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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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fixen Messen. Sie spüren, dass die Autorität der Offiziere nicht durch den Kapitän abgesichert ist.«
    »Diese Seeleute fahren schon lange mit Harfell. Sie haben ihre eingefleischten Regeln und Rituale, wie jede eingespielte Besatzung. Es wundert mich auch, dass die Messen nicht gesetzter sind, aber ich habe mir bislang kaum Gedanken darüber gemacht.«
    »Teilen Sie meine Einschätzung, Thay? Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn die Männer und Frauen nach so langer Zeit noch keine festen Essensgemeinschaften gebildet haben, sondern immer neue Gruppen bilden.«
    »In der Tat. Ich hätte diesen Umstand früher bemerken müssen.«
    »Je eher wir unser Ziel erreichen, desto besser.«
    »Machen Sie sich Sorgen wegen der Mannschaft?«
    »Was? Oh nein, nicht wirklich. Meine Sorge gilt Harfell und seinen Launen. Der Caserdote scheint einen guten Einfluss auf ihn zu haben, aber wer weiß, wie lange er das Temperament des Kapitäns im Zaum halten kann?«
    »Sie fahren schon sehr lange gemeinsam«, erklärte Frewelling. »Sie sind gute Freunde.«
    Dann zögerte der Offizier eine Weile und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Was schlagen Sie vor, was wir wegen der Besatzung tun können?«
    Dass ihn ihre Meinung interessierte, freute Roxane. Sie wog ihre Worte sorgfältig ab. »Wir sollten zuerst beobachten, ob wir wirklich recht haben und wie sich die Situation entwickelt, ehe wir mit einigen der Leute darüber sprechen.«
    Frewelling nickte zustimmend. Als vom Bug her der Ausruf »Land ho!« kam, blickten sie einander lächelnd an.
    »Die Sturmwelt!«, entfuhr es Roxane laut, doch dann legte sie rasch die Finger auf die Lippen, verschränkte die Arme auf dem Rücken und richtete die Augen in die Ferne. »Erstatten Sie dem Kapitän Bericht, oder soll ich den Jungen schicken, Thay?«
    »Ich gehe«, erwiderte Frewelling und salutierte. Flüsternd fügte er hinzu: »Wird besser für Peads Gemüt sein.«
    Diesmal verkniff Roxane sich ein Grinsen und schaute starr geradeaus. Ein Großteil der Seeleute, die gerade keine Wache hatten, liefen zum Bug, viele riefen laut und gestikulierten in die Richtung, in der sie das Ufer vermuteten. Auch Roxane spürte Aufregung in sich aufsteigen. Nach Wochen der Fahrt endlich Land in Sicht – und noch dazu die Sturmwelt. Doch sie wollte sich ihrem Rang entsprechend benehmen und ein gutes Vorbild sein. Also hielt sie sich zurück und achtete nur auf Kurs und Schiff. Hinter sich hörte sie die leisen Schritte Harfells, der sich neben sie stellte.
    »Ich übernehme, Leutnant.«
    »Aye, aye, Thay!«
    »Steuerfrau! Zwei Strich backbord! Bringen Sie uns näher ran.«
    Die Mantikor lief nun fast direkt vor dem Wind, was ihre Geschwindigkeit etwas reduzierte, aber der Kapitän ließ ohnehin bereits Segel reffen.
    »Wenn der Kurs ordentlich gehalten wurde, ist das Horendann«, erklärte Harfell. »Wollen wir mal hoffen, dass man Ihnen auch etwas beigebracht hat.«
    Eisern schwieg Roxane trotz des Affronts. Die Fregatte glitt nun gemütlich dahin, und inzwischen konnte die junge Offizierin mit bloßem Auge einen dunklen Fleck am diesigen Horizont erkennen. Aus dem Blau des Himmels und des Meeres schälte sich langsam eine Insel, sehr klein, mit einem hoch aufragenden Felsen in der Mitte.
    »Es ist Horendann!«, meinte Harfell triumphierend. »Dann werden wir jetzt in die Passage fahren und erreichen Lessan bei gutem Wind in zwei Tagen. Sie sind mit der Ost-Passage vertraut, Leutnant?«
    »Ja, Thay.«
    Es erschien der jungen Offizierin sicherer, ihr rein theoretisches Wissen nicht genauer auszuführen. Der Kapitän hatte wenig Geduld mit Offizieren, denen es an Praxis mangelte, wie er mit seinem Spott immer wieder bewies.
    »Die Besegelung bleibt. Alles andere überlasse ich Ihnen.«
    »Aye, aye, Thay«, erwiderte Roxane, auch wenn sie innerlich über die schwammigen Befehle fluchte. Wer kann schon sagen, inwieweit ich das auslegen darf?
    Ohne zu grüßen, verließ Harfell das Deck und kehrte in seine Kajüte zurück, während sich Roxane ihr Wissen über die Ost-Passage wieder ins Gedächtnis rief.
    Mit wenigen Kommandos brachte sie die Mantikor vom Wind ab, und das Schiff passierte Horendann an Backbord. Schon bald tauchten weitere kleine Eilande im Dunst auf, Vorboten der vielen Inseln, aus denen die Sturmwelt bestand. Bevor die Admiralität die großen Konvois zum Schutz der Handelsschiffe eingeführt hatte, waren diese Inseln beliebte Verstecke für Piraten und Freibeuter gewesen. Sie boten

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