Sturms Flug
Rockerbraut als Sanitäterin verkleidet an Bord eines Flugzeuges geht, in dem ein Irrer das Kommando führt, der eindeutig noch durchgedrehter ist als sie selbst!«
»Danke für das nette Kompliment. Es ist immer schön, einen guten Freund an seiner Seite zu wissen.«
Ihm kamen fast die Tränen. »Ich … ich mache mir doch nur Sorgen. Was Sie da vorhaben, ist lebensgefährlich. Und der Erfolg ist keineswegs garantiert. Ach, was rede ich da, wenn Sie damit Erfolg hätten, wäre das wie ein Sechser im Lotto. Sie werden für nichts und wieder nichts sterben.«
Sie schwieg.
Auch Grillo stierte nachdenklich vor sich hin, ohne etwas zu sagen. Nach einer Weile schaute er Lohmann fragend an. »Helfen Sie ihr?«
Der Jungstaatsanwalt vergrub das Gesicht in den Händen. »Ja«, keuchte er. »Natürlich helfe ich ihr.«
Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, doch den sah er nicht oder wollte ihn nicht sehen.
»Gut«, stellte Grillo lapidar fest. »Wenn Sie scheitern, Frau Sturm, dann sind Sie und Ihr junger Freund für alle Zeiten erledigt. Dann werden nämlich Geiseln sterben und Sie beide …«, er deutete mit seinem Zeigefinger erst auf Mara, dann auf Lohmann, »… werden eine verdammt lange Zeit hinter Gittern verbringen. Das ist Ihnen doch klar?«
»Wir beide?«, fragte Lohmann verwirrt. »Und was ist mit Ihnen?«
Grillo hob abwehrend die Hände. »Ich halte mich schadlos. Normalerweise würde ich Sie beide festnehmen lassen, doch das tue ich nicht, weil ich denke, dass dieser abstruse Anti-Asad-Plan funktionieren könnte. Er ist schlecht, aber nicht ganz so schlecht wie die Erstürmung. Doch wenn es hart auf hart kommt, werde ich bestreiten, jemals auch nur eine Silbe davon gehört zu haben.« Er nickte Mara zu. »Haben Sie eine Uhr? Ich werde dafür sorgen, dass die Stürmung in exakt neunzig Minuten erfolgt. Wenn Sie Asad bis dahin erledigt haben, wird man Sie hinterher feiern. Wenn nicht …«, er zuckte mit den Schultern, »… sind Sie im Eimer.«
Kapitel 36
Noch 88 Minuten bis zur Stürmung von Flug SWX 714
Strassers Luxuszelle hatte im Gegensatz zu allen anderen Zellen zwei Fenster, wobei diese natürlich ebenfalls vergittert waren und kaum größer als ein Toilettendeckel. Dennoch boten sie ihm eine gewisse Ablenkung, da er durch das eine in den inneren Gefängnishof schauen konnte, während durch das andere der Verwaltungstrakt mit der daneben befindlichen Fahrzeugschleuse zu sehen war, die nach draußen führte.
Und genau dort war vorhin etwas geschehen, das er sich nicht erklären konnte.
Ein ganzes Rudel von Schließern hatte den kleinen, miesen Somalier in einen gepanzerten Personentransporter verfrachtet, der dann langsam auf die Schleuse zugerollt war. Die inneren Tore hatten sich geöffnet, doch der Wagen war nicht in die Schleuse gefahren. Stattdessen hatten sich die Tore wieder geschlossen, und der Somalier war ins Gebäude zurückgebracht worden.
Strasser hätte dieser Witzfigur für sein Leben gern die Fresse poliert, so wie ein halbes Dutzend andere Fressen, die ihm ebenfalls verhasst waren.
Eine davon erschien passenderweise in diesem Moment in der Tür, nachdem sich der Schlüssel geräuschvoll im Schloss gedreht hatte.
»Telefon für Sie«, sagte Rinderhälfte.
Normalerweise stand den Häftlingen nur eine streng begrenzte Anzahl an Telefonaten zu, in der Regel eins pro Woche, wobei die Sprechzeiten vorgegeben waren und sich außerdem stets ein Schließer in Hörweite befand, der darauf achtete, was gesprochen wurde. Im Gegensatz zu seinen Mithäftlingen durfte Strasser einen Anruf pro Tag tätigen und so viele Gespräche entgegennehmen, wie er wollte.
»Telefon?« Strasser erwartete keinen Anruf. Der Einzige, der sich von Zeit zu Zeit bei ihm meldete, war sein Anwalt, doch der rief niemals vormittags an. Um ein Haar hätte er Rinderhälfte gefragt, wer am Apparat war. Dann besann er sich darauf, dass es dem fetten Schließer ein Vergnügen gewesen wäre, ihm die Auskunft zu verweigern, also schwieg er.
Das Telefon für die Häftlinge befand sich im Verwaltungstrakt, sodass fast fünf Minuten vergingen, bis er erfuhr, wer ihn sprechen wollte.
»Mara?«, trompetete er ungläubig in den Hörer. »Jetzt hol mich aber der Teufel! Sind dir noch ein paar Dinge eingefallen, die ich falsch gemacht habe und die du mir an den Kopf schmeißen willst?«
Sie ging mit keiner Silbe auf die Vorhaltungen ein. »Kannst du frei sprechen?«, wollte sie in forschem Tonfall wissen.
Er grinste.
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