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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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passierte.
    Die Dschinnfürsten hatten ihren Plan geändert. Das Warten auf den Dritten Wunsch aus Skarabapur war beendet. Was immer dort auch geschehen war und was immer Jibrils Befreiung tatsächlich bewirkt hatte – es war Anlass genug, das Zeichen zum Angriff zu geben.
    Hörner erklangen. Schwarmschrecken jaulten. Sandfalter flatterten aufgescheucht wie prachtvolle Schmetterlinge über einem Meer aus brodelnder Erwartung.
    Das Lager der Dschinne erhob sich zum Sturm auf Bagdad.

 
Qatum
     
     
    Ein Teppich raste über die gläsernen Ruinen Skarabapurs, näherte sich dem Herz der Wunschmacht.
    Sabatea sah ihn, während nicht weit von ihr die Welt in einem Hagelsturm aus Glassplittern versank. Der riesige Wirbelsturm, der von Norden eine breite Schneise durch die Trümmerstadt pflügte, war noch einige Kilometer entfernt, aber schon jetzt hörte sie das feine Klingeln vereinzelter Scherben, die von Glasoberflächen abprallten.
    Ifranji war von ihrem Aussichtspunkt auf der Trümmerrampe zum Boden zurückgekehrt; hier war sie geschützter vor den heranpeitschenden Splittern. Falls der Sturm noch näher kam, und das war abzusehen, würden sie alle in den berstenden Glasmassen ums Leben kommen.
    »Ist das Khalis?« Ifranji deutete zu dem Teppich, der aus östlicher Richtung herankam. Er war noch zu klein und hob sich nur als schwarzes Rechteck vor dem blendend hellen Himmel ab, sonst hätte sie womöglich bereits das Muster ihres eigenen Knüpfwerks wiedererkannt. Khalis musste sich wie sie selbst in den Trümmern verborgen und auf einen günstigen Moment gewartet haben.
    Nachtgesicht warf das runde Lederband auf den Boden und trat hinein. »Versteckt euch hier«, sagte er aufgeregt. »Ich muss ihm helfen.«
    »Khalis?«, fragte Ifranji entgeistert.
    »Jibril«, antwortete ihr Bruder ernst. »Ich bin der letzte Sturmkönig. Wenn Jibril es bis hierher geschafft hat, dann ist es meine Pflicht, ihm -«
    Sabatea hielt ihn am Arm zurück. »Das da ist nicht Jibril«, sagte sie fest, um dann leiser hinzuzufügen. »Nicht der, den du kennst. Glaube ich.«
    Im Hintergrund schien Maryams Leichnam im Honig zu nicken, als der Boden unter den Gewalten des heranfegenden Sturms erbebte und der Kristallschrein ins Zittern geriet.
    Nachtgesicht sah Sabatea an, als wollte er sie der Lüge bezichtigen. »Ohne ihn hätte ich nicht die Kraft, Stürme zu beschwören. Wenn er nicht in der Nähe wäre -«
    »Jibril war vielleicht nie derjenige, den die Sturmkönige in ihm gesehen haben«, widersprach sie ihm eindringlich, holte tief Luft und sagte: »Ich glaube, er ist Qatum.«
    Nachtgesichts Züge entgleisten. »Das ist Unsinn! Ich bin Jibril begegnet. Ich kenne ihn.«
    Diesmal schüttelte Ifranji den Kopf. »Nein, tust du nicht. Niemand kennt ihn. Nicht einmal Maryam hat ihn wirklich gekannt. Wir alle im Lager haben damals gespürt, dass Jibril kein gewöhnlicher Mensch ist.«
    Ihr Bruder warf die Hände in die Höhe. »Aber Qatum? Jibril hat gegen die Dschinne gekämpft!«
    Sabatea deutete mit einem Nicken auf den Wirbelsturm über der Stadt und auf die Schwärme aus hunderten von Dschinnen, die sich ihm entgegenwarfen. »Und das tut er noch immer. Aber nicht, um die Menschheit zu retten, sondern nur, um endlich an den Dritten Wunsch heranzukommen und damit das Siegel der Weltenflasche zu öffnen.« Sie hörte sich selbst diese Worte aussprechen und konnte noch immer nicht recht daran glauben. Andererseits: Was war an der Vorstellung, in einer Flasche zu leben, so viel fantastischer, als im Zentrum des Universums, umkreist von der Sonne und den Sternen dort oben? Wenn sie es sachlich betrachtete, es wenigstens versuchte, dann war das eine Bild so irrwitzig wie das andere.
    Aber Nachtgesicht schüttelte den Kopf. Die Dankbarkeit, die er Jibril gegenüber empfand, war nie verblasst. Und in einem jedenfalls hatte er Recht: Er war der letzte lebende Sturmkönig, und er allein besaß die Macht, Jibril zu Hilfe zu kommen.
    »Tu es nicht«, bat Ifranji eindringlich.
    »Er hat uns damals das Leben gerettet.«
    »Nicht er selbst«, hielt sie dagegen. »Die anderen haben uns gerettet – sogar Maryam«, ergänzte sie widerstrebend. »Vielleicht hat er sie alle immer nur für seine Zwecke ausgenutzt.«
    Sabatea pflichtete Ifranji bei. »Wenn er wirklich Qatum ist, dann wird er uns alle vernichten, nicht nur die Dschinne!«
    »Er kann durch meine Augen sehen, mit meinen Ohren hören«, flüsterte Nachtgesicht ehrfürchtig. »In diesem Augenblick

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