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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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mochten.
    »Der Polizeipräsident hält Sie übrigens für gefährlich«, fuhr er fort. »Der gute Mann verabscheut Sie.«
    »Tatsächlich? Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Vielen Dank für den Hinweis.«
    Wieder ignorierte er den offensichtlichen Spott. Er ließ den Pistolengriff los und nahm eine entspannte Haltung ein. »Was soll der Zirkus? Was haben Sie an diesem Ort zu suchen?«
    »Das geht Sie nichts an!«, versetzte sie gallig.
    Lohmann schnappte entsetzt nach Luft, doch Grillo verzog keine Miene.
    »Das geht mich nichts an«, wiederholte er gleichmütig. »Dann darf ich wohl davon ausgehen, dass Sie beide ein verhindertes Liebespaar sind, das sich zum Schäferstündchen an diesem wunderschönen Ort verabredet hat?« Lohmann wollte protestieren, doch Grillo brachte ihn mit einer herrischen Geste zum Schweigen. »Warum will ich das nicht recht glauben? Warum werde ich den Verdacht nicht los, dass dieses Treffen keineswegs romantischer Natur ist, sondern mit den Ereignissen an Bord eines ganz bestimmten Flugzeuges zu tun hat?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Weil Sie ein schlaues Kerlchen sind?«
    Abermals prallte ihr Spott von ihm ab, und das verstärkte die Hilflosigkeit, die sie ihm gegenüber empfand, denn trotz seiner wenig imposanten Erscheinung fühlte sie sich ihm unendlich unterlegen. Grillo war zynisch, intelligent und humorlos, und höchstwahrscheinlich hatte er stets einen Notfallplan in der Hinterhand. Genau wie der blöde Hund, der ihr Bruder war und den sie verabscheute und gleichzeitig liebte. Die Jahre mit Jo hatten sie etwas gelehrt. Nämlich dass Typen seines Schlages die schlimmsten Feinde sein konnten oder die besten Verbündeten, je nachdem, ob man für sie war oder gegen sie. Grillo hatte den gleichen Charakter wie Jo. Also beschloss sie, sich mit ihm zu verbünden, und weihte ihn lückenlos in ihren Anti-Asad-Plan ein.
    Er unterbrach sie nicht ein einziges Mal, sondern hörte schweigend zu. Dabei betrachtete er seine Schuhe.
    Als sie geendet hatte, hob er den Kopf. »Nettes Hirngespinst. Leider vollkommen unbrauchbar. Um diesen Plan durchzuführen, müssten Sie an Bord der Maschine gelangen. Wie wollen Sie das anstellen?«
    Lohmann platzte dazwischen. »Oh, darin ist sie ganz groß. Irgendwo einzudringen, meine ich, wo es von bewaffneten Schwerverbrechern nur so wimmelt und wo sie nichts zu suchen hat.«
    Zum ersten Mal huschte etwas über Grillos Züge, das man mit viel Wohlwollen als Lächeln bezeichnen konnte. Dann klingelte das Mobiltelefon in der Tasche seines Trenchcoats. Er kramte es hervor, drückte auf die Verbindungstaste und hörte lange zu, ohne etwas zu sagen, bevor er das Gespräch mit dem knappen Hinweis beendete, in ein paar Minuten wieder in der Krisenzentrale zu sein.
    Er sah Mara nachdenklich an. »Das Bundeskanzleramt hat die Stürmung der Maschine genehmigt. Also schlagen wir zu, sobald die GSG 9 bereit ist. Das wird in spätestens einer Stunde der Fall sein.«
    Lohmann atmete bedeutungsschwer aus. »Birgt eine solche Erstürmung nicht immense Risiken?«
    »Eine Erstürmung ist immer der letzte Ausweg«, gab ihm der kleine Mann recht. »Eine Verzweiflungstat, die erst dann erfolgt, wenn man den Verhandlungspoker verloren hat. Doch da Asad nicht pokert, sondern lieber Geiseln erschießt, bleibt uns keine Wahl. Die Gangway wurde inzwischen angedockt, und der Schweinehund ist jetzt im Besitz von vierhundert Litern Benzin.« Er machte eine lange, bedeutungsvolle Pause, während der er Mara tief in die Augen blickte. »Wollen Sie Ihren wahnsinnigen Plan immer noch in die Tat umsetzen?«
    Sie schluckte und spürte die Anspannung, die plötzlich von ihr Besitz ergriffen hatte. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich ja.«
    Er leckte sich über die Lippen. »Aus Freude über das Benzin hat Asad in seiner unermesslichen Güte eingewilligt, einen Arzt und zwei Sanitäter an Bord zu lassen, die sich um die Geiseln kümmern dürfen.«
    Sie schluckte erneut, dann nickte sie kaum merklich. »Ich verstehe …«
    »Was war das gerade?«, fragte Lohmann entsetzt. Er war völlig aus dem Häuschen und reckte theatralisch die Fäuste gen Himmel. Oder gen gekachelter Toilettendecke, besser gesagt. »Ich glaube das nicht. Ich will das einfach nicht glauben. Sie sind doch wahnsinnig. Alle beide sind Sie wahnsinnig, komplett verrückt. Das können Sie nicht tun. Ich bitte Sie, ich appelliere an Ihren Verstand! Ich flehe Sie an, Herr Grillo: Lassen Sie nicht zu, dass diese wild gewordene

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