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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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Wissen Sie, wie unübersichtlich dieses ganze Gewirr aus Korridoren …«
    »Lass gut sein«, unterbrach sie ihn und lächelte. »Danke, dass du gekommen bist.«
    Er schaute sich ostentativ um. »Wieso haben Sie mich hierherbestellt? Wieso müssen wir uns ausgerechnet auf dem Klo treffen?«
    »Gefällt’s dir nicht? Ist fast wie bei euch, nur ohne Pinkelbecken.« Sie wurde schlagartig ernst und berichtete in groben Zügen von der Ingewahrsamnahme durch seinen Onkel sowie von ihrer anschließenden Flucht aus der Flughafenwache.
    Seine Augen wurden immer größer, je länger sie sprach. »Das glaube ich nicht«, platzte es schließlich aus ihm heraus. »Sind Sie noch zu retten? Sie können doch nicht einer Polizistin die Waffe abnehmen! Wissen Sie …«
    Sie fiel ihm erneut ins Wort. »Halt die Luft an. Bevor du explodierst, solltest du dir unbedingt meinen Anti-Asad-Plan anhören. Danach hast du einen wirklichen Grund auszuflippen.«
    Er blies die Backen auf, lehnte sich mit dem Hinterteil gegen ein Waschbecken und schaute sie lange an. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust. »Und wie lautet Ihr Anti-Asad-Plan?«
    Sie sprach fast zwei Minuten, in denen sie ihm einen völlig abstrusen Irrsinn auftischte, von dessen Erfolgschancen sie selbst nicht im Geringsten überzeugt war, wie sie sich im Stillen eingestand. Schlimmer, je länger sie darüber redete, desto illusorischer kam ihr das Ganze vor. Trotzdem war sie entschlossen, das Wagnis einzugehen.
    Seine Reaktion bestand in einem freudlosen Lachen. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
    »Doch.«
    »Sie spinnen! Das können Sie unmöglich tun! Nur über meine Leiche! Herrje, erstens ist es illegal, was noch schwerer wiegt, da Sie Polizistin sind und ich Staatsanwalt. Zweitens ist es viel zu gefährlich. Überlegen Sie doch, mit was für einem Kaliber von Verbrecher wir es hier zu tun haben. Der Kerl hat soeben eine Geisel erschossen und um ein Haar noch eine zweite. Ich habe das quasi live miterlebt. Anscheinend machen Sie sich keine Vorstellung davon, wie gefährlich dieser Typ ist. Der ist mindestens zwei Nummern zu groß für Sie und mich!«
    »Ich weiß haargenau, wie gefährlich Asad Aidid ist«, schrie sie ihn plötzlich an, und ihre grünen Augen schienen zu funkeln.
    Er runzelte die Stirn. »Was ist eigentlich wirklich passiert in Somalia? Allmählich glaube ich, dass Sie Asad nicht bloß interviewt haben. Da ist doch noch mehr vorgefallen. Viel mehr, wie mir scheint.«
    »Hilfst du mir oder nicht?«
    »Was ist passiert?«, beharrte er.
    Sie flüsterte. »Ich will den Wichser fertigmachen! Hilf mir!«
    Er musterte sie lange und versuchte, in ihren Augen zu lesen. Ihr Tonfall, ihre abscheuliche Wortwahl, ihr Mienenspiel jagten ihm einen Schauer über den Rücken. Anscheinend war sie bereit, bis zum Äußersten zu gehen, und er fragte sich warum. »Was ist passiert in Somalia?«, wiederholte er.
    Sie setzte zu einer Antwort an, doch dann legte sie den Kopf schräg und lauschte. »Hast du das gehört?«
    Er schüttelte den Kopf. »Was soll ich gehört haben?«
    »Schritte.«
    Da wurde die Tür aufgestoßen.

Kapitel 34
    Mara stürzte sich in die Tiefe, nicht kopfüber, sondern mit den Füßen voran, doch das machte den Sprung kaum weniger waghalsig.
    Über ihr war das Geschrei der Milizen zu hören, unter ihr das Tosen der Wellen, die sich an der Steilwand brachen. Nackte Angst erfüllte sie, als ihr der Gedanke durch den Kopf raste, auf einem Fels aufzuschlagen. Oder in einen Strudel zu geraten, der sie auf den Meeresgrund hinabzog. Oder von der Brandung gegen die Klippen geschmettert zu werden.
    Das Wasser war grün mit weißen Kronen.
    Dann kam der Schock, als die Wellen über ihrem Kopf zusammenschlugen.
    Im nächsten Moment war sie von Stille umgeben, während sich ein salziger Geschmack in ihrem Mund ausbreitete. Die Welt um sie herum wurde zu einem olivfarbenen, düsteren Gurgeln, das mindestens Badewannentemperatur hatte. Wie von selbst begannen ihre Arme und Beine Schwimmbewegungen zu vollführen, doch das half wenig, da sie wie ein Stein sank. Irgendetwas Kaltes, Glitschiges berührte ihren nackten Arm, während ihre Lungen allmählich nach Sauerstoff lechzten.
    Schließlich griff ein vor vielen Jahren antrainierter Reflex ein und sorgte dafür, dass sie Schuhe und Strümpfe abstreifte sowie sich der Hose entledigte. Diese Reaktion war ein Überbleibsel aus ihrer Polizeiausbildung, denn damals hatte regelmäßig Schwimmen und Retten auf dem

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