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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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vergewissern, war er allerdings verschwunden.
    *
    Die Anspannung in der Stadt wuchs. Das Näherrücken des kaiserlichen Heeres war mittlerweile kein Geheimnis mehr. Viele Mädchen und Frauen wagten sich kaum noch auf die Straßen, denn sie fürchteten, dass die Kaiserlichen jeden Augenblick durchs Tor reiten und sie verschleppen würden.
    Auch Anneke musste mit Engelszungen auf Sanne einreden, damit diese sie zu Petersens Scheune laufen ließ.
    Marte hatte ebenfalls Probleme, aus dem Haus zu kommen. Obwohl ihr Vater Stadtsoldat war, hatte sich ihre Mutter von der allgemeinen Unruhe anstecken lassen und die Tochter nur unter der Bedingung fortgelassen, nach einer Stunde zurückzukehren.
    So konnten die beiden Freundinnen nur kurz die wichtigsten Neuigkeiten austauschen.
    »Habt ihr den Rattenkönig schon aufgespürt?«, wollte Marte wissen, denn mittlerweile hatte Anneke ihr davon erzählt.
    »Bis jetzt noch nicht. Dabei hat Hinrich so groß getan, den Rattenkönig fangen zu wollen! Ich glaube, er sucht gar nicht nach ihm, weil er ein Feigling ist.«
    »Du könntest es tun!«, schlug Marte vor, doch Anneke winkte ab.
    »Nein, das lasse ich besser. Du weißt doch, was ich von Ratten halte. Ich gehe ihnen lieber aus dem Weg, denn wenn man sie reizt, werden sie unberechenbar.«
    Anneke dachte zurück an ihre Mutter. Sie hatte keine Angst vor Ratten gehabt und Fallen aufgestellt. Wenn sich darin ein Tier verfing, hatte sie es nicht etwa getötet, sondern aus der Stadt geschafft.
    »Milane und Habichte wollen auch fressen«, hatte sie stets erklärt. »Warum sollte ich ihnen den Happen nehmen, den sie draußen erjagen können?«
    Wahrscheinlich hätte sie es auch mit dem Rattenkönig aufgenommen und ihn an die Raubvögel verfüttert.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Marte, als sie die Grübelei ihrer Freundin bemerkte. »Denkst du wieder an deine Mutter?«
    Anneke nickte beklommen. Traurigkeit machte ihr Herz schwer.
    »Komm, gehen wir sie besuchen und berichten ihr, was hier geschieht. Dann geht es dir gleich besser.«
    So liefen sie zum Friedhof und aus der einen Stunde, die Marte einhalten sollte, wurden zwei und dann drei.
    »Meinst du nicht, dass deine Mutter dir jetzt verbieten wird, in die Stadt zu gehen?«, fragte Anneke auf dem Rückweg besorgt.
    Marte winkte ab. »Meine Mutter wird zetern und über die Sorgen klagen, die sie sich meinetwegen machen musste. Aber das geht vorbei. Morgen bin ich wieder bei der Scheune.«
    Damit drückte sie ihr noch einen Kuss auf die Wange und verschwand.
    *
    »Wallensteins Heer ist ganz in der Nähe«, berichtete Sanne am nächsten Morgen atemlos. Anneke wollte schon fragen, woher sie das wusste, dann fiel ihr der junge Soldat ein, der auch in der vergangenen Nacht wieder Kiesel ans Nachbarfenster geworfen hatte. »Ein Bote ist mit der Nachricht eingetroffen, dass Stralsund den kaiserlichen Soldaten die Tore öffnen soll.«
    »Pah, was denken sich diese Papisten denn?«, schmetterte Nettel und drohte mit dem Kochlöffel. »Wir sind eine lutherische Stadt und werden denen doch kein Quartier geben!«
    Das war Dr. Steinwichs Ansicht, dachte Anneke und spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Wird jetzt auch alles andere eintreffen, was er gesagt hat?
    »Die Kaiserlichen werden mit aller Macht versuchen, Stralsund einzunehmen«, entgegnete Sanne. »Rügen und Barth sind bereits kaiserlich, Rostock auch. Sie wollen den Schweden gänzlich den Rückweg über die Ostsee verstellen.«
    Dann ist der ›Leu aus Mitternacht‹ gefangen, dachte Anneke und ihr wurde noch banger zumute.
    »Auf jeden Fall wird der Bürgermeister alles tun, damit die Kaiserlichen hier keinen Fuß in die Stadt setzen«, fügte die Kinderfrau hinzu. »Das bedeutet natürlich, dass wir kämpfen müssen.«
    Anneke versuchte sich auszumalen, wie es wäre, wenn auch die Frauen Waffen führen würden. Brächte ich es fertig, einem feindlichen Soldaten ein Schwert oder einen Spieß in die Brust zu rammen?, fragte sie sich.
    Den ganzen Tag über war es still im Kontor, was aber nicht daran lag, dass keine Kunden kamen. Die Leute gaben sich die Klinke in die Hand, alle versuchten, so viel Proviant wie möglich einzukaufen. Doch die üblichen Gespräche blieben größtenteils aus. Die Menschen waren so sehr in ihre eigenen Gedanken versunken, dass sie ihrem Nebenmann kaum Beachtung schenkten.
    Auch Anneke und Hinrich schwiegen, während sie ihrem Vater zur Hand gingen. Zwischendurch tauschten sie immer wieder

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