setzte sich schlagartig aufrecht. Die Muskulatur zeichnete sich unter der Purpurhaut ab, die weißen Flammenmuster dehnten sich. Ein Fauchen drang zwischen den spitzen Zähnen hervor, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er abermals Junis ansah.
    »Was hast du getan?«, fauchte er.
    Junis bemühte sich um ein kaltes Lächeln und machte kein Geheimnis aus der Tatsache, dass ihn der Zorn des Fürsten mit Befriedigung erfüllte. Zorn, sagte er sich, bedeutete Sorge. Und Sorge der Dschinne war im Zweifelsfall ein Hoffnungsschimmer für Bagdad.
    »Jibril hat Skarabapur erreicht«, raunte der Fürst. »Das hätte niemals geschehen dürfen.«
    »Warum habt ihr ihn nicht getötet?«, fragte Junis. »Ihr hattet die Möglichkeit dazu.«
    »Wir wussten nicht, was geschehen würde. Ob dann nicht auch der andere -« Er brach ab, als das Surren der Libellenflügel noch einmal lauter wurde. Abermals hörte er aufmerksam zu, dann gab er seinen Leibwächtern einen Wink. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich von Junis und dem Sklavenmädchen ab und ließ den Knochenthron in die entgegengesetzte Richtung schweben, außen am Rand der Zikkuratplattform entlang. Mehrere schwer gerüstete Krieger folgten ihm in einigem Abstand, auf einer parallelen Bahn um die Turmspitze.
    Junis blickte ihm verwundert nach, sah dann, wie der Thron abermals verharrte und der Fürst sich leicht vorbeugte. Angespannt starrte der Dschinn hinüber zu dem dunklen Umriss am Horizont – zur Glasscholle mit dem Heer aus dem Süden. Das Insekt schwirrte über seinem Kopf, während er die Lippen bewegte und dem Tier etwas zuflüsterte. Junis erwartete, dass es kehrtmachen und hinüber zu den Befehlshabern der zweiten Armee fliegen würde, ehe ihm bewusst wurde, dass das nicht nötig war. Gewiss gab es dort andere dieser Wesen, die schon in diesem Augenblick die Botschaft des Fürsten empfingen und weitergaben.
    Und er entdeckte noch etwas. Vorerst aber ließ er sich nichts davon anmerken.
    Das Mädchen neben ihm bewegte sich nervös von einem Bein aufs andere. Es schien, als hätten die Dschinne für einen Moment jedes Interesse an den Gefangenen verloren.
    »Das hast du dir anders vorgestellt, nicht wahr?«, flüsterte er.
    Sie gab keine Antwort, schenkte ihm nur einen Blick, der sich nicht entscheiden konnte zwischen Vorwurf und Furcht.
    Während sich Aufregung in ihm breitmachte und das Klopfen in seiner

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