Sturms Jagd
auf die Nerven.
»Nichts.« Kippe winkte ab. Er hatte sich immer noch nicht beruhigt. »Es ist, wie Victor sagte, ich und Pjotr werden das mit der Kleinen besorgen .« Seine Betonung lag auf dem letzten Wort. »Und wie ich es ihr besorgen werde.«
Der Narbige verzog angewidert das Gesicht, wodurch er noch hässlicher wirkte. Seine Stimme war gefährlich leise. »Ich darf doch annehmen, dass die Frau in Ruhe gelassen wird. Sie soll Informationen liefern, dazu reicht es, sie einzuschüchtern. Wenn sie ausgepackt hat, wird sie freigelassen. So lautet der Plan.«
Kippe grinste. »Zu spät.«
»Was heißt das?« Der Narbige flüsterte. Trotzdem konnte man ihn gut verstehen, denn mit einem Mal war es still geworden. Nur der Motor des Hummer H2 war zu hören, der allmählich erkaltete und knackende Laute von sich gab. »Ihr habt doch dafür gesorgt, dass sie euch nicht erkannt hat? Habt ihr eine Kapuze über den Kopf gezogen? Oder sie ausgeknockt oder weiß der Himmel was mit ihr angestellt?«
Kippe schnaubte verächtlich. »Victor hat gesagt, wir sollen sie – hihi – herbeischaffen, und das haben wir getan.«
»Hat sie euch gesehen?«, beharrte der Narbige.
»Und wenn?«
»Dann bleibt uns nichts übrig, als sie mundtot zu machen, und zwar für immer.«
Wieder das Knacken des Motorblocks.
Dann polterte Kippe: »Na und? Ich kann das übernehmen. Wenn du glaubst, ich hätte so was nicht drauf, dann irrst du dich gewaltig!«
Der Narbige ignorierte ihn. »Was hast du da für einen Haufen dämlicher Nichtskönner angeschleppt, Smertin? Amateure, verdammte Amateure! Und mit diesen Vollidioten wollen wir einen Jahrhundert-Coup durchziehen? Von wegen Die Glorreichen Sieben! Die sieben ultimativen Armleuchter sind das. Diese Anfänger werden uns alle in den Knast bringen.«
Smertin wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch Kippe kam ihm zuvor.
»Krieg dich wieder ein, Mann! Alles halb so wild. Die Schlampe ist allein, sie hat ihren Macker rausgeworfen, wir haben das überprüft. Es wird sie also niemand vermissen. Und wenn eines Tages doch, dann sind wir längst über alle Berge.« Er kratzte sich am Bauch.
Der Narbige fixierte immer noch Smertin. »Wenn die Sache vorbei ist, werden alle Bullen im Umkreis von 100 Kilometern hinter uns her sein, es wäre also angezeigt, die Füße still zu halten und sich so unauffällig wie möglich zu benehmen.« Aus seinem Flüstern wurde schlagartig Schreien. »Wieso erzählt mir dieser dämliche Fettfleck da, es wäre halb so wild, eine Frau umzubringen?« Er starrte Kippe an. »Verstehst du das unter unauffälligem Benehmen, du fette Qualle?«
Die Worte fette Qualle hallten über den Parkplatz.
Kippe brüllte wie ein Tier, als er sich auf den Narbigen stürzte. Hasserfüllt griff er an, seine Bewegungen waren erstaunlich behände für einen Mann seiner Leibesfülle.
Doch der Narbige war noch flinker. Außerdem behielt er einen kühlen Kopf, was deutlich erkennen ließ, dass er ein geübter Schläger war. Mit einem überlegten Schritt wich er zur Seite und ließ den heranstürzenden Bulldozer ins Leere laufen. Dann war er hinter ihm und rammte ihm die Fäuste fünf-, sechsmal in die Nieren. Das war ein regelrechtes Trommelfeuer, blitzschnell und mit den Augen kaum zu verfolgen. Kippe ging stöhnend in die Knie.
Der Rest der Glorreichen Sieben erwachte aus seiner fassungslosen Lethargie, Smertin konnte sie nicht zurückhalten. Plötzlich hielt jeder eine Waffe in den Händen: Butterflymesser kamen zum Vorschein, ein Totschläger, Gigolo zog eine Pistole. Noch einen Atemzug, dann war der Narbige Geschichte.
Oder wäre Geschichte gewesen, wenn ihm nicht seine Gefährten, auf die längst niemand mehr geachtet hatte, einen länglichen Gegenstand zugeworfen hätten. Sie mussten ihn während der Unterhaltung unbemerkt aus dem Humvee geholt haben, und der Narbige fing ihn mit traumwandlerischer Sicherheit auf. Das wirkte einstudiert.
Der Gegenstand entpuppte sich als Gewehr.
Smertin erkannte sofort, dass es ein besonderes Gewehr war: eine Waffe mit einer Reichweite von über drei Kilometern und einer mörderischen Kadenz von sechshundert Schuss pro Minute, ein AK-47 Sturmgewehr, weltberühmt unter dem Namen Kalaschnikow.
Der Narbige riss die Kalaschnikow hoch und drückte Smertin die Mündung gegen die Stirn. Sein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.
» Njet! Njet! «, zischte der Russe seinen Männern zu und hob beschwichtigend die Rechte. Das tat er vorsichtig und langsam,
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