Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
mir und nahm auch mich in den Arm. Ihre Umarmung war fest, wohlwollend und herzlich.
»Du wirst erfahren, wer das getan hat, Jane. Das verspreche ich«, flüsterte sie mir entschlossen ins Ohr, bevor sie mich wieder losließ. Zum ersten Mal, seit ich an dem Ort war, an dem meine Mutter gestorben war, musste ich gegen die Tränen ankämpfen.
»Danke«, sagte ich zu ihr, und Anyan legte die Hand auf meine Schulter und schob mich zur Tür.
Diese Worte aus Capitolas Mund ließen mich daran glauben. Wir würden den Mörder meiner Mutter finden. Und diesmal würde Jarl nicht wieder seiner gerechten Strafe entgehen.
B ist du okay«, fragte Anyan. Er musste gesehen haben, wie ich zitterte.
»Ja«, sagte ich. »Es ist nur …«
Als ich verstummte, wartete er einen Moment und nickte mir dann auffordernd zu.
»Ach, nichts«, meinte ich schließlich.
Wir waren in Plano, einer kleinen Stadt außerhalb von Borealis. Dort gab es außer einer großen Kunststofffabrik nicht viel. Abgesehen von der kleinen Reproduktionsklinik, die sich in der hintersten Ecke einer ansonsten weitgehend verlassenen Einkaufspromenade versteckte. Hinter dem winzigen Wartezimmer waren dort fünf Halblingsfrauen in Plexiglaskäfigen gefangen gehalten worden. Doch diese Frauen waren inzwischen alle tot und ihre Leichen zu den Hinterbliebenen überführt worden, wenn es Hinterbliebene gab; oder sie waren verbrannt und ihre Asche verstreut worden. Die Leute, die für dieses Labor verantwortlich waren, hatten sie ermordet und waren dann verschwunden und hatten es der örtlichen Halblingsgemeinschaft überlassen, die Schweinerei zu beseitigen.
Aber ich zitterte nicht deswegen. Schon den ganzen Tag über hatte ich immer wieder das ungute Gefühl, beobachtet zu werden. Ich wusste, dass das leicht paranoid war, nicht zuletzt deshalb, weil die beiden Männer, mit denen ich hier war, im Paranoidsein geradezu wetteiferten. Sie hatten so viele konkurrierende magische Fühler ausgestreckt und Schilde und Auren im Einsatz, dass nur sehr alte und sehr reinrassige Alfar sich davor verbergen hätten können.
»Bist du sicher?«, hakte Anyan nach, und seine tiefe Stimme klang besorgt. Genau in diesem Moment legte sich bei mir das Gefühl, beobachtet zu werden, plötzlich wieder. Wahrscheinlich war es bloß Einbildung.
Also lächelte ich und antwortete nickend: »Ja, wirklich. Ich bin okay.«
Und eigentlich konnte ich mir – nach allem, was Anyan uns am Abend zuvor über die Sensoren gesagt hatte – auch ziemlich sicher sein, dass selbst ein solch altes und reinrassiges Alfar-Wesen eigentlich keine Chance hätte, sich unbemerkt in Borealis aufzuhalten.
Gleichzeitig hatten Anyans Worte mehr Bedenken in mir geweckt als zerstreut, und Julian und ich waren noch lange wach gelegen und hatten darüber gesprochen. Auf der einen Seite erklärte das, was Anyan gesagt hatte, warum es den Alfar nicht gelungen war, hier zu spionieren und warum die Grenzgebiete für sie undurchdringlich, ja, unsichtbar waren. Und warum unser Team hier relativ sicher sein sollte .
In Wahrheit blieben wir jedoch auf einem ganzen Haufen beunruhigender Fragen sitzen. Denn wenn es so war, dass unregistrierte Reinblütige sich hier zwangsläufig verrieten, dann musste man sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, wie es gelungen war, dass meine Mutter unbemerkt hierhergebracht und ermordet werden konnte – und wer diese Labors betrieb und wer letztendlich die Morde beging.
Sobald wir letzte Nacht unter uns waren, hatten Julian und ich begonnen, uns diese Fragen zu stellen, wobei wir uns die Grundsätze des guten alten Sherlock Holmes zu Hilfe genommen hatten. Schließlich war Sherlock Holmes berühmt dafür, sich am Sparsamkeitsprinzip von Ockhams Rasiermesser zu orientieren, um seine Kriminalfälle zu lösen. Dabei handelt es sich um eine Theorie, die davon ausgeht, dass die einfachste und hinreichendste Erklärung für ein Phänomen normalerweise auch die richtige sei. Wenn ich das Prinzip von Ockhams Rasiermesser im Falle meiner Mutter anwandte, einer fremden Reinblütigen in einem Territorium, das eigentlich geschützt war vor der nicht registrierten Einreise von Reinblütigen oder Halblingen, dann ergab sich nur eine einleuchtende Erklärung: Unter den registrierten Halblingen im Grenzland musste es einzelne geben, denen nicht zu trauen war.
Es musste vor Ort Leute geben, die sie schützten, oder einige der Sensoren deckten die nicht registrierten Eindringlinge oder beides.
Uns war
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