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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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verstohlene Blicke. Hinrichs waren merkwürdigerweise nicht mehr ganz so feindselig, vielmehr schien es, als wollte er damit einen Waffenstillstand aushandeln. Seltsam, dachte Anneke, wie der Krieg doch alles verändert … Auch sie räumte der Abneigung gegen den Jungen nicht mehr so viel Platz in ihren Gefühlen ein.
    Die kaiserlichen Truppen wurden am nächsten Tag von einem Späher gesichtet. Der Reiter stürmte durch die Stadt, als sei der Teufel hinter ihm her. Sein Ziel war das Haus des Bürgermeisters, in dem sogleich rege Betriebsamkeit erwachte.
    In Windeseile machte die Nachricht die Runde. Alarm wurde gegeben und jeder Mann, der mit einer Waffe umzugehen verstand, wurde zu den Stadtbefestigungen gerufen.
    Als die Nachricht das Kontor erreichte, beendete Sanne den gerade erst begonnenen Unterricht und fragte den Kaufmann um die Erlaubnis, in die Stadt laufen zu dürfen.
    »Sie geht zu ihrem Liebsten, nicht wahr?«, fragte Anneke die Köchin, die ihr mit einem besorgten Gesichtsausdruck nachsah, als sie vom Hof rannte.
    »Das tut sie. Auch wenn ich sie manchmal um ihren Liebsten beneide, jetzt tut sie mir schon ein wenig leid. Was man nicht hat, kann man nicht verlieren.«
    Da ihre Lehrerin nicht da war, nutzte Anneke die Zeit, um zu Marte zu laufen. Diese hatte offenbar die gleiche Idee gehabt, denn auf halbem Wege trafen die beiden Freundinnen aufeinander. Offenbar hatte Martes Mutter sie trotz der Verspätung beim letzten Mal wieder aus dem Haus gelassen.
    »Komm, wir laufen zur Stadtmauer«, schlug Marte vor und fasste ihre Freundin bei der Hand.
    »Aber dürfen wir das denn?«
    »Wir versuchen es. Mein Vater ist dort, notfalls benutzen wir ihn als Ausrede. Ich möchte auf jeden Fall unsere Soldaten sehen!«
    Je weiter sie sich der Mauer näherten, desto dichter wurde die Menschenmenge. Man hörte das Rasseln von Schwertern und Rapieren, die Musketiere der Stadt gingen in Stellung. Junge Burschen rollten Pulverfässer durch die Straßen.
    Zivilisten, die herbeigeeilt waren, um zu helfen, wurden mit Waffen und Rüstungsteilen ausgerüstet. Natürlich hatte Stralsund nicht die Möglichkeit, allen Männern ein dickes Lederwams oder ein Kettenhemd zu stellen, auch Waffen gab es nur wenige, sodass sich die meisten Kämpfer mit Forken, Sensen und Dreschflegeln behelfen mussten.
    Anneke und Marte fanden in einem verlassenen Schuppen ein geeignetes Versteck, von dem aus sie das Treiben beobachten konnten. Sie legten sich ins Stroh und schauten durch die offene Dachluke. Von hier aus konnten sie zwar nicht die ganze Stadtmauer überblicken, aber immerhin die Truppen der Stadt beobachten.
    »Da oben ist mein Vater!«, flüsterte Marte plötzlich und deutete auf den Wehrgang der Stadtmauer. Mit ihren Adleraugen hatte sie ihn natürlich bereits erspäht. Er stand mit einigen Männern zusammen und hatte seine Muskete geschultert.
    »Er ist der beste Schütze in seiner ganzen Kompanie!«, behauptete Marte stolz, aber in ihren Augen konnte Anneke auch Sorge erkennen. Die Kaiserlichen verfügten über gute Soldaten, die viel mehr Kampferfahrung als die Stralsunder Stadtgardisten besaßen. Und selbst den besten Schützen konnten seine Fähigkeiten nicht davor bewahren, von einer Kugel getroffen zu werden.
    Bevor Marte noch weiterreden konnte, ertönte Hufgetrappel und die Menschenmenge unter ihnen teilte sich. Lambert Steinwich kam auf einem Schimmel herbeigeritten, um seine Truppe zu inspizieren. Diesmal trug er einen schwarzen Talar über seinen Kleidern. Sein Kopf thronte auf einer weißen Halskrause und an der Seite hatte er ein Schwert. Einige Ratsmitglieder und Soldaten begleiteten ihn.
    Der besorgte Ausdruck, den Anneke vor einigen Tagen auf seinem Gesicht gesehen hatte, war grimmiger Entschlossenheit gewichen. Vor seinen Soldaten durfte er auf keinen Fall Schwäche zeigen.
    Ein Oberst erschien nun und half dem Bürgermeister aus dem Sattel. Dann führt er ihn herum. Ob Lambert Steinwich mit dem, was er sah, zufrieden war, konnte man von seiner Miene nicht ablesen. Die Kaiserlichen rückten näher, schon bald würden sie vor den Stadttoren stehen und fordern, eingelassen zu werden.
    Nach einer Weile machte er halt. Seine Stimme erscholl nun von ferne und die Mädchen konnten nicht viel von dem verstehen, was er sagte. Es fielen die Worte ›Widerstand‹, ›nicht aufgeben‹ und ›verteidigen‹. Alles Weitere ging immer wieder im Jubel der Soldaten unter, die wild entschlossen waren, den Kaiserlichen ihre

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