Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
selbstverständlich unter der Dusche onaniert. Es ist irgendwie ironisch, dass er sich damals, als er jede Menge Sex hatte, ständig einen runterholte, und dass er, als er dann keinen Sex mehr hatte, auch damit fast ganz aufhörte. Er hat es zwar nicht ganz aufgegeben, doch es wurde von einem natürlichen, instinktiven Weg, sich seines Körpers zu erfreuen, zu einem Minenfeld der Gefühle. Er konnte noch nie zum Höhepunkt kommen, ohne sich irgendetwas vorzustellen, irgendjemanden. Vor Justins Unfall konnte das jeder sein, eine Person aus einem Film oder ein Typ, den Dan auf der Straße gesehen hatte, und oft auch Justin in einer besonders leidenschaftlichen Pose. Doch nach dem Unfall hatte Dan das Gefühl, es müsste unbedingt Justin sein, aber machte sich dann Sorgen darüber, zu sehr in der Vergangenheit zu leben und noch mehr Sorgen, als die Erinnerungen immer undeutlicher wurden. Es begann, sich schmutzig anzufühlen, als würde er Justin irgendwie benutzen. Es fühlte sich falsch an, jemanden zu begehren, der nicht in der Lage war, das Gefühl zu erwidern. Es schien zunehmend einfacher, das Wasser einfach kälter zu stellen und sich das Ganze aus dem Kopf zu schlagen.
An diesem Morgen ist er so verkatert, dass es damit keine Probleme gibt, und das kalte Wasser, das er aufdreht, soll anstelle einer ungewollten Erektion nur seine Kopfschmerzen vertreiben.
Als er die Dusche verlässt, ist Chris bereits aufgestanden und trinkt Kaffee. Dan brummt ihm zur Begrüßung zu und stolpert zur Kaffeemaschine hinüber. Chris brummt zurück und macht sich auf den Weg unter die Dusche.
Als Chris aus dem Badezimmer kommt, ist Dan bereits angezogen und hat ein paar Frühstücksflocken mit kalter Milch gegessen. Er denkt darüber nach,in den Stall hinunterzugehen, aber hat ein bisschen Angst davor, jemandem zu begegnen. Mit Robyn könnte er ziemlich sicher leben, aber Karl und Molly zu sehen wäre jetzt eine Tortur. Chris schlüpft in seine Kleidung vom Vortag, holt sich eine Schüssel aus dem Schrank und bedient sich ebenfalls an den Frühstücksflocken. Er flucht, als er feststellt, dass nicht mehr genug Milch in der Tüte ist. Dan schaut ihm beim Essen zu, bis Chris schließlich sagt: „Karl und Molly wollten mit dir reden, um herauszufinden, ob du irgendwelche Wünsche für die Trauerfeier hast.“
Dan schüttelt den Kopf. „Ich glaube, das ist mir egal. Es spielt doch keine Rolle, oder?“
Chris zuckt die Schultern. „Ich glaube, es geht ihnen ums Prinzip. Sie wollen es diesmal richtig machen.“ Er scheint zu wissen, dass er sich weit vorgewagt hat, aber Dan möchte nicht wieder denselben Streit anfangen. Er ist müde und Chris ist alles, was ihm von Justin geblieben ist.
„Sprichst du heute noch mit ihnen? Könntest du ihnen einfach sagen, dass es mir egal ist?“
„Ja, kann ich machen.“ Chris isst den letzten Löffel Frühstücksflocken und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. „Aber irgendwann musst du mit ihnen reden.“
Darüber möchte Dan lieber nicht nachdenken. „Ja, irgendwann.“ Er wirft Chris einen misstrauischen Blick zu. „Aber das ist keiner von ihnen da unten, oder? Das ist doch Robyn?“
„Ich weiß nicht, vermutlich.“ Er steht auf, um seine und Dans Schüssel zur Spüle zu bringen, und setzt sich danach wieder. „Gestern waren sie ziemlich durcheinander. Unter Beruhigungsmitteln.“
Dan nickt und fragt sich, warum ihm das niemand angeboten hat. Ein paar Pillen wären vielleicht genau das Richtige gewesen. Dann fällt ihm der Wild Turkey ein, und sein Magen protestiert ein bisschen.
„Wie war es in Kalifornien?“
Dan ist leicht überrascht von der Frage und es dauert einen Moment, bis er überhaupt versteht, was Chris meint. „Es war nicht schlecht. Netter Ort, nette Leute.“
Chris nickt. „Jeff scheint wirklich in Ordnung zu sein … sah aus, als hätte er sich gestern Sorgen um dich gemacht.“
Dan kommt sich ziemlich dumm vor. „Ja. Das habe ich mir wohl … vielleicht habe ich mir das ein bisschen vermasselt. Ich hatte wohl einen kleinen Zusammenbruch. Nicht gerade der ideale Gast. Oder der Vorzeigemitarbeiter.“
Chris schüttelt den Kopf. „Ich bin sicher, sie verstehen das. Sie wissen über deine Situation Bescheid.“
„Ja, aber es ist nicht ihr Problem. Ich hätte sie da nicht mit reinziehen dürfen.“
„Sei nicht so streng mit dir, Dan. Du musst nicht immer alles im Griff haben.“
Dan denkt an sein Verhalten vom Vortag zurück und daran, dass er sich noch
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