Sturmtief
einstellen, dass der Vater am
Wochenende zu Hause ist.«
»Ja, aber die Kinder …« Lüder zeigte mit dem Finger
zur Treppe, die ins Obergeschoss führte.
»Das ist doch etwas anderes. Ob die bis mittags
schlafen oder mein Mann sich im Lande herumtreibt.«
»Ich treibe mich nicht herum.«
»Ach. Nenn es doch, wie du willst.« Zornig warf Margit
das Geschirrhandtuch, das sie in Händen gehalten hatte, in die Spüle und
verließ die geräumige Wohnküche.
Achselzuckend suchte Lüder seine Utensilien zusammen
und fuhr an die Westküste. Es war auch kein Trost, dass Hauptkommissar Vollmers
und seine Mitarbeiter ebenfalls am Wochenende auf der Dienststelle waren.
»Hallo, Seibert«, meldete sich Hauptkommissar
Vollmers’ Mitarbeiterin, als Lüder vom Auto aus in der »Blume« anrief. »Es gibt
Neuigkeiten von Andrea Filipi. Das ist der Name, unter dem der mutmaßliche
Mörder Havensteins am Tattag ab Hamburg nach Rom geflogen ist. Wir haben mit
Hilfe der Frankfurter Bundespolizei feststellen können, dass Filipi – wenn wir
ihn einmal so nennen wollen – den zweiten Teil seines Fluges nicht angetreten
hat. Die Videoauswertungen ergaben, dass der Mann am Dienstag nicht nach
Italien, sondern mit der Lufthansa um einundzwanzig Uhr fünf von Frankfurt nach
Larnaka auf Zypern geflogen ist. Unter welchem Namen er gebucht hat, ermitteln
die Frankfurter Kollegen noch.«
»Zypern«, sagte Lüder laut. »Dort spricht man
Griechisch. Und der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in Fuhlsbüttel …«
»Wolfgang Beckert«, warf Frau Seibert ein.«
»… Beckert, der glaubte doch herausgehört zu haben,
dass der angebliche Italiener Andrea Filipi mit griechischem Akzent gesprochen
hat. Viele Grüße an Herrn Vollmers. Wir sollten über das Bundeskriminalamt ein
Fahndungsersuchen nach Zypern leiten.«
Frau Seibert versprach, sich der Sache anzunehmen.
Lüder war überrascht, welch lebhafter Verkehr an einem
Sonnabend in Husum herrschte. Die ganze Westküste schien sich im Gewerbegebiet,
das eine Vielzahl von Verbrauchermärkten beherbergte, versammelt zu haben.
Dafür fand er gähnende Leere auf dem Parkplatz hinter der Polizeidirektion in
der Poggenburgstraße vor. Nur vereinzelt stand dort eine Handvoll privater
Fahrzeuge von Mitarbeitern, die am Wochenende Dienst hatten.
Er musste einen Moment vor der Tür warten, bis er vor
den Augen der Kamera Gnade gefunden hatte. Die Tür summte und gewährte ihm
Einlass. Der Empfangstresen hinter der Eingangstür war nicht besetzt, sodass er
am Schalter der Wache von uniformierten Beamten nach seinem Wunsch gefragt
wurde.
Nachdem Lüder seinen Namen genannt hatte, stieg er die
Treppe zur ersten Etage empor und fand dort Oberkommissar Große Jäger, der an
seinem Schreibtisch saß, die Füße in einer herausgezogenen
Schreibtischschublade geparkt hatte und genüsslich an einer Zigarette zog. Die
schien ihm im Bewusstsein, auf diese Weise das im Gebäude herrschende
Rauchverbot zu umgehen, besonders zu munden.
»Moin, Wilderich«, grüßte Lüder.
Große Jäger hob zur Begrüßung kurz die Hand.
»Kaffee?«, fragte er, und als Lüder nickte, setzte er den Schnellkocher in
Betrieb, schüttete Instantkaffee in einen Becher und brühte diesen auf. »Am
Wochenende gibt es den nur schwarz«, erklärte er.
Lüder berichtete von dem Anschlag vom Vortag, von der
Verhaftung des mutmaßlichen Attentäters und davon, dass man eventuell auch den
Auftraggeber kennen würde.
»Das ging ja fix«, sagte Große Jäger anerkennend,
stand auf und knurrte: »Dann werde ich den Delinquenten aus der Pension ›Husums
Unterwelt‹ hochholen.«
Ein paar Minuten später kehrte er zurück.
»Nehmen Sie Platz«, sagte er und zeigte auf den
zweiten Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch.
Albert Völlering sah übernächtigt aus. Dunkle Ringe
lagen unter seinen Augen. Die Wangen wirkten eingefallen. Eine ungesunde Blässe
beherrschte den Teint. Die Haare waren unfrisiert. Völlering musste die Nacht
in seiner Kleidung liegend verbracht haben. Jedenfalls war sie völlig
zerknautscht.
»Sie wissen, weshalb wir Sie vorübergehend
festgenommen haben?«, begann Lüder das Verhör.
Völlering sah ihn aus müden Augen an. Er schwieg.
»Uns liegt ein Geständnis von Branko Mirkovic vor, der
den Sprengsatz im Atomkraftwerk Krümmel installiert hat. Mirkovic bezichtigt
Sie der Anstiftung. Von Ihnen hat er zudem den Sprengsatz erhalten.«
Der selbst ernannte Umweltschützer schüttelte den
Kopf. »Ich war das
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