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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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unwillkürlich stehen um zuzuhören.
    »Unsere Herzöge sind nach Dänemark geflohen«, sagte Steinwich. »Gerüchte besagen, dass demnächst Wallenstein als Herrscher von Mecklenburg eingesetzt wird.«
    Roland Martens' Stimme wurde sorgenvoll. »Das ist von allen Dingen das Übelste, das passieren kann.«
    Steinwich seufzte schwer. »In der Tat. Ich will gar nicht an den Tag denken, an dem er vor unseren Toren auftaucht. Es wird ein Blutbad geben. Es sei denn, wir ergeben uns, wie es Rostock getan hat. Aber das kann ich den Menschen hier nicht zumuten. Und ich will mich auch nicht feige schimpfen lassen.«
    »Gibt es denn keine andere Möglichkeit? Was ist mit unseren Stadtbefestigungen, werden sie standhalten?«
    »Gewiss für eine Weile. Genauso lange werden unsere Männer die Stellung halten können. Immerhin werden uns die Kaiserlichen nicht von der Seeseite her angreifen.«
    »Was ist mit Euren Beziehungen ins Rheinland?«, fragte der Kaufmann.
    »Die bringen gar nichts. Bande zermürben, wenn man sie nicht intensiv pflegt. Außerdem ist das Rheinland katholisch. Man hat dort gewiss nichts für die Protestanten übrig.« Steinwich seufzte schwer. »Wenn Wallenstein persönlich erscheint, werde ich mit ihm verhandeln müssen. Besser er rückt an als der gnadenlose Tilly.«
    Der Bürgermeister machte eine erneute Pause, dann sagte er: »Viele Bürger schaffen ihre Frauen und Kinder von hier fort. Ihr solltet das vielleicht auch tun.«
    Anneke atmete erschrocken ein und zog damit die Aufmerksamkeit der Männer auf sich.
    »Sieh an, die junge Demoiselle hat gelauscht«, sagte Steinwich amüsiert. »Aber es ist gut so, dann versteht sie Eure Entscheidungen besser.«
    Martens sagte dazu nichts. Er sah Anneke nur an, als sei der Gedanke, sie fortzuschicken, unerträglich für ihn.
    »Brauchst nicht länger im Gang zu stehen, Mädchen«, sagte Steinwich herzlich und winkte ihr zu. Anneke trug das Tablett zu dem kleinen Tisch, der zwischen den Männern stand. Sie schenkte den mittlerweile abgekühlten Wein ein, dann zog sie sich wieder zurück. Allerdings blieb sie in der Nähe der Tür, diesmal etwas besser versteckt.
    Auch wenn das, was Steinwich und ihr Vater zu bereden hatten, beunruhigend war, wollte sie es dennoch genau wissen.
    Wallenstein kam erneut zur Sprache und Anneke gewann den Eindruck, dass er alles andere als ein gottesfürchtiger Mann war. Ähnlich verhielt es sich mit Tilly. Der beste Feldherr des Kaisers war offenbar eine blutrünstige Bestie, dem es nichts ausmachte, Frauen und Kinder zu töten und Kirchen niederzubrennen.
    Galten für ihn denn nicht auch die Zehn Gebote?
    Den Schwedenkönig hingegen schilderte Steinwich in schillerndsten Farben. Er war sich nicht zu schade, mit seinen Soldaten zu reiten und auch im Felde lebte er nicht prachtvoller als sie. Er trug einen groben Uniformrock, schlief in einem einfachen Zelt und nahm die gleichen Mahlzeiten zu sich wie seine Männer. Wegen seines rotblonden Haars nannten ihn seine ausländischen Söldner den ›goldenen König‹ und die einheimischen Soldaten liebten ihn wie einen Vater.
    Auch Lambert Steinwich schien große Zuneigung zum Schwedenkönig zu hegen. »Wallenstein wird versuchen, uns Garnison aufzuerlegen, aber der Rat und ich sind uns einig, dass wir das nicht zulassen werden. Ehe auch nur ein Kaiserlicher die Stadt betritt, paktiere ich lieber mit den Schweden oder den Dänen. Schon bald wird es ein Treffen der beiden Könige ganz in der Nähe geben.«
    »Wenn ich Ihr wäre, würde ich eher zu den Schweden tendieren«, entgegnete Martens, nachdem er einen Schluck Gewürzwein getrunken hatte. »Christian von Dänemark wird in letzter Zeit nicht gerade vom Glück beschienen. Seine Niederlage bei Lutter war beschämend, man sagt sogar, dass er nur mit Mühe vor Tilly fliehen konnte.«
    »Ihr habt recht, was das angeht, ist Gustav Adolf glückvoller«, stimmte Steinwich ihm zu. »Man sagt, dass sogar Tilly zittert, wenn er die Uniformröcke der Schweden sieht.«
    Plötzlich legte sich eine Hand auf Annekes Schulter. Erschrocken schnappte sie nach Luft und wirbelte herum. Hinter ihr stand Sanne. Anstatt sie für ihr Lauschen zu schelten, lächelte sie müde und flüsterte: »Es wird Zeit für dich, ins Bett zu gehen. Morgen wartet wieder der Unterricht.«
    Anneke nickte und zog sich dann schnell in ihre Kammer zurück. Dabei bemerkte sie aus dem Augenwinkel heraus einen Schatten neben der Treppe. Als sie sich umschaute, um sich zu

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