Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
Schürze ab und hält sie Dan hin. „Ich bin Ryan. Bist du gerade erst hergezogen?“
Dan stellt sicher, dass das Paniniessen keine Sabberspuren hinterlassen hat, bevor er Ryans Hand ergreift. „Ja, ich wohne auf einem Hof ein Stückchen östlich von hier. Ich bin Dan.“ Sie schütteln sich die Hände und dann bemerkt Ryan einen Gast, der sich nach ihm umschaut, und wendet sich wieder seiner Arbeit zu.
Dan fragt sich, was er da tut. Ryan scheint trotz seiner tragischen Ernährungsprobleme ein netter Kerl zu sein. Und es ist noch nicht viel passiert, aber das Ganze hat Potenzial. Es ist nur schon so lange her, dass Dan sich zuletzt nach Potenzial umgesehen hat, dass er nicht weiß, ob er hierfür bereit ist. Ryan macht einen zu netten Eindruck für einen Quickie und Dan glaubt wirklich nicht, dass er im Moment mehr möchte. Dann versucht er, sich zusammenzureißen. Dan ist noch nicht einmal sicher, ob Ryan überhaupt schwul ist. Dan ist nicht gerade für sein gutes Gaydar berühmt und Ryan hat sich nicht offensichtlich verhalten. Es ist nichts passiert und es muss auch nichts passieren. Er könnte sich einfach mit Ryan unterhalten. Vielleicht haben sie ja etwas gemeinsam. „Freund“ muss nicht immer nur ein Euphemismus sein. Dan denkt an Chris und vermisst ihn plötzlich. Wenn Chris hier wäre, würde er nicht zulassen, dass Dan sich ständig über alles den Kopf zerbricht. Dan muss sich eine kleine Chris-Puppe basteln. Sie könnte auf seiner Schulter sitzen und ihm einen Klaps an den Hinterkopf verpassen, wenn er sich wieder in seiner Grübelei verliert.
Dan betrachtet gerade sein Papierplatzdeckchen und überlegt, ob man es zu einem kleinen Menschen falten könnte, als ein Schatten auf ihn fällt. Er hebt den Kopf und sieht zwei junge Frauen vor sich stehen und das Sonnenlicht blockieren. Er lächelt zögerlich und sie lächeln zurück und dann streckt eine von ihnen die Hand aus. „Sie sind Dan Wheeler, oder?“
Damit hatte Dan nicht gerechnet, aber er reicht ihr die Hand. „Ja, hi. Tut mir leid, aber kennen wir uns?“
Die andere lacht und legt ihre Hand auf die Lehne des Stuhls gegenüber von Dan. „Nicht so richtig. Ist es Ihnen recht, wenn wir uns setzen? Dann können wir es erklären.“ Er nickt und die Erste besorgt sich einen Stuhl von einem benachbarten Tisch, während die anderen sich auf den zweiten Stuhl an Dans Tisch setzt. Sie beide sehen sportlich, gut gekleidet und naja, reich aus. Das ist die Art Frau, die erwartet, dass Männer sie ansprechen und nicht umgekehrt. Zumindest soweit Dan die Regeln heterosexueller Verabredungen versteht.
„Ich bin Tamara“, erklärt die Erste und betrachtet Dan durch ihre Designersonnenbrille, „und das ist Victoria. Wir haben früher Reitstunden bei Jeff Stevens genommen, damals, in unserer pferdeverrückten Phase.“ Sie gestikuliert geringschätzig, aber Dan würde es wundern, wenn eine von ihnen viel älter als einundzwanzig wäre. So lange kann das pferdeverrückte Alter also noch nicht hinter ihnen liegen. „Jedenfalls sind unsere Eltern immer noch in der Reitszene aktiv und deshalb sind wir, was Neuigkeiten angeht, auch jetzt immer auf dem neuesten Stand.“
Victoria mischt sich ein, wobei sie eine tadellos gepflegte Hand auf Dans Handgelenk legt: „Und Sie, Dan Wheeler, sind so eine Neuigkeit!“ Dan muss zugeben, dass sie wenigstens ehrlich sind. Und er fügt eine weitere Notiz zu seiner gedanklichen Liste von Dingen hinzu, die ihn an Frauen wundern. Diese beiden wären nie auf ihn zugekommen, wenn sie es nur auf Sex abgesehen hätten, aber sobald Tratsch mit ins Spiel kommt, ist er plötzlich unwiderstehlich. Es ist ein bisschen aufdringlich, aber stört ihn nicht allzu sehr. Er hatte den Plan, heute jemanden aufzureißen, sowieso schon so gut wie aufgegeben, und wenn er es ohnehin nicht auf Sex abgesehen hat, kann er sich genauso gut mit den beiden unterhalten – und sie mit ein bisschen Gesprächsstoff für ihre Freundinnen versorgen. Er würde lieber mit Ryan reden, aber Ryan muss arbeiten. Dan fragt sich, ob er sich irgendetwas in der Stadt suchen soll, wo er ein paar Stunden als Barkeeper arbeiten kann. Nicht, weil er das Geld bräuchte, sondern weil er dabei gut Leute kennenlernen könnte. Dann wird ihm klar, dass er bereits zwei Leute kennengelernt hat, die gerade fröhlich auf ihn einreden, während er ihnen keinerlei Beachtung schenkt.
Ryan kommt an den Tisch, nimmt die Getränkebestellungen der Neuankömmlinge auf und wirft
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