Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
Chris auseinandersetzen, auch wenn er gar nicht so sicher ist, dass es die beiden Damen stören würde. Er antwortet nur: „Ja, er wird mir wirklich fehlen“, und die zwei gehen weiter.
Der restliche Nachmittag verläuft ganz ähnlich. Dan stellt fest, dass er zu sehr damit beschäftigt ist, sich Smalltalk einfallen zu lassen, um wirklich traurig zu sein. Und bei den wenigen Gästen, die vor ihm in Tränen ausbrechen, ist er zu sehr damit beschäftigt, sie zu trösten, um mit ihnen zu weinen. Und Chris hatte recht: Es ist irgendwie erhebend zu sehen, wie viele Menschen durch Justins Leben beeinflusst wurden.
Hin und wieder legt er eine Pause ein, um sich mit Chris hinten im Flur den einen oder anderen Schluck zu genehmigen, doch im Großen und Ganzen ist der Nachmittag eher unangenehm als schmerzhaft. Trotzdem ist er erleichtert, als der Zeiger der Standuhr sich der Acht nähert.
Ihm fällt erst auf, wie aufmerksam er die Tür beobachtet, als endlich Jeff darin erscheint. Ihm fällt erst auf, wie viel Zuneigung er mittlerweile für den Mann empfindet, als er Enttäuschung darüber verspürt, dass Jeff sich umdreht und Evan zulächelt, der ihm mit Tatiana durch die Tür folgt. Dan weiß, dass er mit dem Feuer gespielt hat und dass er aufgrund der Kombination von Alkohol und Schmerz nicht so klar denkt, wie er sollte, doch er hatte sich darauf gefreut, mehr Zeit allein mit Jeff zu verbringen. Nicht unbedingt, damit etwas zwischen ihnen passieren würde, sondern einfach, um in Jeffs Wärme zu schwelgen wie eine Katze vor dem Kamin. Aber jetzt ist Evan hier. Dan kann sich des kaltherzigen Verdachtes nicht erwehren, , dass Evan eher hier ist, um seine Ansprüche in Bezug auf Jeff deutlich zu machen, als um sein Beileid auszudrücken.
Doch sobald Evan vor ihm steht, schämt sich Dan für seine Voreingenommenheit. Der Mann ist so aufrichtig, so … Dan würde ihn anständig nennen, aber das passt nicht mehr ganz, seit Dan seine Verführungskünste am eigenen Leib erfahren hat. Aber trotzdem: Selbst dabei hatte er ehrlich gewirkt, ein bisschen forsch, aber nicht schmierig. Und genauso ist er auch jetzt. Schon allein die Tatsache, dass er hier ist, ist zu viel. Es ist verrückt, dass er durch das halbe Land geflogen ist, nur um einem Unbekannten die letzte Ehre zu erweisen—und all das wegen eines Mannes, mit dem er nur ein paar Stunden verbracht hat. Dan ist nicht arrogant genug, um sich einzubilden, dass er eine ernsthafte Gefahr für Jeffs und Evans Beziehung darstellen könnte, selbst wenn er wollte. Eigentlich weiss er ja, dass Evan nicht wegen irgendwelcher Besitzansprüche hier ist. Evan ist hier, weil er Evan ist. In jeder Hinsicht überdimensional.
Evan muss sich offenbar zurückhalten, um Dan nicht zu umarmen. Doch es ist so deutlich zu sehen, was er möchte, dass Dan einfach nachgibt und sich ihm entgegenlehnt. Heute wurde er bereits von sovielen Fremden umarmt, dass eine Umarmung von Evan dagegen ganz natürlich erscheint. Evan lässt ihn los, sieht im in die Augen und sagt: „Es tut mir wirklich, wirklich leid, Dan. Ich habe ihn zwar nie persönlich getroffen, aber Tat ist so ein großer Fan, dass es mir vorkommt, als hätte ich ihn gut gekannt. . Ich wünschte, ich hätte die Gelegenheit gehabt.“
Dan nickt. In Bezug auf Justin hat er seine eigenen Wünsche, aber sie werden genauso wahrscheinlich in Erfüllung gehen wie Evans. „Danke, dass du gekommen bist. Es ist ein langer Weg.“
Evan zuckt die Schultern. „Vielleicht besuchen wir die Pferde, wenn wir schon mal hier sind. Offenbar hat Tat Interesse an Sunshine entwickelt.“ Evan lächelt und geht weiter, um mit Karl und Molly zu sprechen, aber hat ein wachsames Auge auf Tatiana, als sie sich Dan nähert.
„Ich hoffe, es ist okay, dass wir gekommen sind. Mir ist … mir ist aufgefallen, dass ich dir nie erzählt habe, wie ich zum Vielseitigkeitsreiten gekommen bin. Es war …“ Tatiana ist nervös und schaut zu Evan hinüber, der freundlich zurücklächelt, bis sie weiterspricht: „Es war Rolex vor zwei Jahren. Ich habe es im Fernsehen gesehen und“ – sie zuckt verlegen die Schultern – „Naja, Justin ist mir natürlich aufgefallen, weil er so gut aussah, aber was mich wirklich dazu gebracht hat, den Sport auszuprobieren, war, wie glücklich er ausgesehen hat. Nicht nur, als er gewonnen hat, sondern die ganze Zeit über. Er sah aus, als würde er jede Sekunde genießen. Selbst, als er durch diesen Graben reiten musste und sein ganzes
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