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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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den Klippenrand geworfen hatte.
    Endlich ließ Rashid verkünden, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Gleichzeitig kam hinter einer Bodenwelle ein Haus auf einem Felsvorsprung in Sicht. Mara sah eine Terrasse, die zum Meer hin zeigte. Von dort musste der Ausblick überwältigend sein.
    »Er hat sich einen Palast bauen lassen«, stellte Zöllner fest.
    Allerdings offenbarte sich bereits beim Näherkommen, dass dieser Prinzenpalast eine Bauruine war. Das, was als gigantische Villa geplant gewesen war, befand sich schon vor seiner Fertigstellung im Zustand der Verwahrlosung. Während die linke Seite des Gebäudes noch eingerüstet war, löste sich auf der rechten bereits der Putz von den Wänden. Außerdem war die Villa nur zur Hälfte gedeckt. Überall lag Baumaterial herum oder waren Sand- und Kieshaufen zu erblicken. Ein Stück abseits des unfertigen Gebäudes befand sich eine weitere Ansammlung Blechbaracken, nur dass in diesen keine Einheimischen hausten, sondern Asads Mordbrenner Quartier bezogen hatten. Scharenweise trieben sie sich dort herum, schwenkten ihre Waffen, ließen Schnapsflaschen kreisen und beäugten die Neuankömmlinge voller Verachtung. Allerdings hielt diese Geringschätzung sie nicht davon ab, für Kamera und Fotohandy zu posieren. Aus einem Ghettoblaster drang fürchterlich schräge Musik herüber.
    Dann fielen ihr zwei relativ neue, aber dennoch verlotterte Geländewagen auf, deren Anschaffung ein Vermögen gekostet haben musste. Sie parkten vor dem Haus, und frische Reifenspuren im Sand zeugten davon, dass sie erst vor Kurzem bewegt worden waren.
    »Wie mir scheint, gibt es noch einen anderen Weg als den, den wir gekommen sind«, murmelte sie. Der umgestürzte Betonmischer kam ihr in den Sinn, der ein Passieren der Piste für Fahrzeuge unmöglich machte, selbst für Geländewagen.
    Zöllner begriff sofort, worauf sie hinauswollte. »Also hat man uns absichtlich auf einem Umweg hergeführt.« Er stutzte. »Wieso?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Einschüchterung? Damit wir an dem armen Schwein mit den zerschossenen Knien vorbeikommen? Verdammt, ich habe Angst!«
    Sie wurden in die Bauruine geführt, durch lange kahle Flure, die sich teilweise noch im Rohbau befanden, bis sie ein weiträumiges Zimmer erreichten. Dort waren die Wände weiß getüncht, der Boden in der gleichen Farbe gefliest. An einer Wand stapelten sich Kartons bis unter die Decke. Laut der Bedruckung enthielten sie DVD -Spieler, Plasmafernseher, Stereoanlagen und mehr. In einer anderen Ecke befanden sich Berge von Kleidungsstücken, allesamt in Plastikfolie gehüllt, bei denen es sich wahrscheinlich um Markenware handelte. Eine doppelflügelige Tür führte auf die Terrasse, die Mara von Weitem gesehen hatte. Beide Flügel standen offen, und draußen stapelten sich noch mehr Kartons mit Unterhaltungselektronik und noch mehr Kleidung.
    Die einzige Möblierung des Zimmers bestand indes in einer ledernen Sitzgruppe und einem Couchtisch, um den sich ein halbes Dutzend lärmender Krawallbrüder scharte, die rauchten, tranken und sich die Zeit mit Backgammon vertrieben. Es wurde um Geld gespielt, und auf dem Tisch lagen bergeweise Scheine, Somalia-Schilling, ausnahmslos Tausender. Das bedeutete freilich nicht viel, wenn man bedachte, dass dreißigtausend Somalia-Schilling weniger wert waren als ein einziger US -Dollar.
    Die Spieler verstummten, als sie die Neuankömmlinge bemerkten. Und dann stand einer von ihnen auf, der sich bis dahin wie hingegossen in einem Sessel geflegelt hatte, mit den Füßen auf dem Tisch. Es war der Moment, in dem Mara zum ersten Mal den Wahnsinnigen zu Gesicht bekam, der sich selbst Prinz nannte und darauf bestand, dass man ihn mit Hoheit ansprach.
    Sein Name war Asad Aidid, das hatte sie bei ihren Recherchen herausgefunden. Was sie nicht wusste, war, dass er einen Bruder hatte, Omar Aidid, der in Köln auf den Beginn seines Prozesses wartete.

Kapitel 10
    51 Minuten vor der Entführung des Fluges SWX 714
    Mara zuckte kaum merklich zusammen, als das schwere Panzerglasschott hinter ihr ins Schloss fiel. Zum vierten Mal innerhalb der letzten dreißig Sekunden schaute sie auf die Uhr. Geh schon auf , dachte sie.
    Jenseits der Schleuse, das wusste sie, lag eine andere Welt: Wände aus Waschbeton, schwere Metalltüren, enge Korridore. Tageslicht fehlte fast völlig, doch dafür waren die Gerüche von Bohnerwachs, Wäscherei und Großküche allgegenwärtig, obwohl beständig Luft von lauten Gebläsen durch

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