Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
Phantasie halten konnte. Doch je länger sie starrte, desto mehr Konturen gewann der Schemen, desto mehr Substanz erfüllte ihn, bis er zu einer Insel wurde, deren Berge und Felsen fest und real waren.
    »Lessan«, flüsterte Roxane, denn jetzt gab es keinen Zweifel mehr, dass sie ihr Ziel so gut wie erreicht hatten.
    »Endlich«, entgegnete Hugham. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich darauf freue, die Enge dieses Schiffes zu verlassen und frische Luft zu atmen!«
    Eigentlich wollte Roxane ihr widersprechen, denn die Hafenluft wäre gewiss weit weniger frisch als die Luft auf See, doch sie sah Hughams Blick, der zum Kapitän ging, und verstand die Heftigkeit ihrer Gefühle.
    »Ein wenig festes Land unter den Stiefeln wird uns allen guttun. Hoffen wir, dass wir einige Tage vor Anker liegen werden.«
    »Nun, wir brauchen Vorräte, nicht wahr? Frischwasser, frisches Obst und Gemüse. Selbst Pökelfleisch könnten wir gebrauchen. Das bedeutet wohl, dass wir mindestens zwei oder drei Tage Vorräte fassen werden.«
    Stumm nickte Roxane und richtete ihren Blick wieder auf die Insel. Für die östliche Sturmwelt war Lessan groß, mit einer niedrigen Bergkette im Inneren und mehreren geschützten Buchten. Die Berge – in ihrer Heimat hätte man wohl eher Hügel gesagt – waren bis zu ihren Gipfeln bewaldet. Überhaupt wirkte die Insel auf den ersten Blick vor allem grün, so dicht war die Vegetation.
    Die Stadt Lessan lag am Fuße eines dieser Hügel und wuchs langsam die Hänge hinauf. Inzwischen konnte man mit bloßem Auge die vielen kleinen Häuser erkennen, die in allen Farben des Regenbogens gestrichen waren. Auch die beiden Forts, die über dem eigentlichen Hafenbecken thronten, waren deutlich zu erkennen. Weiter oben am Hang waren die Gebäude größer, prachtvoller, mit Säulen vor den Eingängen und aufwendigen Fassaden, aber nicht weniger bunt als die Hütten und Häuschen zu ihren Füßen.
    Im Hafenbecken selbst sah Roxane mindestens ein Dutzend großer Schiffe mit zwei oder drei Masten. Die ersten Kauffahrer würden sich für den Konvoi versammeln, und auch ein Teil der Sturmweltflotte lag stets hier vor Anker. Dazu gab es unzählige kleine Boote, teils mit Segeln, teils ohne, die auf den leuchtend blauen Wellen tanzten. Es waren Fischerboote, Beiboote, kleinere Handelsschiffe und Kanus in allen Größen. Unser Hafen bringt Wohlstand, Handel und Zivilisation, dachte Roxane stolz, während sie das geschäftige Treiben beobachtete.
    Überall tummelten sich Menschen, die sie jetzt als kleine Figuren ausmachen konnte – Straßenhändler, Seeleute, Passanten und Soldaten. Von tiefstem Schwarz bis hin zu den verbrannten Gesichtern rothaariger Thayns war an Hautfarben alles vertreten.
    »Segel an Backbord!«
    Tatsächlich umrundete gerade ein Schiff die kleinen, vorgelagerten Felsformationen. Kaum ungewöhnlich, doch als der Kapitän sein Fernrohr auf das Schiff richtete, stieß er einen Fluch aus. Sofort brüllte er Kommandos, um die Segel zu reffen, und brachte die Mantikor auf einen Kurs, der es ihnen erlauben würde, das unbekannte Schiff abzufangen.
    Unwillig trat Roxane aus dem Schatten und salutierte respektvoll.
    »Thay?«
    »Sehen Sie sich das Schiff an, Leutnant«, befahl Harfell knurrend und reichte ihr das Fernrohr. Auf den ersten Blick entdeckte Roxane nichts Ungebührliches, nur die Mittelpartie des Schiffs war seltsam gearbeitet, als wäre zum Achterdeck hin eine Brüstung eingezogen worden. Am Heck hing schlaff die Flagge ihrer Heimat herab, man konnte die Streifen nur erraten, doch die weißen, grünen und blauen Farben zeigten deutlich, dass es ein Schiff aus Thaynric war. Unsicher, was sie sagen sollte, schwieg die junge Offizierin und suchte weiter nach einem Hinweis für den Ausbruch des Kapitäns.
    »Es ist ein Sklavenschiff«, erläuterte Harfell.
    »Ein Sklavenschiff? Auf dem Weg nach Lessan?«
    Ungläubig musterte Roxane noch einmal das andere Schiff. Seit von Königin und Parlament die Sklaverei in allen Ländern und Gewässern der thaynrischen Krone verboten worden war, machte die Marine Jagd auf die Händler. Erst im letzten Jahr hatte eine Flotte den Hafen Tomé in der Sturmwelt angegriffen, eine Reihe von Schiffen dort versenkt und Stadt und Festung beschossen. Leider war es nicht gelungen, die ehemalige géronaische Kolonie zu erobern, aber der Angriff hatte dem Sklavenhandel in der Sturmwelt einen herben Schlag versetzt.
    »Lassen Sie das Schiff zum Gefecht

Weitere Kostenlose Bücher