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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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Metallkanäle gepustet wurde. Überall zweigten Türen ab, und vor den winzigen Fenstern befanden sich Eisengitter. Alles in allem war es ein unerfreulicher Ort, den man gemeinhin Klingelpütz nannte, dessen offizielle Bezeichnung jedoch Justizvollzugsanstalt ( JVA ) Köln lautete.
    Obwohl sie schon oft hier gewesen war, stellte ihr heutiger Besuch ein Novum dar. Folglich fühlte es sich alles ganz anders als sonst an.
    Die Innentür der Schleuse wurde automatisch geöffnet.
    Eilig schlüpfte sie hindurch und hielt sofort auf den Dienstraum zu, von dem aus der Eingangsbereich überwacht wurde. Dieser erinnerte an das Kabuff des Wächters in einem x-beliebigen Parkhaus, nur mit dem Unterschied, dass die Scheiben hier aus Sicherheitsglas bestanden. Dahinter, inmitten von Monitoren und umgeben von unzähligen Schaltern, hockte ein Justizvollzugsbeamter. Oder ein Zellenfilz , Knastbulle , Arschbacken-Django , wie es im Häftlingsjargon hieß. Die gebräuchlichste Verballhornung stellte jedoch das Wort Schließer dar, wenngleich diese Bezeichnung den Beamten noch weniger gefiel als die anderen.
    Sie kramte ihren Personalausweis und den Besuchsschein hervor, um beides in die Durchreiche zu legen, in die im Parkhaus üblicherweise das Ticket gelegt wird, damit es auf der anderen Seite der Scheibe vom Parkwächter entgegengenommen werden kann.
    Der Schließer winkte ab. »Guten Tag, Frau Sturm«, klang seine Stimme aus einem Lautsprecher über der Durchreiche. »Sie können den Ausweis stecken lassen. Wir sind doch schon fast so etwas wie alte Bekannte. Außerdem stehen Sie auf der Besucherliste. Heute mal nicht dienstlich hier, wie? Kein Verhör eines Untersuchungsgefangenen?«
    Ein Hauch von Rot huschte über ihre Wangen. »Nein, nein. Diesmal nicht. Heute bin ich eine ganz normale Besucherin, die mit einem … Häftling verabredet ist.« Der Name dieses Häftlings kam ihr nicht über die Lippen.
    Der Mann nickte vielsagend, was ihre Verlegenheit noch schürte. Sie starrte an ihm vorbei.
    Endlich erschien ein zweiter Vollzugsbeamter, der sie bat, ihm zu folgen. Zielstrebig führte er sie durch lange Korridore in einen Raum, bei dem man die Tür ausgehängt hatte. Das heißt, eine solche war gar nicht vorgesehen, wie die fehlenden Scharniere erkennen ließen. Das war eine Sicherheitsvorkehrung, die verhindern sollte, dass sich ein Häftling verschanzte, indem er die Tür verbarrikadierte. Ein Schild mit der Aufschrift: Besuchsbereich ließ erkennen, wozu der Raum diente.
    Sie trat ein. Niemand da. Klar, es war keine offizielle Besuchszeit. Die Gefängnisleitung hatte eigens für sie eine Ausnahme gemacht. Nein, eigentlich war die Ausnahme für den Häftling gemacht worden, mit dem sie verabredet war.
    Sie schaute sich um. Das einzige Mobiliar bestand aus winzigen Stühlen und Tischen, die wie Schulpulte für Fünftklässler wirkten. Die Wände waren nackt, Fenster gab es keine, dafür jedoch eine ganze Reihe von Vergrößerungs-Parabolspiegeln, die unter der Decke montiert waren. Die Spiegel sorgten dafür, dass man von jeder Stelle im Raum erkennen konnte, was an den einzelnen Schulpulten vor sich ging. Damit sollte verhindert werden, dass Häftlinge und Besucher unbemerkt Gegenstände austauschten.
    Manche Justizvollzugsanstalten begegneten dieser Gefahr, indem Insassen und Besucher durch Lexanscheiben voneinander getrennt wurden, sodass sie sich zwar sehen, aber nicht berühren konnten. Unterhalten mussten sie sich dann über Telefonhörer. Allerdings war das eher in Hochsicherheitsgefängnissen Standard, in denen Schwerverbrecher brummten. Im Klingelpütz hingegen saßen lediglich Untersuchungsgefangene und kleine Fische, die nicht allzu lange abzusitzen hatten.
    Ein wahrer Koloss von einem Beamten steckte den Kopf zur Tür herein. Mara hatte ihn schon oft gesehen und erinnerte sich, irgendwann einmal mitbekommen zu haben, dass man ihm den Spitznamen Rinderhälfte gegeben hatte.
    Als das halbe Schlachtvieh ihrer gewahr wurde, lächelte es galant. »Hallo, Frau Sturm. Sie warten auf jemanden?«
    Sie nickte. »Ja, auf einen Häftling. Ihr Kollege holt ihn gerade aus seiner Zelle.«
    »Und wer ist dieser Häftling, wenn ich fragen darf?«
    Sie sagte es ihm.
    Der Beamte verzog das Gesicht. Obwohl er nicht wusste, warum sie ausgerechnet den Besucherraum gewählt hatte, um diesen hundsgemeinen Mistkerl zu verhören, ging er davon aus, dass genau darin der Grund ihrer Anwesenheit lag. Er fragte sich allerdings, wozu dieses

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