Sturmwarnung
Energie in Form eines fürchterlichen Blizzards führt.
Damit der Sturm zur erwarteten Größe anwächst, sind außerdem Bedingungen nötig,
die es ihm ermöglichen, sich über mehrere Wochen hinweg stets aus sich selbst
heraus zu erneuern. Das bedeutet, dass der Sturm in der Lage sein muss, eine
Zirkulation zu entwickeln, die so mächtig ist, dass sie sich selbst sowohl aus
der Kaltluft der Arktis als auch der warmen Luft über den Tropen speisen kann.
Nun, da wir
anhand menschlicher Überlieferung und fossiler Funde mit einiger Schlüssigkeit
feststellen konnten, dass es in ungefähr der Zeit ein ungeheures Naturereignis
gegeben haben muss, in der eine Erderwärmung, wie wir sie gegenwärtig erleben,
auf geheimnisvolle Weise unterbrochen wurde, müssen wir so viel wie nur möglich
über das Klima der Vorzeit herausfinden.
Erzählen die Sedimente und
Ablagerungen im Eis aus dieser Periode eine Geschichte, die auf einen
Supersturm hinweist?
Um das zu
ermitteln, wollen wir eine Reise durch die neuere geologische Vergangenheit
antreten und – soweit möglich – die Realität hinter den Sintfluten und
Katastrophen der Mythen und dem Aussterben von Gattungen herausfiltern.
Anschließend wollen wir unter die Lupe nehmen, was sich gegenwärtig abspielt,
und überprüfen, wie ähnlich unser Klima dem der damaligen Epoche ist.
Aber vorher
sollten wir zu dem Supersturm zurückkehren, der sich während der letzten
Kapitel dieses Buches zusammengebraut hat, und uns ansehen, was er anrichtet,
wenn er seine volle Wucht entfaltet hat.
12
Kanada: Ein Hilfeschrei
Die nördlichen Bereiche der
Welt waren in Gefahr, in schrecklicher Gefahr, und keiner wusste, was los war.
Die Meteorologengemeinde war verwirrt.
Das Wetter
ist seiner Natur nach eine Erscheinungsform der Luft. Es ist das, was sich bei
der Absorption und dem Ausstoß von Energie durch die Luft abspielt. Die
Wissenschaft hat bestimmte Muster identifiziert, die sich während dieses
Ablaufs in verschiedenen Variationen stetig wiederholen. Wir kennen sie unter
vielen Namen: Superzellen, Hurrikane, Tornados, Kalt- und Warmfronten,
Blizzards.
Ein
Blizzard ist ein Sturm, der entsteht, wenn warme und kalte Luftmassen sich
mischen und versuchen, ihre Temperaturen einander anzugleichen. Wasserdampf
wird zu Regen, der sich in Schnee verwandelt, der leicht oder heftig fallen kann.
Danach ist die Welt entweder von herrlichem Weiß verzaubert oder sie erstickt
unter einer erdrückenden Eisdecke.
Diesmal
waren die Stürme nicht wie gewöhnliche Blizzards. Und jeder Meteorologe, der an
seinem Bildschirm gebannt verfolgte, wie sie bis in die Stratosphäre
hochkochten, wusste, dass über dem Polarkreis etwas fürchterlich aus dem Ruder
gelaufen war. Nicht nur die Höhe der Wolken war unnormal, auch die Muster, in
denen sie da oben in einem atemberaubenden Tempo durcheinander wirbelten, waren
völlig neu. Weil die Treibhausgase über der Erdoberfläche das Aufsteigen der
Wärme verhinderten, wurde die Luft unten immer heißer und in der Höhe extrem
kalt. Was nun aber das neue satellitenbetriebene Windmessungssystem der Nasa
anzeigte, wollte kaum jemand glauben. In einigen dieser Zellen tobten Böen mit
über 320 Stundenkilometern.
Die
einzelnen Stürme waren kurzlebig. Letztlich wurden sie bei ihrer Jagd über
Meere und Flachland vom eigenen Tempo zerfetzt.
Die
Meteorologen trauten ihren Augen nicht. Was die Satelliten meldeten, überstieg
ihr Fassungsvermögen. Jetzt benötigten sie dringend Daten aus den dünn
besiedelten betroffenen Gebieten selbst, doch die waren schwer zu bekommen.
Die wichtigste Information
erreichte sie aus einer Gegend, die Tausende von Meilen weiter südlich lag, wo
Ozeanographen eine neue und erschreckende Theorie überprüften. In einem
verzweifelten Versuch, sich neue Geldquellen zu erschließen, hatte die
Meeresklimabehörde National Oceanic
and Atmospheric Administration (NOAA) Jahre zuvor ein kleines Schiff, die
»Ocean Tester II«, in die gefährlichen Gewässer vor den Grand Banks geschickt.
Mittlerweile hätte dort längst ein Netz von Bojen und Sendern installiert sein
sollen, stattdessen gab es nur eine einzige Boje, die 44011 – und die lag weit
abseits von der idealen Position bei der Georges Bank. Es war aber diejenige,
die den ersten, von allen ignorierten Alarm ausgesandt hatte.
Beim
Aussetzen von Echoloten war die Ocean Tester vor der Südspitze der Grand Banks
von einem Sturm überrascht worden und auseinander
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