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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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unzählige kleine Buchten, waren zerklüftet, teilweise von dichtem Wald bewachsen, und es war kaum möglich, die Seeräuber auszurotten.
    Entgegen den romantischen Verbrämungen der Theaterstücke und Novellen in ganz Corbane waren diese Diebe aber keine furchtlosen Seehelden auf stolzen Schiffen, die ihre Beute nach hartem Kampf eroberten, sondern Banden von Gesetzlosen und Ausgestoßenen, die mit flachen Booten nachts über arglose Handelsschiffe herfielen.
    Roxane konnte sich gut vorstellen, was für eine Gefahr diese Gesellen gewesen sein mochten; sie hatten nichts mehr zu verlieren und waren ebenso ehrlos wie bis an die Zähne bewaffnet. Die Überfallenen konnten froh sein, wenn sie mit dem Leben davonkamen und nicht auf bestialische Art und Weise ermordet wurden. In jedem Fall wurde alles geraubt, was nicht niet- und nagelfest war, und manchmal sogar dieses.
    Auf den Inseln hießen diese Piraten Bukaniere, nach den Boucan-Öfen, in denen sie ihr Fleisch räucherten. Seit den Konvois waren die Händler keine einfache Beute mehr, und viele der Piraten waren weitergezogen, obwohl es angeblich noch Nester von ihnen gab, die auf jene Händler lauerten, denen die Gebühren für die Konvois zu hoch waren und die es lieber auf eigene Faust probieren wollten. Vielleicht wird die Mantikor beauftragt, diese Bukaniere auszuräuchern. Wie passend!
    Während sie die Inseln betrachtete, stellte sich Roxane die halb wilden Männer und Frauen vor, die auf ihnen hausen mochten, und sie merkte, wie die Mischung aus Geschichten und Fakten ihr einen Schauder über den Rücken jagte.
    In der Passage war das Meer unruhiger, als würden die Strömungen und Winde zwischen den Inseln gegeneinander arbeiten. Doch die Fregatte war ein großes Schiff, und das Gewicht des dicken Rumpfes, der Kupferplatten und natürlich der Geschütze tat das Übrige, um die Mantikor ruhig zu halten.
    Über einigen der Inseln schwebten Vögel, hier und da sah Roxane grünen Bewuchs. Angeblich war der Wald hier so dicht, dass man keine fünf Schritt weit sehen konnte, und bewohnt von den ungewöhnlichsten Tierarten. Auch wenn Lessan schon seit Langem kolonialisiert und damit zivilisierter war, konnte es Roxane kaum erwarten, einen Fuß in diese exotische Welt zu setzen. Aber zunächst musste sie die Mantikor sicher durch die für sie unbekannten Gewässer bringen; eine Aufgabe, dir ihre ganze Konzentration erforderte. Bis Frewelling sie zum Glasen von ihrer Wache ablöste, hatte ihr nicht nur die glühende Sonne den Schweiß auf die Stirn getrieben.
     
    Mit einem neidischen Blick zu den Toppsgasten wischte sich Roxane unauffällig über die Stirn, um dann die Arme schnellstens wieder hinter dem Rücken zu verschränken. Die Seeleute trugen wenig mehr als dünne Hosen und Hemden; hier und da sah man noch Halstücher. Ihre Füße waren nackt, die Ärmel hochgekrempelt und die Hemden so weit geöffnet, wie es der Anstand erlaubte. Dahingegen trugen die Offiziere, Maate und Fähnriche ihre komplette Uniform, deren dunkler Stoff die Wärme der Sonne geradezu aufzusaugen schien, und Roxane sehnte sich nach etwas mehr kühlendem Wind.
    In der Ost-Passage flaute der Wind naturgemäß etwas ab, da die Inseln ihn abhielten, sodass der Kapitän volle Besegelung inklusive der Beisegel setzen ließ. Die Fregatte würde einen prachtvollen Anblick bieten, wenn sie so in den Hafen von Lessan einlief.
    Zu Roxanes Erleichterung warf das Besansegel inzwischen wieder ein wenig Schatten auf das Achterdeck, und sie ging langsam dort hinüber und genoss die relative Kühle. An Steuerbord zog eine kleine Insel vorbei, deren prägnante Form ihr den Namen Adlerkopf eingetragen hatte und die als einer der Vorposten von Lessan galt.
    »Nicht mehr weit«, sprach Leutnant Hugham ihre Gedanken aus. Die Offizierin gesellte sich zu Roxane und tippte an ihren Zweispitz.
    »Nein, Thay«, erwiderte Roxane und hörte die Vorfreude in ihrer eigenen Stimme. Die Ankunft in Lessan würde den Druck der letzten Wochen von ihr nehmen, würde der Besatzung frisches Essen – und damit bessere Stimmung – bescheren, würde ihnen allen eine Aufgabe und ein Ziel bringen. Unter Umständen würde sogar der Kapitän angesichts der Sturmwelt sein Gleichgewicht wiederfinden, das er seit Beginn ihrer Reise so schmerzlich vermissen ließ.
    »Dort!«, rief Hugham verhalten und wies nach vorn. Tatsächlich sah Roxane nun auch einen fast transparenten Schemen, den man beinahe für ein Produkt der eigenen

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